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Staatsverschuldung

Staatsverschuldung

Titel: Staatsverschuldung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Hanno u Prinz Beck
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leben?
    Gehen wir zur Illustration einmal davon aus, dass die staatliche Verschuldung keine negativen Folgen für das Wachstum der Volkswirtschaft hat, also dass es zum Beispiel kein
Crowding-out
von gesamtwirtschaftlich rentableren privaten Investitionen gibt. In diesem Fall lautet das überraschende Ergebnis, dass die Staatsverschuldung keine intertemporalen Umverteilungseffekte auslöst, es findet lediglich eine zeitliche Verschiebung der Steuerlast statt. Bei Ökonomen wird dieser Fall umschrieben mit dem Satz «We owe it to ourselves» («Wir schulden es uns selbst»). Dieses Ergebnis rührt daher, dass es in einer geschlossenen Volkswirtschaft für die gegenwärtige Generation grundsätzlich nicht möglich ist, heute etwas zu konsumieren, was die nächste Generation erst produziert – ein intertemporaler Ressourcenentzug ist nicht möglich.
    Man muss sich das wie folgt vorstellen: In der ersten Generation verschuldet sich der Staat und entzieht dem privaten Sektor auf diesem Weg Ressourcen. Da wir in diesem Fall davon ausgehen, dass die privaten Investitionen unverändert bleiben, muss der private Konsum der ersten Generation sinken, um das zusätzlichErsparte dem Staat zu leihen. Der staatliche Mehrkonsum durch Verschuldung wird also nur dadurch möglich, dass die Bürger Konsumverzicht leisten und mehr sparen. Im Gegenzug verspricht der Staat den Bürgern die Rückzahlung der Schuld inklusive Zinszahlungen. Dadurch steigt das Vermögen der Bürger (in Form von höheren Forderungen an den Staat). Staatsverschuldung führt also in der ersten Generation lediglich zu einer Umverteilung der Ressourcen von den Bürgern zum Staat – zusätzlicher Konsum von Ressourcen ist in diesem Szenario nicht möglich. Die Bürger dieser ersten Generation erwerben nur höhere Ansprüche an den Staat.
    Wird die nachfolgende Generation von dieser Staatsverschuldung belastet? Überraschenderweise nicht, denn nun passiert Folgendes: Der Staat zahlt in der nächsten Generation seine Schulden zurück, inklusive Zinsen. Diese Zahlungen finanziert er durch entsprechende Steuern, mit denen er diese Generation belastet. Da diese Generation von ihren Eltern eine genau um die Staatsverschuldung erhöhte Erbschaft erhält, reichen diese verzinsten zusätzlichen Erbschaften exakt aus, um die verzinste Staatsschuld zu begleichen. Daher bedeuten diese Steuern auch keinen realen Konsumverzicht für diese Generation. Der Staat holt quasi die bei der Elterngeneration unterlassene Steuererhöhung nach, für welche die Elterngeneration in Form höherer Ersparnisbildung (Kauf von Staatsanleihen) Rücklagen gebildet hat. Da darüber hinaus die Steuererhöhung lediglich dazu dient, die Staatsschulden zurückzuzahlen, und zwar an die Erben derjenigen Bürger, die dem Staat in der ersten Generation Geld geliehen haben, geschieht per Saldo – nichts. Das Ergebnis ist exakt dasjenige, das sich ergeben hätte, wenn der Staat bei der Elterngeneration die Steuern erhöht hätte anstatt sich zu verschulden. Genau das meinen Ökonomen, wenn sie sagen, dass wir uns die (interne) Staatsverschuldung (ohne Wachstumseffekte) selbst schulden. Man kann das als rein buchhalterische Verschuldung ohne realwirtschaftliche Auswirkungen bezeichnen. Im Übrigen entspricht die Analyse bis zu diesem Punkt ebenfalls dem Ricardianischen Äquivalenzprinzip.
    In diesem Fall ist Staatsverschuldung, die sich über mehrereGenerationen erstreckt, lediglich eine
buchhalterische
Verschiebung der Besteuerung von der aktuellen Generation zur zukünftigen Generation, ohne zusätzliche Belastung der nachfolgenden Generationen. Belastet durch die Staatsverschuldung wird die erste Generation, in der der Staat sich verschuldet, weil diese zu erhöhter Ersparnisbildung und damit zu Konsumverzicht dieser Generation führt. Alle nachfolgenden Generationen werden definitiv nicht belastet. Die höheren Steuern zur Rückzahlung der verzinsten Staatsschuld sind lediglich ein buchungstechnischer Vorfall: Die Inhaber der Staatsschuldpapiere zahlen die höheren Steuern quasi an sich selbst. Ein realer Entzug von Ressourcen in dem Sinn, dass die Eltern auf Kosten der Kinder leben, ist in diesem Szenario nicht möglich.
    Das ändert sich allerdings, wenn Staatsverschuldung ein
Crowding-out
von privaten Investitionen zur Folge hat, wie wir im vorigen Abschnitt gesehen haben, und wenn der Staat die aufgenommenen Schulden weniger produktiv verwendet, als es private Unternehmen des Landes getan hätten.

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