ST - New Frontier 5: Ort der Stille
Kurz bevor das Schiff unsichtbar wurde, gerieten sie unter heftigen Beschuss der Erlöser. Sie wurden so schwer getroffen, dass es Xyon von den Beinen riss. Er rutschte quer durch die Kabine und hatte das Pech, mit seiner bereits verletzten Schulter gegen eine Wand zu prallen. Er stieß einen lauten Schmerzensschrei aus.
»Du scheinst eine Verletzung an …«
»Ja, verdammt, das weiß ich selbst!«, rief Xyon. »Sind wir getarnt?«
»Ja, aber sie decken die ganze Umgebung mit Sperrfeuer ein. Offenbar wissen sie ungefähr, wo wir uns befinden.«
»Dann lass uns abhauen! Und zwar sof…«
Bevor er weitersprechen konnte, erhielt das Schiff einen weiteren Treffer. Dann hörte er etwas, das ihm einen wirklichen Schrecken einjagte: Lyla schrie. Es war eher ein Warnschrei als der Ausdruck panischer Angst. Dennoch war es eine äußerst beunruhigende Reaktion, die er niemals von der Persönlichkeit dieses Schiffes erwartet hätte.
Durch eine seitliche Sichtluke sah er, wie das Erlöserschiff immer kleiner wurde. In der Nähe befanden sich auch ein paar vereinzelte Schiffe der Hunde. Die Erlöser kämpften an mehreren Fronten, was für Xyon der einzige positive Aspekt seiner derzeitigen Lage war. Die Erlöser feuerten auf alles, was sich bewegte, statt sich auf ein bestimmtes Ziel zu konzentrieren. Xyon sah, wie ein Schiff der Hunde explodierte und kurz darauf ein zweites. Die übrigen entfernten sich zusehends. Damit befand sich Xyon in einer merkwürdigen Situation. Einerseits wünschte er sich, dass Riella noch lebte und sich nicht in einem der zerstörten Schiffe aufgehalten hatte. Andererseits war es auch keine angenehme Vorstellung, das arme Mädchen in den Pfoten der Hunde des Krieges zu wissen. Wenn sie ihnen sagte, was sie wusste, war es durchaus möglich, dass sie die junge Frau einfach aus Spaß an der Freude zerfleischten.
Nein. Das würden sie auf keinen Fall tun. Mit einem Mal war er fest davon überzeugt. So etwas wäre taktisch äußerst unklug. Schließlich gab es keine Gewissheit, dass sie die Wahrheit sagte, bevor sie das Ziel mit eigenen Augen gesehen hatten. Riella war zumindest so lange außer Gefahr, bis die Hunde den sagenhaften Ort der Stille erreicht hatten.
Das Erlöserschiff hatte sich inzwischen weit entfernt, möglicherweise um ein Schiff der Hunde zu verfolgen, sodass sich Xyon wenig später ganz allein im Weltraum wiederfand. »Lyla!«, rief er. »Was war los? Ich habe dich schreien gehört.«
»Red keinen Unsinn, Xyon«
, antwortete Lyla mit einer Spur von Entrüstung.
»Ich bin nicht mehr imstande, Sorge um mein persönliches Wohlergehen zu empfinden. Ein Schrei wäre ein Zeichen für Besorgnis oder gar Angst, und derartige Aspekte sind nicht in …«
»Gut. Dann habe ich es mir nur eingebildet. Setze Kurs auf Stern 7734. Bring uns weg von hier.«
»Ich bin leider nicht in der Lage, deinen Befehl auszuführen, Xyon«
, sagte Lyla.
»Nicht in der Lage? Wieso?«
»Aufgrund schwerer Schäden an primären Systemen, darunter der Warpantrieb, die Navigation und die Lebenserhaltung.«
Vor allem der letzte Punkt ließ Xyon aufhorchen. »Die Lebenserhaltung?«
»Richtig.«
»Wie schwer sind die Schäden?«
»Die geschätzte Reparaturzeit beträgt siebenundzwanzig Stunden – nachdem wir verschiedene Ersatzteile besorgt haben.«
»Ersatzteile …«, wiederholte er fassungslos. »Wo könnten wir diese Ersatzteile bekommen?«
»Der nächste vertrauenswürdige Händler befindet sich im Apel-System, neunzehn Flugstunden entfernt …«
»Und in der entgegengesetzten Richtung zum Stern 7734, wie ich vermute.«
»Dieser Punkt spielt im Augenblick eine völlig untergeordnete Rolle, Xyon, da unsere Triebwerke ebenfalls nicht funktionsfähig sind. Ich arbeite daran, verschiedene Funktionen von Ersatzsystemen übernehmen zu lassen. Zumindest der Impulsantrieb wird uns in zwei Stunden und siebenundzwanzig Minuten wieder zur Verfügung stehen – reine Reparaturzeit, versteht sich.«
»Das heißt, wir sind im Weltraum gestrandet.«
»Richtig. Allerdings wird dieser Zustand nur vorübergehend sein.«
»Aha. Und wie lange habe ich noch zu leben, wenn die Schäden an der Lebenserhaltung nicht behoben werden können?«
»Neun Stunden und elf Minuten.«
Er rieb sich den Nasenrücken. »Großartig. Lyla, ist dir schon einmal der Gedanke gekommen, dass der Tod ein Zustand ist, der keineswegs vorübergehender Natur ist?«
»Dieser Tatsache bin ich mir sehr wohl bewusst«
, räumte Lyla zögernd
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