Staatsanwalt sucht Polizist
Thorsten wartete bereits mit seinen Geschwistern und begrüßte mich mit einer liebevollen Umarmung. Mir klopfte das Herz bis zum Hals. Ich glaube, ich war nicht einmal bei meinen Staatsexamina so nervös wie heute. Und damals hatte ich schon gedacht, ich stehe den Tag nicht durch.
Schwatzend und lachend betraten wir das Rathaus und wurden von dem Standesbeamten willkommen geheißen. Ich überreichte ihm unsere ganzen Anmeldeformulare und dann folgten wir ihm ins Trauzimmer. Die Räume waren alle sehr pompös, aber dennoch stilvoll und herrlich mittelalterlich eingerichtet. Ich war froh, dass Thorsten mich dazu überredet hatte, hier unseren Bund fürs Leben zu schließen. Wir nahmen vor dem Standesbeamten Platz und warteten nervös, bis sich alle Gäste auf ihren Stühlen niedergelassen hatten. Unser Eintritt in das alte Zimmer wurde von einer sanften Klaviermelodie begleitet, die der Standesbeamte jetzt abschaltete. Er räusperte sich und lächelte.
„Liebes Brautpaar … ähm … Verzeihung … liebes Paar, Herr Kruse und Herr van der Benke, liebe Gäste … wir haben uns heute hier versammelt, um den Bund dieser beiden sich Liebenden zu schließen, die ihre Liebe zueinander mit der Eintragung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft nach außen kundtun wollen.“
Er räusperte sich wieder und zuppelte leicht nervös an seinem überdimensional großen Schnurrbart.
„Ich darf sagen, es macht wenig Unterschied, ob sich nun ein Mann und eine Frau, zwei Männer oder zwei Frauen auf diesen gemeinsamen Weg begeben wollen, denn wie alle Wege ist auch dieser nicht immer ein leichter. Es gibt wundervolle, seichte, mit Blumen überwucherte Wege, aber es gibt auch steinige, karge, ja versperrte Wege. Wenn zwei Menschen sich lieben und beschließen, fortan ihren Weg gemeinsam zu gehen, dann müssen sie sich darüber im Klaren sein, dass jeder ein Individuum ist und es so mancher Kompromisse bedarf, wenn man sich an einer Weggabelung für den einen oder anderen Weg entscheiden muss. Genauso wenig, wie die Sonne immer scheint, müssen sich die Liebenden auch mit dem schmuddeligen Schietwetter abfinden und das Beste daraus machen. Niemand sagt, dass eine Ehe oder eine Lebenspartnerschaft ein reines Zuckerschlecken ist. Es gibt sicherlich so manche Berg- und Talfahrt. Dennoch können Sie die Hindernisse überwinden, wenn Sie gemeinsam an einem Strang ziehen. Wären wir auf hoher See, würde ich sagen, werfen Sie den Anker, wenn’s mal brenzlig wird…“, er lachte leise, einige Gäste schmunzelten.
Thorsten und ich lauschten ernst und ganz gebannt.
„... aber wir Landratten müssen uns anderweitig behelfen. Ziehen Sie die Notbremse, wenn es hart auf hart kommt und vergessen Sie niemals, miteinander zu reden. Das Sprichwort Reden ist Silber, Schweigen ist Gold sollten Sie nicht sprichwörtlich nehmen, denn so manches Paar hat diese Haltung schon vor den Scheidungsrichter geführt. Sprechen Sie miteinander, tauschen Sie sich täglich aus, meistern Sie gemeinsam Ihre Probleme und erfreuen Sie sich an den schönen Tagen, die Sie gemeinsam erleben dürfen. Eine Partnerschaft ist etwas Wunderbares, etwas Kostbares. Halten Sie sie mit beiden Händen fest.“ Der Standesbeamte machte eine bedeutungsvolle Pause. Dann räusperte er sich erneut.
„Ich frage Sie nun, Marten Kruse, wollen Sie den hier anwesenden Thorsten van der Benke, zu Ihrem rechtmäßig angetrauten Lebenspartner nehmen, dann antworten Sie mit ‚ja, ich will‘.“
Ich schluckte den dicken Kloß in meinem Hals hinunter und schaute in Thorstens wunderschöne, grüne Augen. Langsam nickte ich. „Ja, ich will“, quiekte ich mit einem furchtbaren Flattern im Magen.
„Schön … dann frage ich nun Sie, Thorsten van der Benke, wollen Sie den hier anwesenden Marten Kruse zu Ihrem rechtmäßig angetrauten Lebenspartner nehmen, dann antworten Sie mit …“
„Ja, ich will!“, posaunte Thorsten laut heraus, bevor der Standesbeamte seinen Satz beenden konnte. Hinter uns ertönte ein leises Kichern. Thorsten zuckte entschuldigend mit den Schultern und grinste mich an. Ich lächelte zurück. Ich liebte seine zuweilen stürmische Art.
„Sehr schön“, lachte nun auch der Standesbeamte. „Gut … ähm … Sie haben sich dazu entschieden, als Zeichen Ihrer Verbundenheit, Ringe auszutauschen. Das können Sie jetzt tun.“
Es raschelte im Raum und während wir uns die Ringe aus purem Platin ansteckten, vernahm ich ein leises Klicken vom Fotoapparat meines
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