Staatsanwalt sucht Polizist
in meiner schlauen Datei nach, ob mein Kunde bereits vorbestraft war. Ich suchte nach einem Klaus Meyerschmitz und wurde tatsächlich fündig. Der Gute war bereits zweimal beim Käseklauen erwischt worden, wobei die Anzeigen jedes Mal wegen Geringfügigkeit eingestellt worden waren. Nun gut, jetzt hatte die Supermarktkette ihn wegen Diebstahls einer Weinflasche angezeigt. Er hatte das Etikett einer billigen Weinflasche entfernt und auf die Flasche mit dem teuren Wein geklebt. Damit ist er zur Kasse marschiert und hat so getan, als sei alles korrekt. Leider hatte ihn der Ladendetektiv dabei beobachtet und hinter der Kasse zur Rede gestellt. Also gut. Dann wollen wir mal. Herr Klaus Meyerschmitz bekommt einen Strafbefehl. Was hatte er denn alles für Delikte begangen? Zuerst einmal eine Urkundenunterdrückung nach Paragraph zweihundertvierundsiebzig des Strafgesetzbuches durch das Überkleben des Preisetiketts an der teuren Weinflasche. Gleichzeitig erfasste diese Handlung eine Urkundenfälschung nach Paragraph zweihundertsiebenundsechzig. Außerdem noch eine Sachbeschädigung nach Paragraph dreihundertdrei, weil er den teuren Preis überklebt hatte – wobei ich das doch eher kleinlich fand, aber so waren die Juristen nun einmal. Wenn ich so recht darüber nachdachte, konnte ich ihm unmöglich einen Strafbefehl erteilen. Ich glaube, ich werde die Sache erneut wegen Geringfügigkeit einstellen, werde ihn aber verwarnen. Der alte Mann war ganze dreiundsiebzig Jahre alt und wollte sich offenbar mal ein feines Schlückchen gönnen, ohne es von seiner schmalen Rente bezahlen zu können.
„So, Klaus Meyerschmitz, dein Fall wäre abgehakt, aber lass dich nicht noch einmal erwischen, sonst musst du Strafe bezahlen“, brummte ich vor mich hin. Ich arbeitete noch zwei weitere Akten ab und beschloss dann, nach Hause zu fahren. Es war zwar erst drei Uhr nachmittags, aber das war das wunderbare an der modernen Gleitzeit. Apropos gleiten, mein Schwarm hatte sich noch nicht wieder bei mir gemeldet. War wohl im Stress auf seinem Seminar in Lüchow.
Zu Hause angekommen machte ich mir erst mal eine schöne große Tasse Cappuccino und gönnte mir dazu ein paar Butterkekse aus England. Wenn ich Butterkekse sage, meine ich auch Butterkekse. Während die Deutschen ihren Keksen den gleichen Namen verpassten und wohl eher Margarine untermixten, rührten die Engländer wirklich Butter in den Teig. Sie schmeckten einfach himmlisch, auch wenn ich nicht mehr als zwei Kekse davon am Tag essen konnte, ohne dass mir schlecht wurde. Butter lag halt doch relativ schwer im Magen. Ich schnappte mir ein Buch und fing an zu lesen. Bevor ich mich versah, war es Viertel nach fünf. Ich stand auf und ging ins Bad. Als ich mir die Hände mit Seife gewaschen hatte – ich gehörte schließlich zu der Sorte Männer, dessen Mutter darauf bestanden hatte, dass man sich selbst nach dem Pinkeln die Hände ordentlich mit Seife wäscht – hörte ich ein wohl bekanntes Rufen. „Sie haben Post, uuhuhuhuuuu!“ So schnell ich konnte, flitzte ich in den Flur und zog mein Handy aus der Manteltasche. Ich glaube, ich muss mal diese dumme Angewohnheit loswerden. Welcher Idiot packte heutzutage noch sein Mobiltelefon in die Jackentasche? Ich hatte seit über einem Jahr keinen Handydiebstahl mehr gehabt, bei dem das Opfer seinen Wertgegenstand in der Jackentasche aufbewahrt hatte. Ich nahm mir vor, das wertvolle Stück ab jetzt im Rucksack zu verstauen.
Hi, Marten!
Die 10stündige Übung ist vorbei. Alle Geiseln leben noch. Was für
ne Gruselsache? Hab ich was verpasst?
Melde mich, wenn ich zurück bin.
Gruß, Nico
Mein Herz machte einen unerwarteten Hüpfer. Wer hätte gedacht, dass Nico heute noch schreibt und dass nach einer 10-Stunden-Übung einer Geiselbefreiung. Mir fällt da niemand ein, der danach nicht einfach nur die Füße hochlegen und nichts tun würde. Das war sicherlich ein Zeichen!
* * *
Am nächsten Tag musste ich doch tatsächlich aus beruflichen Gründen nach St. Pauli. Ich wollte einen der Beamten etwas wegen einer Betrugssache fragen und richtete meinen Besuch so ein, dass ich exakt zur Mittagszeit dort eintraf. Als ich an seinem Spint vorbeikam – der zuständige Beamte führte mich durch die halbe Umkleide, um mir die Fragen im Aufenthaltsraum zu beantworten, obwohl wir das Ganze auch förmlich im Vernehmungsraum hätten machen können – las ich in schiefen Lettern unter Nicos Namen ‚Luigi, der
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