ST - TOS 101: Feuertaufe: McCoy - Die Herkunft der Schatten
nehmen. Doch nun … nun … mochte es tatsächlich eine Lösung darstellen.
Wenn er die Vergangenheit trotz seiner Bemühungen bereits verändert hatte, konnte er jetzt nichts mehr tun, um es rückgängig zu machen. Doch wenn sein die Geschichte verändernder Verstoß noch vor ihm lag, mochte sein Tod die Zukunft bewahren. Würden Jim und Spock dann in der Lage sein, ihn an einem früheren Zeitpunkt zurückzuholen,
vor
seinem Selbstmord?
McCoy schüttelte den Kopf, als könnte er dadurch seine Gedanken ordnen. Zeitreisen, temporale Mechanik, Kausalität und Paradoxon, all das verwirrte ihn. Er wusste, dass er eine solch wichtige und unumkehrbare Entscheidung nicht treffen sollte, wenn er so niedergeschlagen war wie im Moment. Doch ihm war auch klar, dass er seinen eigenen Tod als berechtigte Option ernsthaft in Betracht ziehen musste.
»Da kommt sie«, sagte Edith aufgeregt und griff nach seinem Arm.
McCoy wandte sich ihr zu und sah, dass sie nach oben deutete. Er folgte ihrem Blick zum Times Tower. An der Spitze der schmalen vorderen Kante des grob dreieckigen Gebäudes hatte die beleuchtete Kugel begonnen herabzusinken. Um sie herum wurde die kollektive Stimme der Menge immer lauter. Schreie und Jubelrufe wurden in freudiger Erwartung ausgestoßen. Der Wind, der die ganze Nacht über quälend konstant geblieben war, schien nun etwas nachzulassen, als hätte er entschieden, sich aus Rücksicht auf diesen besonderen Moment zurückzuziehen. McCoy beobachtete die leuchtende Kugel, die …
Plötzlich knallte es mehrmals schnell hintereinander. Es klang wie die Handfeuerwaffe, die Sulu auf einem Planeten in der Omicron-Delta-Region gefunden hatte. McCoy reagierte instinktiv, wandte sich von den lauten Geräuschen ab und breitete seine Arme aus, um Edith’ Körper mit seinem eigenen zu schützen. Helle Blitze warfen ihre Schatten gegen eine Wand hinter ihr, während die Explosionen anhielten.
Um sie herum wurde der Lärm der Menge sogar noch lauter. Er klang wie die Totenglocke für das Jahr 1931. McCoy riskierte einen Blick über die Schulter und entdeckte einige Leute, die ein paar Meter entfernt in einem Halbkreis standen und zusahen, wie weitere Ladungen direkt vor ihnen explodierten. Blauer Rauch wirbelte vom Bürgersteig nach oben, auf dem Papierfetzen wild umhertanzten. McCoy starrte in die Gesichter der Menschen, die das Spektakel umringten, und sah Licht über ihre Züge flackern. Für einen kurzen Moment wirkten sie wie die Opfer von Phaserfeuer, Ziele, die von einer Waffe erfasst worden waren, die sie dematerialisieren würde.
Oh nein
, dachte McCoy, auch wenn er im gleichen Moment erkannte, dass die Miniaturexplosionen keine Gefahr darstellten. Doch in seinem Geist, in seiner Erinnerung sah er das Gesicht eines anderen Mannes. Es war ein kleiner Mann, glatzköpfig und unrasiert, mit einer großen, schiefen Nase und schmutziger Kleidung. McCoy wusste sofort, wo er diesen Mann mit der rattenähnlichen Erscheinung schon einmal gesehen hatte: in den quälenden Träumen, die ihn gelegentlich immer noch im Schlaf heimsuchten. Doch zum ersten Mal erinnerte sich McCoy darüber hinaus an die wirren Momente nach seiner Ankunft in der Vergangenheit. Es waren diese heftigen, chaotischen Momente, aus denen die Albträume geboren wurden. Und wieder dachte er:
Oh nein
.
»Leonard?«, fragte Edith, und dann noch einmal mit mehr Nachdruck: »Leonard!« Sie nahm seinen Arm und drehte ihn herum, damit er den Ort sehen konnte, an dem die unerwarteten Explosionen nun langsam nachließen und nicht länger zum Lärm der Menge beitrugen. Edith trat neben ihn und sagte: »Das sind nur Böller.« Sie zögerte für einen Moment und fügte dann hinzu: »Feuerwerkskörper.«
»Ja«, sagte McCoy, da er wusste, dass er irgendetwas sagen musste. »Ja, natürlich.« Er drehte sich vom Geschehen weg und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab. »Sie haben mich nur erschreckt«, erklärte er. Im Tumult des Times Squares klangen seine Worte für ihn, als hätte sie jemand anders ausgesprochen. Sie schienen aus weiter Ferne zu kommen. Seine Umgebung war ihm jedoch nur am Rande bewusst. Stattdessen konzentrierten sich seine Gedanken auf den Mann aus seinen Träumen, den Mann aus seinen ersten Minuten in der Vergangenheit der Erde. McCoy hatte … was? Er hatte den Mann verfolgt, ihn für einen Verbündeten der Mörder gehalten, die ihn jagten.
»Leonard«, fragte Edith in besorgtem Tonfall. »Geht es dir gut?«
»Ja, ich … ich
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