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Stadt Aus Blut

Stadt Aus Blut

Titel: Stadt Aus Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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zurück. Meine Wahrnehmungsfähigkeit schwindet. Morgen werde ich nicht mehr spüren als ein normaler Mensch, und übermorgen noch weniger. Danach wird das Vyrus mein ganzes System auf Turbobetrieb schalten – bis ich so ende wie Jorge. Ich brauche dringend Blut.
    Kein Lichtstreifen unter Dobbs’ Tür. Aus reiner Höflichkeit klopfe ich an. Nichts. Ich lausche. Nur eine alte Klimaanlage, die keucht wie ein Patient mit einer künstlichen Lunge. Die Luft riecht nach Staub, Luftreiniger mit Blumenduft und abgestandenen Fürzen. Diese Tür ist stabiler und mit einem Stahlriegel versehen. In meinem derzeitigen Zustand werde ich sie nicht aufbrechen können. Also krame ich meinen Dietrich raus. Nicht, dass ich als Einbrecher besonders begabt wäre. Aber normalerweise kann ich hören und ertasten, was ich tun muss, um das Schloss aufzubekommen. Nur nicht heute Nacht. Ich schiebe den Spanner in die Öffnung, führe den Haken daran vorbei, um die Stifte zu beharken. Die Tür ist gar nicht verschlossen. Ich stecke den Dietrich weg und hole den Revolver raus.
    In dem winzigen Büro ist niemand – nur Dobbs. Er liegt hinter seinem Schreibtisch auf dem Boden und ist bereits eiskalt. Ein toter Mann mit geronnenem Blut. Er wird mir nichts mehr nützen. Dann bemerke ich die andere Tür. Ich stelle mich neben sie und zieh die Luft durch die Nase. Dobbs wollte sein Klo wohl nicht mit den anderen auf dem Flur teilen und ließ sich sein eigenes einbauen. Es riecht nach einem scharfen Putzmittel. Und nach etwas anderem. Ich schnüffle. Da drin ist jemand. Jemand, den ich kenne.
    Ich trete gegen die Tür, sodass sie aus der oberen Angel springt. Sie fliegt auf und hängt schief im Raum. Er sitzt auf der Schüssel und hebt die Hände.
    – Ich war’s nicht.
    – Wir sollten uns nicht ständig auf irgendwelchen Klos treffen, Philip. Sonst fangen die Leute noch an zu reden.
     
    Philip sitzt in Dobbs Bürostuhl, während ich die Leiche untersuche. Er wurde stranguliert. An sich nichts Außergewöhnliches, aber wiederum auch nicht so einfach, wie es sich anhört. Der Raum zeigt keine Spur von Verwüstung – es fand kein Kampf statt. Jemand hat ihn überrumpelt. Offensichtlich eine Person, die er kannte oder der er zumindest so weit vertraute, dass er sie in sein Büro ließ. Und als er sich umdrehte, hatte er auch schon einen Unterarm um die Kehle. Die vielen Blutergüsse sprechen zumindest dafür, dass der Job mit dem Unterarm erledigt wurde. Von jemandem, der stark und sehr schnell war.
    Ich versuche, seinen Geruch zu erfassen, was verdammt schwer ist. Es ist der Duft von jemandem, der gut geduscht war, aber kein Parfum trug. Jedenfalls ist es nicht Daniels komischer Geist. Das beruhigt mich. Vielleicht hat die ganze Sache ja überhaupt nichts mit mir zu tun. Möglicherweise ist Dobbs nur jemandem auf die Füße getreten, dem er besser nicht auf die Füße hätte treten sollen. Vielleicht aber auch nicht. Ich durchsuche seine Taschen. Schlüssel, eine halbe Rolle Pfefferminzdrops, Lippenbalsam, eine Brieftasche samt Ausweis und ein paar Kreditkarten. Einige Kontoauszüge, aber keine Bankkarte.
    – Phil, wo ist seine Bankkarte?
    – Also weißt du, Joe, ich wollte mit dem Typen nur ein paar Takte reden, wegen einem Job und so...
    – Deine Scheißgeschichte kannst du mir später erzählen. Wo ist die Karte, hab ich gefragt.
    – Ja, wie gesagt, Joe, ich bin hier reingekommen, weil die Tür offen stand, und da lag er, und ich wollte eigentlich nur so schnell wie möglich abhauen. Wie sieht das denn aus, wenn man mit einem Toten im selben Zimmer erwischt wird? Nicht gut. Aber dann kam wer die Treppe rauf – jetzt weiß ich ja, wer das war – und ich dachte mir, ich versteck mich lieber mal im Klo. Und dann hattest du schon die Tür eingetreten, bevor ich mir ihn überhaupt richtig ansehen konnte, geschweige denn seine Leiche anfassen oder umdrehen. O Mann, so was könnte ich nie, schon allein bei der Vorstellung krieg ich echt Gänsehaut.
    Ich drehe Dobbs’ Kopf zur Seite, um die Blutergüsse besser betrachten zu können. Sein Toupet rutscht ihm von der Glatze, und er bietet von Moment zu Moment einen traurigeren Anblick.
    – Phil, wenn ich dich jetzt bei den Füßen packen, umdrehen und schütteln muss, werde ich richtig sauer.
    Er steht auf und leert seine Taschen auf den Schreibtisch.
    – Ich will alles sehen. Alles.
    Er häuft ungefähr denselben Müll auf den Tisch, wie er es vor ein paar Nächten auf dem Toilettenboden des

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