ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
betrachtete die einzelnen Werte eingehend.
Dann tat er es noch einmal.
»Er ist völlig gesund«, schloss der Arzt. Sämtliche Werte des Captains lagen im normalen Bereich für einen Menschen seines Alters und Geschlechts. Viele waren sogar ein wenig besser als das allgemeine Optimum. McCoy konnte lediglich zwei Makel an Jims ansonsten tadelloser Gesundheit ausmachen: In seinem Blut befanden sich nach wie vor die immer noch harmlosen Mikroorganismen der veganischen Choriomeningitis, und Dr. M’Bengas Algorithmus zufolge, produzierte sein Nervensystem mehr Energie als erwartet. McCoy konnte keine Ursache für Letzteres erkennen, und es schien auch keinerlei Auswirkungen zu haben. Die Zahlen stimmten, aber er ging nun davon aus, dass es sich bei der Abweichung ganz einfach um einen Fehler der Methode handelte, die angewandt wurde, um die Ergebnisse zu erhalten.
McCoy schaltete den Diagnostikmonitor ab und kehrte in sein Büro zurück, wo er die automatische Übertragung der medizinischen Daten des Captains beendete. Dann setzte er sich wieder an seinen Schreibtisch und schloss den Bericht über Jims Gesundheitszustand ab. Er merkte den einen abweichenden Wert an und fügte hinzu, dass er seiner Meinung nach kein medizinisches Problem darstellte. Nachdem er den Bericht noch einmal überprüft hatte, unterschrieb er ihn, speicherte ihn für die Medizinische Abteilung ab und widmete sich dem nächsten Besatzungsmitglied.
McCoy studierte die Ergebnisse von Uhuras letzter Untersuchung gerade erst seit zehn Minuten, als er erneut die medizinischen Daten des Captains aufrief. Er ging noch einmal durch, was er entdeckt hatte, und kam wieder zu demselben Ergebnis. Dennoch konnte er die grundlegendste Frage nicht abschütteln, die er zu Jims abweichenden Werten hatte:
Was zur Hölle ist der Grund dafür?
McCoy hatte nicht die geringste Ahnung.
ZWÖLF
1931
Edith sah zu, wie Schoolboy Joe vor dem Kühlschrank in die Hocke ging. Seine Knie gaben laute knackende Geräusche von sich, als er seine gewaltige Gestalt Richtung Fußboden neigte. »Oh, Joe, ich bekomme das schon alleine hin«, sagte sie und schämte sich plötzlich dafür, den großen schwerfälligen Mann um etwas gebeten zu haben, das sie selbst viel leichter erledigen konnte. Sie hatte es ausgesprochen, ohne darüber nachzudenken. Nachdem McCoy im Hinterzimmer verschwunden war, hatte sie Joe gefragt, ob er ihr das Päckchen aus dem Kühlschrank holen könnte. Sie wusste, dass der Arzt einen langen und ermüdenden Arbeitstag hinter sich hatte. Er war zu einem späten Abendessen in die Mission zurückgekehrt und hatte ihr danach sogar noch beim Aufräumen und Saubermachen geholfen. Nun wollte sie ihn noch in seinem Zimmer antreffen, bevor er sich schlafen legte.
»Das ist keine große Sache, Schwester Edith«, versicherte Joe in seiner typisch langsamen Art. Edith wurde nicht gerne als »Schwester« bezeichnet – immerhin gehörte sie keiner religiösen Vereinigung an –, aber sie wusste, dass Joe es freundlich meinte. Der große Mann beugte sich in den Kühlschrank vor und zog einen Moment später die kleine weiße Schachtel heraus, um die Edith ihn gebeten hatte. Er richtete sich wieder auf, und seine Knie knackten erneut. Die weiße Pappschachtel sah in Joes fleischigen plumpen Fingern regelrecht zerbrechlich aus. Schoolboy Joe war ein riesiger unbeholfener Kerl, der schon länger für Edith arbeitete als sonst jemand. Rik mochte mehr Tage in der Mission ausgeholfen haben, hatte aber immer mal wieder Auszeiten eingelegt und war im letzten Herbst schließlich endgültig verschwunden. Glücklicherweise war es Riks Fernweh und nicht etwa die Alkoholsucht gewesen, die ihn dazu bewogen hatte, die Einundzwanzigste Straße hinter sich zu lassen – zumindest soweit Edith wusste.
»Danke, Joe«, sagte Edith und nahm die Schachtel entgegen. Sie stellte sie auf den Tresen, öffnete sie und hob den kleinen Schokoladenkuchen heraus. Dann steckte sie die Kerze, die sie von zu Hause mitgebracht hatte, in die Mitte der dunkelbraunen Glasur.
»Sind Sie bereit?«, fragte sie Joe.
»Absolut«, erwiderte er und nahm die Teller und das Besteck, die Edith bereitgelegt hatte.
»Wie sieht’s bei Ihnen aus, Deke?«, rief sie in Richtung Hauptraum. Deke, der gerade die Stühle auf die Tische stellte, sah auf. Der ältere rothaarige Mann hatte vor ein paar Monaten angefangen, regelmäßig in der Mission zu arbeiten. Davor war er einige Monate lang wegen Nahrung und Kleidung in
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