ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
nach ihrer Abfahrt rief Doug wieder an und berichtete, dass Millies Wehen jetzt in Abständen von weniger als fünf Minuten kamen. McCoy hatte daraufhin seine medizinische Ausrüstung zusammengesucht und war zum Haus der Warnicks gefahren. Später an diesem Nachmittag hatte Millie einen gesunden, gut dreitausendfünfhundertvierzig Gramm schweren Jungen zur Welt gebracht.
Nun betrat McCoy sein Haus mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Er hatte stets Freude daran, Babys zu entbinden, auch wenn solche Ereignisse damals bei der Sternenflotte und auch während seiner Zeit in New York recht selten gewesen waren. Doch seitdem er in Hayden lebte, hatte er bereits bei einigen Geburten geholfen.
Nachdem er seine medizinischen Geräte ordnungsgemäß gereinigt und verstaut hatte, ging McCoy in die Küche, um sich das Abendessen zuzubereiten. Als er sich an den Tisch setzte, vermisste er Lynn, die zwischenzeitlich wohl in Atlanta angekommen war. Audie brauchte das Phenytoin dringend, denn eine plötzliche Unterbrechung der Einnahme der Arznei, die er drei Mal täglich nahm, konnte zu einem Status epilepticus führen – einem außergewöhnlich lange andauernden epileptischen Anfall, der Hirnschäden oder sogar den Tod zur Folge haben konnte.
Als er mit dem Essen fertig war, spülte McCoy das Geschirr und ging dann ins Wohnzimmer. Er setzte sich aufs Sofa und nahm den Roman zur Hand, den er vor ein paar Tagen angefangen hatte:
Der Fänger im Roggen
von J. D. Salinger. Er fand die pikareske Erzählung enorm mitreißend. Sie bot nicht nur faszinierende Einblicke in die Gedanken eines jungen Mannes, sondern auch in die amerikanische Gesellschaft des zwanzigsten Jahrhunderts.
Er las eine Weile, sah dann auf die Uhr und beschloss, den Fernseher einzuschalten, um sich die Abendnachrichten anzusehen. Statt der üblichen Berichterstattung erwartete ihn auf dem Bildschirm jedoch ein ernst dreinschauender Mann, der an einem Schreibtisch saß und sich über ein Mikrofon lehnte. Hinter ihm stand eine Tafel mit einer großen schematischen Darstellung der Ostküste der Vereinigten Staaten. Kreise markierten mehrere Punkte auf der Karte, die mit New York, Philadelphia, Washington D. C., Richmond, Charlotte und Charleston bezeichnet waren. Ein blauer Stern befand sich neben Boston und ein roter neben Atlanta. McCoy hatte plötzlich das Gefühl, dass etwas Schreckliches geschehen war. Er versuchte, sich so gut er konnte auf den Nachrichtensprecher zu konzentrieren.
»… entlang der Küste verteilt und scheinen den Großteil der feindlichen Luftstreitkräfte aufs Meer zurückgetrieben zu haben. Es gibt Berichte über große Seeschlachten, die zu dieser Stunde sowohl im Atlantischen als auch im Pazifischen Ozean stattfinden.«
McCoy saß reglos auf dem Sofa und konnte kaum atmen.
»An diesem Nachmittag wurden wieder massive Luftangriffe auf die Vereinigten Staaten verübt. In Städten entlang der Ost- und Westküste stellten sich unsere Marine und unsere Luftwaffe den Angreifern und zerstörten oder vertrieben sie zum Großteil. Doch in Boston und Atlanta durchschlugen die deutschen Kampfflieger die amerikanische Verteidigung und warfen Bomben auf beide Städte ab. Die Bombe in Boston ging nicht los, doch die in Atlanta explodierte.«
McCoy sprang auf, als ob er etwas tun könnte, um diese schreckliche Katastrophe ungeschehen zu machen. Doch er stand nur da und starrte auf den Fernsehbildschirm.
»Um halb sechs an diesem Nachmittag ist über der Stadt offenbar eine Atombombe explodiert. Berichte aus der Region sind verständlicherweise ungenau, aber soweit wir wissen, wurde Atlantas Innenstadt vollkommen ausgelöscht. Mindestens dreißig Quadratkilometer der Stadt wurden komplett zerstört. Nach vorläufigen Schätzungen beläuft sich die Zahl der Todesopfer auf …«
Die Stimme des Nachrichtensprechers zitterte, als er von dem Zettel in seiner Hand ablas.
»… beläuft sich die Zahl der Todesopfer auf über fünfzigtausend. Die Zahl der Verletzten liegt bei über siebzigtausend.«
McCoy taumelte rückwärts, bis seine Beine gegen das Sofa stießen und er auf die Kissen fiel. Im Fernsehen fuhr der Nachrichtensprecher fort, und McCoy hörte, dass die Kämpfe in Europa wiederaufgenommen worden waren. Derzeit wurden die heftigsten Schlachten im Atlantik und im Pazifik geschlagen. Präsident Truman hatte sich bereits an den Kongress gewandt und würde heute Abend um neun Uhr im Fernsehen zum amerikanischen Volk sprechen. McCoy hörte das
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