Staatsverschuldung

Unter diesen Bedingungen kann die Staatsverschuldung negative Folgen für die zukünftigen Generationen haben: Durch die Staatsverschuldung entzieht der Staat der heutigen Generation Ressourcen, die er weniger produktiv verwendet, als es die Bürger getan hätten. Dadurch sinken die Investitionen mit der Folge, dass auch der Kapitalstock sinkt. Das wiederum zieht ein geringeres Produktionspotential nach sich; damit aber haben die kommenden Generationen geringere Produktionsmöglichkeiten und können niedrigere Wachstumsraten erzielen. In diesem Szenario führt Staatsverschuldung zu einer realen Belastung zukünftiger Generationen, weil dadurch das zukünftig mögliche Sozialprodukt sinkt. Die heutige Generation lebt in dem Sinn auf Kosten ihrer Kinder, als sie deren Produktionsmöglichkeiten durch einen kleineren Kapitalstock reduziert. Der tiefere Grund dafür liegt darin, dass die Ersparnisbildung nicht mit der zusätzlichen Staatsverschuldung Schritt hält. Die Elterngeneration spart zu wenig und konsumiert zu viel. Daher kann man berechtigterweise davon sprechen, dass die Elterngeneration auf Kosten ihrer Kinder lebt. Dieser Effekt tritt bei interner Staatsverschuldungein, wenn der Staat das geliehene Geld unproduktiver verwendet als es die Unternehmen des Landes getan hätten, also wenn er es schlicht konsumiert oder es weniger rentabel investiert als private Unternehmer.
    Wenn sich der Staat im Ausland verschuldet, so dass bei steigender Staatsverschuldung auch das Außenhandelsdefizit steigt, und die aufgenommenen Mittel konsumiert anstatt sie wachstumsfördernd zu investieren, dann ändert sich das Bild nochmals. In dieser Situation kann die erste Generation im Inland tatsächlich mehr konsumieren, als sie selbst erzeugt – infolge des (Netto-) Imports von Gütern und Dienstleistungen aus dem Ausland. Werden diese Schulden gegenüber dem Ausland erst in der nächsten Generation über höhere (Netto-) Exporte zurückgezahlt, entsteht eine reale Belastung der Kindergenerationen, da sie nun auf Ressourcen verzichten muss, um die Schulden gegenüber dem Ausland zurückzuzahlen. Ein Anstieg der Verschuldung im Ausland, verbunden mit unproduktiver Verwendung der entsprechenden Ressourcen, führt damit definitiv zu einer Belastung zukünftiger Generationen. Mit einem Umweg über das Ausland und Verschuldung kann eine Generation also doch bereits etwas konsumieren, das die nächste Generation erst produzieren muss.
    Auch die in den nächsten beiden Abschnitten diskutierten Folgen von Staatsverschuldung – Inflation und Staatsbankrott – können drastische Belastungen heutiger und zukünftiger Generationen darstellen.
4. Inflation
    Eine mögliche Folge zu hoher Staatsverschuldung ist Inflation, also ein Rückgang der allgemeinen Kaufkraft des Geldes. Die Inflationsrate (genauer: die Veränderung des Verbraucherpreisindexes), die das statistische Bundesamt regelmäßig für Deutschland ermittelt, gibt an, wie stark die Preise für einen bestimmten Korb von Waren gestiegen oder gefallen sind. Im Jahr 2010 stieg der Verbraucherpreisindex beispielsweise um 1,1 Prozent, d.h. der gleiche Warenkorb kostete zu Ladenpreisen im Jahr 2010 1,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Andersherumkann man auch sagen, dass die Kaufkraft eines Euros im Jahr 2010 um 1,1 Prozent gefallen ist. Inflation ist für Schuldner grundsätzlich vorteilhaft, da sie die Rückzahlung ihrer Kredite in der Regel erleichtert. De facto stellt Inflation einen Ressourcentransfer von den Gläubigern zu den Schuldnern dar. Der Schuldner leiht sich Geld vom Gläubiger, mit dem er Güter oder Dienstleistungen erwerben kann. Tritt nun Inflation auf, so sinkt die Kaufkraft des geliehenen Geldes. Für die gleiche nominale Menge Geld, die der Schuldner dem Gläubiger zum Ende der Laufzeit des Darlehens zurückzahlt, kann sich der Gläubiger nicht mehr die gleiche Gütermenge kaufen, wie es dem Schuldner vor dem Auftreten der Inflation möglich war. Der
Realwert
der Schulden, also deren Kaufkraft gemessen in Gütern, sinkt. Wenn die Inflationsrate höher ist als der vereinbarte Kreditzins, dann verbleibt dem Gläubiger am Ende der Laufzeit sogar weniger Kaufkraft, als er zu Beginn verliehen hat (und auf die er für die Laufzeit des Kredits verzichtet hat).
    Bezogen auf den Staat als Schuldner könnte Inflation die folgende Rolle spielen: Der Staat nimmt zuerst hohe Schulden auf und sorgt danach mit zielgerichteter Politik für hohe Inflationsraten, um auf diesem Weg die