ST - New Frontier 5: Ort der Stille
ein.
»Um ehrlich zu sein, hatte ich gehofft, dass du diesen Aspekt des Problems nicht bemerken würdest.«
»Es fällt mir sehr schwer, vor diesem Aspekt die Augen zu verschließen, Lyla.« Er dachte einen Moment lang nach. »Wie steht es mit einem Notruf? Könnten wir einen senden?«
»Ja.«
»Dann tu es. Und schalt die Tarnung aus. Es nützt uns nicht viel, wenn jemand kommt, um uns zu retten, uns aber gar nicht findet.«
»Xyon, hast du an die Möglichkeit gedacht, dass die Erlöser oder die Hunde des Krieges unser Notsignal empfangen und die Gelegenheit nutzen, uns endgültig zu vernichten?«
»Ja, daran habe ich gedacht, Lyla.«
»Und hast du dir für diesen Fall einen Plan zurechtgelegt?«
»Ja. Für diesen Fall habe ich meinen Tod eingeplant.«
Lyla schien einen Moment darüber nachdenken zu müssen.
»Ich kann nicht behaupten, dass dieser Plan zu deinen genialeren Ideen gehört, Xyon.«
»Damit hast du völlig recht, Lyla. Allerdings hoffe ich, dass mir noch ein besserer Plan einfällt, falls es so weit kommt.«
Danach verfiel Xyon für längere Zeit in Schweigen. Zuerst durchstöberte er das Schiff, verzichtete jedoch wohlweislich darauf, bei der Reparatur der Systeme behilflich sein zu wollen. Er hoffte, dass die Nano-Technik, die Lyla zur Verfügung stand, durchaus in der Lage war, die nötigen Arbeiten zu erledigen. Stattdessen kreisten seine Gedanken unablässig um die verschwundene Riella.
»Vermisst du sie sehr?«
Xyon fragte sich, ob Lyla plötzlich Gedanken lesen konnte. »Wen?«, fragte er nichtsdestotrotz.
»Riella. Wen sonst?«
»Nein, Lyla. Aber sie hat mich mit einem ungelösten Problem konfrontiert. Ich habe mich ihrer angenommen und fühle mich verpflichtet, ihr zu helfen und die Sache zu einem glücklichen Abschluss zu bringen.«
»Willst du das wirklich?«
»Ja.«
»Warum?«
Er seufzte. »Lyla, es ist schon sehr lange her, dass du einen normalen Körper hattest. Aber wenn du versuchst, dich zurückzuerinnern, fällt dir vielleicht wieder ein, dass man manchmal Dinge tut, die weder logisch noch vernünftig oder notwendig sind. Man tut sie nur, weil man das Gefühl hat, man müsste sie tun. Mein Bedürfnis, Riella zu helfen, ist so ein Fall.«
»Damit scheinst du recht zu haben«
, erwiderte Lyla nach kurzer Überlegung.
»Es freut mich, dass du Verständnis für …«
»Es ist weder logisch noch vernünftig oder notwendig.«
Wieder seufzte er. »Damit scheinst du recht zu haben.«
»Riella hat sehr negativ reagiert, als sie erfuhr, dass du ein Dieb bist. Warum sollte sie so empfinden?«
»Weil sie ein nettes und ordentliches Leben geführt und immer ohne Schwierigkeiten bekommen hat, was sie brauchte. Sie musste bisher nie um etwas kämpfen. Sie hat keine Ahnung, wie schwierig oder grausam das Universum sein kann. Deshalb ist es einfach für sie, auf ihrem hohen Ross zu sitzen und mit Verachtung auf all jene herabzublicken, die ständig ums Überleben kämpfen mussten.«
»Ich verstehe.«
»Es muss schön sein, auf einem solchen hohen Ross sitzen zu können.«
»Vielleicht lege ich mir im Alter auch eins zu.«
XI
Rier betrat den Bereich der Arrestzellen, in dem Riella gefangen gehalten wurde. Atik und Krul begleiteten ihn. Doch am Eingang blieb er abrupt stehen und starrte verständnislos auf die Szene, die sich ihm bot.
Die junge Frau lag auf dem Boden, obwohl ihr in der Zelle ein Stuhl und sogar eine Couch zur Verfügung standen. Sie hatte die Augen geschlossen und zitterte am ganzen Körper. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt und so sehr verkrampft, dass die Fingernägel in ihre Handflächen schnitten, bis sie bluteten. Sie flüsterte etwas, aber die Worte waren unverständlich. Ab und zu murmelte sie etwas, das Rier geradeso verstehen konnte, der Rest verlor sich im Raum.
»Ich werde sie wecken«, sagte Krul und trat einen Schritt näher.
Doch Rier legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Nein. Es soll seinen natürlichen Lauf nehmen, was immer es sein mag.«
Also beobachteten die Hunde einige Minuten lang, wie sich das Mädchen auf dem Boden wand. Sie hatten nicht die geringste Ahnung, was mit ihr vor sich ging. Plötzlich setzte sie sich auf. Zuerst schienen ihre Augen ins Leere zu starren. Als wäre ihr Blick nach innen gerichtet. Und was sie dort sah, war möglicherweise etwas zutiefst Erschreckendes. Dann blickte sie zu Rier auf und schien sich ihrer Umgebung bewusst zu werden.
»Weißt du, wo du bist?« Es gelang Rier tatsächlich, besorgt zu
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