ST - New Frontier 5: Ort der Stille
wandte sich an die Menge, die immer noch rachsüchtig und blutdürstig tobte, und rief: »Der Verurteilte möchte Wiedergutmachung leisten und uns sagen, wo sich unsere heiligen Artefakte befinden!« Diese Ankündigung zog einen eher mäßigen Jubel nach sich. Die Menge hatte sich so sehr in Stimmung gebracht, dass sie ganz und gar nicht von der Möglichkeit einer Begnadigung angetan war. Sie wollte keine Reue, sondern Blut. Foutz wandte sich wieder Xyon zu und fragte: »Wo sind sie?«
»Nicht mehr auf diesem Planeten«, teilte Xyon ihm fröhlich mit. Seine Nase juckte, und er hätte sonst was gegeben, wenn er sich hätte kratzen können. »Inzwischen wurden sie von ysontianischen Agenten aus dem Versteck geborgen, in dem ich sie untergebracht hatte, bevor ich so dumm war, euch in die Hände zu fallen. Ich habe eure Fähigkeiten erheblich unterschätzt, wie ich ehrlich zugeben muss. Ich schätze, ich bin nachlässig geworden, weil ich davon ausging, dass solche Schwachköpfe wie ihr es niemals mit mir aufnehmen könnten. Mein Fehler. Wird nicht wieder vorkommen.«
»Nein«, bestätigte Foutz trocken. »Ich möchte wetten, dass das nicht wieder vorkommt.« Dann wandte er sich erneut an die Menge und rief: »Er zeigt keine Reue, meine Freunde! Jetzt erwarten ihn nur noch Tod und Verstümmelung!«
Im tosenden Jubel, den diese Ankündigung hervorrief, erkundigte sich Xyon leise: »In dieser Reihenfolge? Ich sage das nur, weil mich Letzteres dann nicht mehr sonderlich tangieren dürfte.«
Foutz hob eins der scharfen Instrumente auf, eine kleine gekrümmte Klinge. »Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich dir als Erstes die Zunge herausschneiden soll. Die Versuchung ist groß, weil ich dir dann nicht mehr zuhören müsste. Andererseits könnte dadurch deine Fähigkeit beeinträchtigt werden, während der Exekution um Gnade zu winseln. Was denkst du?«
»Ich glaube nicht, dass es dich wirklich interessiert, was ich denke.«
»Aber natürlich! Es interessiert mich sehr.«
»Na gut. Ich denke, dass du mich jetzt freilassen solltest, weil es möglicherweise deine allerletzte Chance ist.«
»Das wird auf keinen Fall geschehen«, erwiderte Foutz kühl.
»Ich hab doch gesagt, dass es dich nicht interessiert.«
Damit schien sich Foutz zu einer Entscheidung durchgerungen zu haben. Er winkte den Wachen, die ihm halfen, Xyons Mund zu öffnen. Noch lauterer Jubel als zuvor brandete durch die Menge, da nun endlich die Folter begann, die von allen so sehnsüchtig erwartet wurde.
Xyon wehrte sich nicht, weil er ihnen diesen Triumph nicht gönnen wollte. In der Nähe stand ein kleines Kohlenbecken, dessen Hitzestrahlung deutlich zu spüren war. Foutz steckte die Klinge in die Glut und wartete geduldig, bis sie eine ausreichende Temperatur angenommen hatte. Die Menge skandierte Foutz’ Namen. Offenbar war er in dieser Gegend recht populär. Schließlich zog er die rotglühende Klinge aus dem Kohlenbecken. Langsam kam er damit auf Xyon zu; er schien jeden dramatischen Moment auskosten zu wollen. In diesem Augenblick gelangte Xyon zu einer wenig erbaulichen Erkenntnis – die Umstände seines künftigen Dahinscheidens waren ihm zwar bekannt, aber es gab keinen Hinweis, ob er vielleicht schon vorher seine Zunge verlieren würde. Es war durchaus möglich, dass er bereits zu diesem Zeitpunkt in eine gefährliche Situation geriet. Es fiel ihm immer schwerer, angesichts der heißen Klinge, die seinem aufgesperrten Mund näher kam, seine beeindruckende Gelassenheit zu wahren.
Foutz bemerkte das Flackern der Unsicherheit in Xyons Augen, was ihm beträchtliche Freude zu bereiten schien. Er hielt ihm das glühende Messer genau vors Gesicht und starrte Xyon über die Klinge hinweg an. »Möchtest du jetzt vielleicht deine letzten Worte sprechen?«
»Ja, aber ich bezweifle, dass du sie verstehen würdest.«
Foutz hob das Messer, und Xyon machte sich auf die furchtbaren Schmerzen gefasst, die ihm bevorstanden.
III
In diesem Moment setzten die Explosionen ein.
Das Toben der Menge war so laut, dass anfangs niemand den Waffenlärm hörte. Doch spätestens mit der zweiten Welle von Explosionen, die einige Gebäude in der Nähe zum Einstürzen brachte, war die Aufmerksamkeit aller Anwesenden geweckt.
Foutz’ Kopf fuhr herum, und in seiner Verwirrung stammelte er etwas Unverständliches. Die Leute fuchtelten herum, schrien und flüchteten, und Xyon spürte, wie der Druck auf seine Kiefer nachließ, als die Wachen zurückwichen und nach
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