Staatsanwalt sucht Polizist
Augenwinkeln zu tupfen. Er hätte wirklich lieber Schauspieler anstatt Richter werden sollen. Ich kannte Jürgen aus seinen Gerichtsverhandlungen. Während meiner Referendariatszeit war er mein Tutor gewesen und so hatten wir uns vor ein paar Jahren kennen- und schätzen gelernt. Am Gericht war er komplett anders und fast nicht wieder zu erkennen. Wenn man ihn dort beobachtete, konnte man meinen, Crocodile Dundee zu begegnen, nur in schwarzer Robe anstatt Lederkostüm und Cowboyhut. Er war einer der strengsten Richter, denen ich je begegnet war und er benahm sich so was von hetero an seinem Arbeitsplatz, dass es mich gar nicht wunderte, dass er zu Hause fast an seiner Weichheit zerbrach und ziemlich nah am Wasser gebaut war. Ich legte ihm meine Hand auf die Schulter und das hätte ich besser nicht getan. Er brach in Tränen aus und warf sich mir an den Hals. Ich ließ ihn heulend berichten, worüber er sich mit Klaus gestritten hatte, verstand dabei aber kaum ein Wort. In regelmäßigen Abständen klopfte ich ihm auf die Schulter und versuchte, ihn zu beruhigen. Nach einer halben Ewigkeit löste er sich von mir und wischte sich das Gesicht ab. Ich spürte etwas ekelhaft Nasses an meiner Schulter und ahnte Böses. Guter Gott! Jürgen hatte meinen Pullover durchtränkt. Konnte ein Mann alleine so viel Tränenflüssigkeit in sich tragen? Wenn er ein Kamel wäre, würde ich sage, okay, der Junge hatte riesige Wasserspeicher, aber Jürgen war ganz eindeutig ein Mensch!
„Ähm, Jürgen?“
„Ja, Schätzchen?“
„Du hast nicht zufällig noch einen trockenen Pullover für mich, oder?“ Mit zwei spitzen Fingern zog ich den nassen, kalten Stoff vom Körper. Erschrocken schlug sich Jürgen die Hand vor den Mund und fuchtelte dabei mit der anderen tuffig durch die Luft.
„Oh, nein! Was bin ich doch für eine Schlampe! Natürlich hole ich dir gleich was Frisches zum Anziehen. Bitte entschuldige, Schätzchen!.
„Geht schon klar, Jürgen! Mach dir keine Sorgen. Ich bin okay. Ich brauche nur was Trockenes.“
Jürgen rauschte aus dem Zimmer und kam schnell wie der Blitz wieder ins Wohnzimmer zurück. In der Hand hielt er einen weichen rosafarbenen Kaschmirpullover mit V-Ausschnitt. Bei aller Liebe! Das war nun wirklich nicht mein Kleidungsgeschmack. Als ich zögerte, sah Jürgen mich verwundert an.
„Stimmt was nicht, Schätzchen?“
Ich wand mich unter seinem Blick. Ich konnte ihm kaum sagen, dass ich seinen Pulli schrecklich fand. Das würde einen weiteren tränenreichen Niagarafall bedeuten und dem war ich heute nicht mehr gewachsen. Ich lächelte gequält und nahm den Pulli entgegen.
„Ein … ein Baumwoll-T-Shirt für drunter wäre nicht schlecht. Hast du sowas?“
„Marten, Schätzchen! So etwas trage ich nicht.“
„Nicht mal auf Arbeit?“ Jürgen hatte Geheimnisse vor mir. Das konnte ich spüren. Was versteckte er heimlich unter seiner schwarzen Richterrobe? Misstrauisch beäugte ich ihn.
„Nee, wirklich nicht, Schätzchen! Du kannst ein Mikrofaser-Shirt haben. In weiß!“
„Gut, das nehme ich“, lächelte ich ihn an und zog mein nasses T-Shirt aus.
Abrupt blieb Jürgen stehen. „Schätzchen, wie soll ich dir das Shirt holen, wenn du dich jetzt schon nackt machst? Du weißt doch ganz genau, dass ich deinem muskulösen Oberkörper nicht widerstehen kann. Keinen Schritt mache ich mehr!“
Genervt legte ich den Kopf zur Seite. Jürgen war mein bester Freund, aber ganz gewiss nicht mein Typ. Ich genoss die Zeit mit ihm, aber nur im platonischen Sinne.
„Jürgen, da ich nichts weiter zum drunter ziehen habe, werde ich hier so nackt auf dich warten, wie Gott mich erschaffen hat. Bitte sei so lieb und hole mir das weiße Mikrofaser-Shirt. Bitte!“
„Na gut! Ich geh ja schon“, schoss Jürgen etwas beleidigt zurück.
Er wusste genau, dass ich mich niemals mit ihm einlassen würde, aber die Hoffnung gab er offenbar noch nicht auf. Zwei Sekunden später stand er wieder in der Tür und reichte mir sein Shirt. Ich zog mich betont langsam an, um ihm wenigstens etwas meiner männlichen Muskelkraft zu präsentieren und setzte mich dann erwartungsvoll auf die Couch.
„Wo hast du denn die DVDs?“
Jürgen lief zum Sideboard und holte einen Stapel DVDs heraus. „Du hast alle?“
„Klar, Schätzchen! Glaubst du, ich will ständig darauf warten, dass der Postbote mir die nächste Staffel bringt? Dafür bin ich zu alt und zu vermögend.“ Er setzte sich in den Sessel und faltete die Hände. „Aber
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