Stadt Aus Blut
beauftragt haben. In seinem Aktenschrank finden sich jedenfalls keine Hinweise auf die Hordes. Allerdings gibt es in seinem Büro einen weiteren Anschluss neben der Telefonbuchse sowie eine leere Laptoptasche. In dieser Hinsicht war Dobbs anscheinend auf dem neuesten Stand. Wer auch immer ihn stranguliert hat, hat auch seinen Computer samt Festplatte und alle Backups, die er im Aktenschrank aufbewahrt hat, mitgenommen. Aber er hat die Bankkarte vergessen. Oder er hat nichts davon gewusst.
– Phil.
Er schenkt mir seine Aufmerksamkeit, obwohl er sich gerade die Frisur richtet.
– Ja?
– Komm, ich geb dir einen aus.
Wir gehen über die 14th zur Beauty Bar.
Sich zu lange in der Nähe einer frischen Leiche aufzuhalten, war noch nie eine gute Idee.
Ein Toter in einem Büro zieht früher oder später die Cops an wie ein Haufen Scheiße die Fliegen. Und wir wollen keine Cops. Wenn sie dich erst mal erwischt haben, gerätst du in ihre Mühlen. Dann heißt es: Geh hierhin, geh dahin, wie es ihnen gerade einfällt. Haben dich die Cops erst mal in der Mangel, hast du keine Kontrolle mehr. Versuch mal, denen klarzumachen, dass du eine Sonnenallergie hast. Kurz darauf stehst du um zwölf Uhr mittags draußen in der prallen Sonne und er hält dir zusätzlich einen Lichtreflektor unter die Nase – da lernst du, deine große Klappe zu halten. Und wenn du dann auch noch versuchst, deinen Zellenkollegen anzuzapfen... Nein, keine Cops. Koste es, was es wolle.
Im Beauty ordere ich an der Bar einen doppelten Bourbon und für Phil einen extravaganten Scotch. Er hat sich auf einem Stuhl niedergelassen, an dem hinten eine altmodische Trockenhaube angeschraubt ist. Ich setze mich ihm gegenüber und reiche ihm seinen Drink.
– Danke, Joe. Kann ich jetzt meinen Stoff zurückhaben? Würde mir im Moment echt nicht schaden.
Stoff, klar. Wer würde jetzt nicht gerne seinen Stoff haben wollen? Ich hab seinen in der Tasche. Und wer gibt mir meinen?
– Später.
– Wie du meinst, Joe.
Er nimmt einen Schluck von seinem Whiskey. Ich stürze meinen hinunter.
– Also, was läuft da für ein Deal, Phil?
– Deal?
Ich hole die Pillen und das Speed aus meiner Tasche. Auf einer der Tabletten, die ich zwischen meine Finger nehme, ist eine Nummer aufgestempelt. Dexi-irgendwas, pharmazeutische Qualität – auf jeden Fall bessere Ware als die kleinen schwarzen Dinger, die er letztes Mal mit sich rumschleppte.
Ich zeige sie ihm.
– Der Deal, den du mit Predo hast.
Wieder macht er einen Satz.
– Himmel, Joe. Sprich diesen Namen doch nicht so laut aus. Besonders nicht in dieser Gegend, wo der Mann nicht unbedingt nur Freunde hat.
Ich zerdrücke die Pille zwischen Daumen und Zeigefinger zu weißem Staub. Philips Augen weiten sich.
– Joe!
Die nächste Pille.
– Ich bin schon länger auf Turkey, Phil. Und das habe ich Mr. Dexter Predo zu verdanken. Wieso sollte es dir anders gehen?
Ich zerdrücke sie.
– Joe? Was machst du da?
Noch mehr weißer Staub.
– Oooooh. Mann.
Er lehnt sich zurück. Seine Frisur verschwindet unter der Trockenhaube.
– Er hat gesagt: Schau dich mal um. Das ist alles. Scheiße.
Die nächste Pille schwebt vor seinem traurigen Gesicht.
– Wann?
– Heute Morgen. Wobei morgens für mich heißt gegen vier Uhr nachmittags. Er hat mich angerufen und meinte: Geh dahin, schau dich um, aber fass ja nichts an.
– Und dann?
– Nichts weiter. Schau dich um. Punkt, Joe. Puuuunkt.
– Wann sollst du ihnen Bescheid geben?
– Sie haben gesagt, sie rufen mich an.
– Wann?
– Bald.
Ich werfe die Pille in die Plastiktüte zurück.
– Sieh zu, dass du schleunigst untertauchst, Phil.
Beim Aufstehen werfe ich die Tüte in seinen Schoß.
– Die kannst du behalten.
Er packt die Tüte, will ebenfalls aufstehen und stößt mit dem Kopf gegen die Trockenhaube. Er setzt sich wieder und reibt sich die Stirn.
– Ich muss zu Hause sein, wenn er anruft. Joe, da geht’s um Leben und Tod.
– Verkriech dich in irgendeinem Loch, Phil. Verkriech dich einfach und verwisch deine Spuren. Und wenn ich rausfinden sollte, dass du mit Predo geredet hast, grab ich dir dein Loch höchstpersönlich.
Auf dem Weg nach Hause gehe ich die Bankauszüge von Dobbs durch. Die Kontonummer darauf stimmt mit der von Amanda Hordes Karte überein. Ich schaue auf die Abbuchungsbeträge: Alles klar. Schlaues Mädchen.
Da ich völlig in die Auszüge versunken bin, bemerke ich die Limousine nicht, die vor meinem Haus parkt. Ich
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