ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
Waffenstillstände an den Fronten in Frankreich, Spanien und Portugal waren für heute um Mitternacht vereinbart worden und hatten in den Zeitzonen, wo der Freitag bereits in den Samstag übergegangen war, schon angefangen. Gleichzeitig zog sich die japanische Flotte, die gestern noch bedrohlich nah an die Küsten von Chile und Peru herangekommen war, aufs offene Meer zurück.
Nachdem der fünfzehnminütige Bericht geendet hatte, kehrte Lynn mit Leonard in die Küche zurück, um den Abwasch zu machen. Er spülte, und sie trocknete ab. Dann gingen sie wieder ins Wohnzimmer, machten es sich bequem und schauten
Die Abenteuer von Ozzie & Harriet
. Die Sendung lief gerade ein paar Minuten, als es an der Tür klopfte. Leonard stand schnell auf und ging in den Flur. Lynn folgte ihm. Sie war sowohl neugierig als auch besorgt.
Sie wartete im Nebenzimmer und hörte, wie Leonard die Tür öffnete. Gleich darauf vernahm sie Pru Glastons panische Stimme. Leonard bat sie herein und versuchte, sie zu beruhigen. Dann steckte er den Kopf ins Nebenzimmer und sagte: »Lynn, Pru Glaston ist hier. Ich gehe mit ihr in die Praxis, damit wir ungestört sind.«
»Ist schon gut, Doktor«, sagte Pru und erschien neben Leonard. »Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass Audie gerade seine Medizin umgeworfen hat. Es war die letzte Flasche, und sie ist auf dem Fußboden zerbrochen.« Lynn wusste, dass bei Audie vor einigen Jahren Epilepsie festgestellt worden war. Leonard hatte ihm ein Medikament verschrieben, das die Anfälle weitestgehend unter Kontrolle hielt, doch manchmal erlitt er dennoch einen. Lynn und ein Großteil der Stadtbewohner waren letztes Jahr in der Kirche Zeugen eines solchen Zwischenfalls geworden. Das Erlebnis hatte sie sehr mitgenommen. »Sie sagten, Audie solle die Medizin regelmäßig nehmen, und nun haben wir keine mehr«, fuhr Pru fort. Ihre Stimme wurde wieder aufgeregt, und sie wirkte sehr besorgt.
»Alles kommt wieder in Ordnung«, versprach Leonard ruhig. Er legte eine Hand an Prus Ellbogen und führte sie ins Nebenzimmer zu einem Stuhl. »Ich habe etwas davon hier, deswegen ist das kein Problem.«
»Oh«, entfuhr es Pru. Sie griff nach Leonards Hand und umfasste sie mit ihren. »Oh, ich danke Ihnen, Doktor.«
»Gern geschehen«, erwiderte er. »Ich hole Ihnen schnell das Phenytoin.« Leonard sah zu Lynn und neigte seinen Kopf leicht in Prus Richtung. Lynn hatte so viel Zeit mit Leonard verbracht, dass sie sofort verstand, was er ihr mit dieser Geste mitteilen wollte: Bleib bei Pru und sorg dafür, dass sie sich nicht aufregt. Lynn nickte knapp und trat weiter in den Raum hinein. Leonard zog sanft seine Hand aus Prus Griff und ging in Richtung der Praxisräume. »Ich bin sofort wieder da«, sagte er.
Pru blickte zu Lynn hoch. »Es tut mir leid, dass ich Sie zu dieser späten Stunde gestört habe«, sagte sie.
»Das ist schon in Ordnung«, versicherte Lynn. »Sie hatten ja einen guten Grund dafür. Wir haben ohnehin nur
Ozzie und Harriet
geschaut.« Obwohl ihre Beziehung mit Leonard nach wie vor rein freundschaftlich war – trotz ihrer Bemühungen, mehr daraus zu machen –, wusste Lynn, dass einige Stadtbewohner glaubten, sie hätten eine romantische Affäre. Zuerst hatte sie das gestört, und sie hatte jedes Mal protestiert, wenn jemand etwas Ungehöriges von sich gab. Jedoch hatte sie irgendwann gelernt, zu akzeptieren, dass die Leute stets das glauben würden, was sie glauben wollten, egal was sie sagte oder was der Wahrheit entsprach.
Leonard kam einen Augenblick später zurück und hielt eine kleine braune Flasche in der Hand. Er reichte sie Pru, die sofort erleichtert wirkte. »Damit sollte Audie ein paar Tage auskommen«, sagte er. »Leider ist die letzte Lieferung noch nicht angekommen.«
»Oh nein«, keuchte Pru und wurde sofort wieder panisch.
»Das ist kein Problem«, beruhigte Leonard sie. Er ging neben ihrem Stuhl in die Hocke und nahm ihre Hände in seine. »Entweder kann uns das Krankenhaus in Greenville etwas Phenytoin zur Verfügung stellen, oder die Herstellerfirma kann die Lieferung ersetzen. Sie befindet sich in Atlanta. Ich bin sicher, dass wir morgen welches bekommen werden.«
Prus Anspannung schien sich erneut zu legen. »Also gut«, sagte sie.
»Ich kann momentan die Stadt nicht verlassen, weil Millie Warnick jederzeit ihr Baby bekommen könnte«, erklärte Leonard. »Audie sollte natürlich nicht selbst fahren, besonders nicht bis nach Greenville oder Atlanta. Was ist mit Ihnen,
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