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Staatsverschuldung

Staatsverschuldung

Titel: Staatsverschuldung
Autoren: Aloys Hanno u Prinz Beck
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Bundesrepublik Deutschland hat in diesen Jahren von der Substanz gelebt. Diese Entwicklung zeigt sich in einem gesunkenen
staatlichen Sachvermögen,
das im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt seit Beginn der achtziger Jahre mit kurzen Unterbrechungen von 61 Prozent auf 44 Prozentim Jahr 2007 gesunken ist. Stellt man das staatliche Vermögen der Bundesrepublik ihren Schulden gegenüber, so war dieses bereits Ende 2008 weitgehend aufgezehrt[ 41 ].
    Abbildung 5: Staatliche Bruttoinvestitionen () und Nettoinvestitionen () (Bruttoinvestitionen minus Abschreibungen). Quelle: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung; siehe auch[ 41 ].
    Insgesamt bietet sich folgendes Bild: Während die Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland in den vergangenen 40 Jahren mehr oder weniger kontinuierlich gestiegen ist, haben im gleichen Zeitraum auch die konsumtiven Staatsausgaben zugenommen. Gleichzeitig sind die staatlichen Investitionsausgaben sowohl brutto als auch netto kontinuierlich gesunken – die steigende Neuverschuldung wurde nicht dazu verwendet, in die Zukunft zu investieren, sondern in der Gegenwart zu konsumieren. Dieser Verwendungszweck ist durch keines der in Kapitel II diskutierten guten Argumente für staatliche Verschuldung gedeckt.
    Die Folgen erhöhter Staatsverschuldung für das Wachstum einer Volkswirtschaft sind
empirisch
untersucht. Als Wirkungsrichtung ergibt sich dabei mehr oder weniger eindeutig, dass eine Zunahme der staatlichen Verschuldung das Wachstum einer Volkswirtschaft tendenziell reduziert. Eine Studie zu derVerschuldung von Schwellenländern und entwickelten Ländern über vier Jahrzehnte hinweg legt nahe, dass ein Anstieg der Schuldenstandsquote von zehn Prozentpunkten das Wachstum des realen Pro-Kopf-Sozialprodukts um 0,2 Prozentpunkte pro Jahr reduziert[ 43 ]. Höhere Staatsschulden führen zu geringerem Wachstum. Für entwickelte Volkswirtschaften war dieser Effekt weniger deutlich, aber auch vorhanden: hier belief sich der Rückgang des Wachstums auf 0,15 Prozentpunkte jährlich. Die Schätzungen deuten darauf hin, dass bei zunehmender Staatsverschuldung die Arbeitsproduktivität leidet und damit das Wachstum des Sozialprodukts zurückgeht. Dieser Rückgang der Arbeitsproduktivität entsteht durch die Reduktion der privaten Investitionen, dadurch sinkt der Kapitalstock pro Arbeitnehmer und dadurch die Menge an Gütern, die pro Arbeitnehmer produziert werden kann[ 43 ].
    Darüber hinaus zeigen die Daten, dass die Zusammenhänge auch hier vermutlich nicht linearer Natur sind: Ab einem Schwellenwert für die Schuldenstandsquote von 90 Prozent sind die negativen Folgen der Staatsverschuldung für das Wachstum ausgeprägter[ 43 ]. Ähnliche Ergebnisse finden sich für zwölf Staaten der Europäischen Union von 1970 bis 2010: Ab einer Schwelle von 70 bis 80 Prozent beginnt die Höhe der Schuldenstandsquote einen negativen Effekt auf das Pro-Kopf-Wachstum zu haben, ab 90 Prozent wird er deutlich erkennbar[ 44 ]. In Anbetracht der Tatsache, dass die durchschnittliche Schuldenstandsquote für die Euro-Zone im Jahr 2011 auf fast 90 Prozent gestiegen sein wird, wird klar, dass der Bewegungsspielraum für weitere Schuldenaufnahmen gering ist. Neue Schulden gibt es nur im Tausch gegen Einbußen beim Wirtschaftswachstum pro Kopf.
    Möglicherweise lässt sich das letzte Argument relativieren, wenn man berücksichtigt, dass ein Großteil der zuletzt hinzugekommenen Staatsverschuldung zur Abwehr einer Finanzkrise aufgenommen wurde – vielleicht hat man durch diese Schulden eine Ausweitung der Krise mit gleichfalls negativen Folgen für das Wachstum verhindert. Hier greift ein Argument aus Kapitel II.1: Die Dringlichkeit und Einmaligkeit der Aufgabe, dieWirtschaft vor einer Finanzkrise zu bewahren, rechtfertigt diesen Anstieg der Staatsverschuldung aus ökonomischer Sicht. Wie groß der tatsächliche Erfolg dieser Maßnahmen ist, kann erst mit größerem zeitlichem Abstand gesagt werden. Darüber hinaus wird es eine beachtliche Rolle spielen, ob und, wenn ja, mit welcher Geschwindigkeit die neu aufgenommenen Schulden nach der Krise wieder abgebaut werden.
3. Staatsverschuldung und Einkommensverteilung
    Eine Zunahme der Staatsverschuldung hat nicht nur Folgen für das Wachstum einer Volkswirtschaft, sondern auch für die Verteilung von Vermögen und Einkommen einer Volkswirtschaft zwischen ihren Bürgern. Dabei unterscheidet man zwei Arten der Verteilung: die
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