ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
davon. Dann flackerten orangefarbene Flammen durch die Nacht und warfen unruhige Schatten auf Steinwände. Ein nicht zu erkennendes Gesicht erschien: exotisch, dunkel, hohe Wangenknochen und zierliche spitze Ohren. Lärm folgte, sprudelndes Geheule, das in seinem Kopf ohrenbetäubend klang und draußen an den Höhlenwänden widerhallte
.
Höhlenwände? Ein Gesicht? Flammen?
Dann war dies keine Erinnerung, keine
bloße
Erinnerung, sondern auch Wissen, Interpretation, die auf simple Wahrnehmung angewandt wurde. Ereignisse allein durch Bewusstsein aufnehmen und später in etwas Bedeutsames umwandeln. Das Wissen von heute füllte die Umrisse der uninformierten Erinnerung von gestern
.
So kalt. Selbst die Feuer in dem beengten Bereich der Höhle kamen nicht gegen die Hitze der amniotischen Flüssigkeit an. Kaltes Fleisch wurde von kalten Händen getragen, die es hoch und immer höher hoben. Höhe rief die instinktive Angst vor dem Fallen hervor, als er durch die abgestandene Luft getragen wurde. Das Verständnis der Schwerkraft würde später kommen, doch die Furcht vor der Schwerkraft kam jetzt, mit oder ohne Wissen und Entschlüsselung
.
Laute, die nicht von ihm stammten, erklangen:
Buh-buh, buh, buh.
Unsinn, bloße Geräusche, erfasst und in Erinnerung gerufen, ohne sie zu verstehen. Doch nun, im Rückblick: »Sarek, dein Sohn.«
Spock! Amanda und Sarek geboren, jetzt, in diesem unvergessenen Moment. Die Freude der Elternschaft, die Logik der Fortpflanzung. Außer:
Buh buh-buh.
Sarek in den ersten Momenten nach der Geburt seines Sohnes: »So menschlich.«
In den Tiefen, in die McCoy gefallen war, brach sein Herz
.
Und es brach erneut, als er selbst auf die Welt kam. Daran konnte er sich unmöglich erinnern … oder? War dieses Erlebnis in einen unzugänglichen Teil seiner Erinnerungen eingepflanzt und nun irgendwie freigelassen worden? Oder blickte er zurück und schuf sich ein Bild dessen, was er über die Jahre zusammengepuzzelt, gelernt und sich vorgestellt hatte?
Zuerst erkannte er seine Mutter nicht, da ihr Gesicht vom Schmerz verzerrt war. Er sah sie nur stückweise, wann immer er hochgehoben wurde, behielt das Bild jedoch im Kopf. Später würde er Holoaufnahmen von ihr sehen – nein, er
hatte
sie gesehen – und nun rief er sich diese Bilder ins Gedächtnis, um das verzerrte Antlitz durch ein friedliches zu ersetzen. Er sah ihr weiches, rundes Gesicht, ihren rosigen Teint unter dem dunklen kupferfarbenen Haar, und in diesen festgehaltenen Momenten lächelte sie immer
.
Doch in diesem Moment tat sie es nicht. Schweiß bedeckte ihr Gesicht und ließ ihr Haar feucht und schlaff herabhängen. Ein nicht sehr menschlich klingender Laut kam zwischen ihren Zähnen hervor, die sie in einer schmerzerfüllten Grimasse zusammengebissen hatte. Ihre Hände verkrampften sich verzweifelt und krallten sich in die roten Laken. Sie kämpfte darum, die Geburt hinter sich zu bringen, kämpfte gegen das, was schiefgelaufen war, kämpfte gegen sich selbst. Ihr rotes Nachthemd
…
Rot? Rotes Nachthemd, rote Laken? Überall rot. Auf ihr, auf ihm, auf dem Bett, auf dem Boden. Die Farbe war nicht absichtlich gewählt worden, es war
…
Blut.
Und unter ihren Schreien vernahm er ein Rasseln tief in seinem Inneren. Er konnte nicht atmen, obwohl er es versuchte. Seine Lungen schmerzten, und seine Augen weiteten sich vor Panik. Mekoniumaspiration, vermutete er nun, und beurteilte die Situation mit einem Wissen, dass er erst viele Jahre später erlangen würde. Doch die Diagnose spielte keine Rolle, hatte keine Rolle gespielt. Er würde überleben – hatte überlebt –, aber seine Mutter
…
Seine Mutter hatte es nicht geschafft
.
Was war es gewesen? Disseminierte intravaskuläre Koagulopathie, die zu einer unzureichenden Durchblutung der lebenswichtigen Organe geführt hatte? Hatte sie an einer unentdeckten Infektion gelitten, oder hatte sich ihre Gebärmutter nicht richtig zusammengezogen? War er plötzlich und unerwartet zur Welt gekommen?
Sein Vater hatte es ihm nie erzählt und nie über diesen Tag gesprochen, obwohl er immer zwischen ihnen gestanden hatte. Die Holoaufnahmen, die McCoy irgendwann gesehen hatte, waren von seinem Vater versteckt gehalten worden. McCoy war sich nicht einmal sicher gewesen, dass sie existierten, bis er als Jugendlicher danach suchte und schließlich die Porträts einer Mutter fand, die er nie gekannt hatte. Er erinnerte sich nicht daran, seine Mutter am Tag seiner Geburt gesehen zu haben
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