ST - New Frontier 5: Ort der Stille
sich vorstellen können, und mein Kopf tut so furchtbar …«
Sie legte eine Hand an die Stirn … und spürte, dass etwas fehlte. Schockiert riss sie die Augen auf. »Meine … meine Fühler! Wo sind … was … was ist mit …?«
Bestürzt hielt er sie hoch. »Ich glaube, Sie suchen das hier.«
Im nächsten Moment war ihr versöhnlicher Tonfall verschwunden, und sie reagierte wieder mit Panik und Feindseligkeit. »Was haben Sie gemacht? Was haben Sie gemacht?!«
»Nichts! Ich habe gar nichts gemacht! Sie sind … einfach abgefallen.«
»Einfach abgefallen! Fühler fallen nicht einfach ab!« Sie riss sie ihm aus der Hand und starrte sie mit zunehmendem Entsetzen an. »Sie haben sie abgeschnitten! Warum haben Sie so etwas Perverses getan?«
»Aber nein! Ich habe doch gar nichts getan!«
»Doch, haben Sie!«
»Nein, ich habe …« Er gestikulierte wild mit den Händen. »Hören Sie … es spielt im Grunde überhaupt keine Rolle, ob Sie mir glauben oder nicht. Ich weiß, was ich getan und nicht getan habe. Ihre Ansichten sind völlig irrelevant. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich es nicht getan habe, dass ich Ihnen niemals wehtun würde, und offen gesagt, sollten Sie beten, dass ich die Wahrheit sage. Denn wenn ich Ihnen wehtun wollte, könnten Sie nicht das Geringste dagegen tun.« Er seufzte schwer und streckte ihr eine Hand entgegen. »Hören Sie …«
Aber sie kroch bis in den hintersten Winkel des Bettes, presste sich gegen die Wand und ließ ihn nicht einen Moment lang aus den Augen. Xyon wurde auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Er hatte Verständnis, dass sie angesichts der jüngsten Ereignisse verwirrt und ängstlich war. Doch gleichzeitig verspürte er das starke Bedürfnis, sie zu schlagen – diesmal jedoch nicht als Mittel gegen einen hysterischen Anfall, sondern weil sie ihm allmählich auf die Nerven ging.
»Ich will hier raus«, sagte sie gepresst.
»Gut. Bitte. Ganz wie Sie möchten. Da ist die Tür.« Er zeigte darauf und machte keine Anstalten, ihr den Weg zu versperren.
Sie blickte misstrauisch auf die Tür, als würde sie mit einem Trick rechnen. Aber er saß völlig gelassen und reglos wie eine Statue da. Im nächsten Moment war sie aufgesprungen und flüchtete durch die Tür.
Xyon rührte sich nicht. Er blieb, wo er war, und horchte auf das Geräusch ihrer Schritte, als sie durch den kleinen Korridor lief, der in den Bugbereich des Schiffs führte. Nach kurzer Zeit verstummten die Schritte, ganz wie er erwartet hatte. Weiter würde sie nicht kommen, da das Schiff nicht größer war. Eine ganze Weile verging, ohne dass etwas zu hören war. Schließlich verließ er das Schlafzimmer und machte sich in gemächlichem Tempo auf den Weg in den vorderen Teil des Schiffs.
Das Mädchen stand nur da und starrte aus dem Sichtfenster. Ihr Mund stand offen, und sie war so weggetreten, dass sie gar nichts bemerkte, als er mit einem Finger ihr Kinn berührte und ihren Mund schloss. Ihr Blick hing gebannt an den Sternen, die überall waren.
»Verstehen Sie jetzt, warum Sie nicht einfach gehen können?«, fragte er.
Sie nickte. Dann beugte sie sich vor, als könnte sie den Sternen dadurch ein Stück näher kommen. »Sie … sie funkeln ja gar nicht.«
»Natürlich nicht. Das Funkeln entsteht durch Turbulenzen innerhalb einer Planetenatmosphäre. Wenn man sich im Weltraum befindet, leuchten die Sterne völlig gleichmäßig.«
»Im Weltraum.« In ihrer Wiederholung dieser Worte lag so viel Fassungslosigkeit, dass sich Xyon ins Gedächtnis rufen musste, wie wunderbar dieses Erlebnis für sie war. Für Xyon war der Weltraum lediglich etwas, in dem er überleben musste. Ein luftleeres, eiskaltes und gnadenloses Vakuum, das sein allgegenwärtiger Widersacher war. Nur ein kleiner Fehler, eine winzige Nachlässigkeit, und es wäre aus mit ihm. Dann wären er und sein Schiff nicht mehr als ein weiteres Stück Treibgut im All. Er hatte den Weltraum schon seit langer Zeit nicht mehr mit einem Gefühl von Ehrfurcht betrachtet. Doch als er ihn nun durch ihre Augen sah, erinnerte er sich vage an das erste Mal, dass er ins Weltall aufgebrochen war. Damals war er nicht viel älter als sie gewesen. Damals war alles ein großes Abenteuer gewesen. In vielerlei Hinsicht war es das immer noch. Aber heutzutage galt seine Hauptsorge allzu häufig dem nackten Überleben.
»Ich bin im Weltraum«, sagte sie kopfschüttelnd. »Sie … Sie haben keine Ahnung … viele Jahre lang … so viele Jahre lang habe ich mich
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