ST - New Frontier 5: Ort der Stille
Riesenpranke fest. »Es gab eine Explosion … eine Bombe. Der Mauerrest, hinter dem ich in Deckung ging, hat mich vor der größten Wucht der Detonation geschützt.« Er blickte zu der Stelle hinüber, wo die Mauer gewesen war, und stellte fest, dass davon nichts mehr übrig war.
»Wir legen eine Gedenkminute ein«, sagte Kebron feierlich, »für die bedauernswerten Trümmer, die ihr Leben für Sie gegeben haben.«
»Verdammt noch mal, Kebron!«, fauchte Si Cwan den Brikar an. »Sie wissen doch, wer Zoran ist und was er getan hat. Können Sie nicht mal mit Ihrem Sarkasmus aufhören?«
Kebron schwieg einen längeren Augenblick. Si Cwan hatte keine Ahnung, was dem Brikar durch den Kopf gehen mochte. Dann sagte er sehr leise: »Vielleicht hat die Bombe ihn getötet.«
»Nein«, entgegnete Cwan entschieden. »Wenn ich überlebt habe, hat er auch überlebt. Wir müssen …«
»Hier drüben!« rief Soleta. Es widersprach natürlich ihrer Disziplin, irgendwelche Emotionen zu zeigen, aber Si Cwan hörte deutlich die Beunruhigung in ihrer Stimme. »Hier ist ein Überlebender!«
Unverzüglich liefen Cwan und Kebron zu ihr. Unterwegs hoffte und betete Cwan, dass es Zoran war. Möglicherweise lag er im Sterben. Diese Vorstellung löste in Cwan sehr gemischte Gefühle aus, denn das Dahinscheiden Zorans würde ein glorreicher Moment werden – insbesondere wenn es in Cwans Beisein geschah. Andererseits starb Zoran vielleicht, ohne Si Cwan zu verraten, was er am verzweifeltsten zu wissen begehrte. Zoran war durchaus zu so etwas imstande. Er würde bestimmte Informationen mit ins Grab nehmen, nur um ein letztes Mal über Cwan zu triumphieren. Die Vorstellung, dass Cwan Zoran anflehte, an das nicht vorhandene Gute in ihm oder an ihre ehemalige Freundschaft appellierte … war ihm zuwider.
Es war in der Tat ein verrücktes Universum, wenn man gar nicht wusste, ob man einem Feind das Leben oder den Tod wünschen sollte, wenn einem keine dieser beiden Möglichkeiten Genugtuung verschaffte.
Doch als sie in Soletas Nähe kamen, wurde Si Cwan sehr schnell klar, dass diese Überlegungen gegenstandslos waren. Denn es war nicht Zoran, der in den Trümmern lag, wie er gehofft hatte. Es war vielmehr eine Frau, eine Montosianerin. Sie blickte starr in den Himmel, und Si Cwan wusste, dass sie nicht mehr lange zu leben hatte. Ihre Augen trübten sich bereits. Er war sich nicht einmal sicher, ob sie Soleta sah, die sich über sie beugte.
»Wer hat Ihnen das angetan?«, fragte Soleta sie. Zuerst verstand Si Cwan gar nicht, was diese Frage sollte. Es war doch offensichtlich, dass die Frau infolge der Explosion der Bombe, die die Hunde des Krieges zurückgelassen hatten, von Trümmern verschüttet worden war. Doch als er noch etwas näher kam, verstand er, was Soleta meinte.
Die Frau litt nicht nur unter den Folgen der Bombenexplosion, die bereits schlimm genug waren. Ihr ganzer Körper war systematisch verstümmelt worden. Die für Montosianer charakteristischen Fühler auf der Stirn waren abgeschnitten worden, und überall war getrocknetes Blut. Diese Frau hatte keinen Unfall erlitten. Sie war gezielt gefoltert worden.
»Wer …«, wiederholte Soleta langsam, »hat Ihnen das angetan?«
»Hunde …«, brachte die Frau mühsam hervor. Während sie sprach, lief ihr Blut aus den Mundwinkeln.
»Offenbar wollte man ihr bestimmte Informationen entlocken«, sagte Kebron.
Si Cwan nickte. »Wie es aussieht, geschah dieser kleine Überfall doch nicht so wahllos, wie es zunächst den Anschein hatte. Aber … warum sie?«
Kebron zuckte mit den Schultern – beziehungsweise versuchte er es.
»Warum? Warum hat man Ihnen das angetan?«, fragte Soleta. »Was wollten sie wissen?«
»Riella …«
Dieser Name sagte Si Cwan nichts, und er sah, dass auch die anderen nichts damit anfangen konnten. Er wusste nur, dass die Zeit allmählich knapp wurde. Die Frau wurde immer schwächer. »Vielleicht können Sie eine Gedankenverschmelzung mit ihr eingehen«, schlug er vor. »Sie könnten …«
»Nein«, erwiderte Soleta schnell und entschieden.
»Soleta«, sagte Kebron, »auch wenn ich ungern einer Meinung mit Si Cwan bin … wäre es erheblich effizienter, wenn Sie …«
»Ich sagte
nein
.« Ihr Tonfall ließ keinen Zweifel, dass sie nicht bereit war, weiter über diesen Punkt zu diskutieren. Stattdessen wandte sie sich wieder der Frau zu und sagte: »Wer ist Riella? Warum haben die Hunde Ihnen das angetan? Bitte …«
»Retten Sie … Riella
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