Stadt Aus Blut
wird’s nicht gefallen, wenn er heimkommt und sieht, wie ihr euch aufführt.
Tom versucht verzweifelt, mir an die Kehle zu springen. Hurley legt eine Hand auf seine Schulter. Sofort wird er ruhig. Hurley dreht sich zu mir um.
– Vielleicht hältst du besser mal die Schnauze, Joe.
Ich betrachte die kleine Pfütze Blut auf dem Boden vor meinen Füßen. Vielleicht sollte ich sie auflecken.
– Ja, ja, hast recht, Hurley. Sogar du hast ab und zu mal einen Geistesblitz, was?
Er grunzt.
– Kannst du dich an letztes Mal erinnern, Joe? Da hast du auch dein Maul so weit aufgerissen.
– Ja.
– Und da war ich noch nett.
Also halte ich das Maul. Er schaut Lydia und Tom an.
– Gebt euch mal die Hand. Dass da wieder Ruhe herrscht.
Tom stöhnt auf.
– Ach komm, Hurley.
Lydia streckt die Hand aus.
– Er hat recht, Tom. Wir stehen alle auf einer Seite. Wir können es nicht zulassen, dass es so mit uns durchgeht.
Sie lächelt ihm zu. Tom nimmt ihre Hand. Sie drückt zu. Fest. Hurley kriegt nichts davon mit. Tom reißt seine Hand ruckartig zurück und will ihr eine verpassen.
– Blöde Schlampe!
Hurley fängt Toms Schlag ab und gibt ihm einen leichten Schubs, der ihn an die gegenüberliegende Wand krachen lässt.
– Tom, geh spazieren.
– Was zum Teufel...
– Terry würd das nicht gefallen. Also dreh mal ’ne Runde.
– Draußen ist es hell.
– Dann geh nach oben.
– Aber der Arschf...
Hurley hebt den Zeigefinger.
– Okay, alles klar. Ich bin ganz cool. Ich geh schon. Aber sperr den Scheißspion wieder ein.
Hurley zuckt mit den Achseln.
– Klar.
Er geht auf mich zu, hebt mich auf und wirft mich in die Zelle zurück. Ich höre, wie das Schloss zuschnappt. Tom geht die Treppe hoch. Auf halbem Weg bleibt er stehen.
– Lydia, du hast recht. Wir sind alle auf derselben Seite. Werd ich mir merken, Baby.
Hinter ihm fällt eine Tür zu. Hurley setzt sich auf einen Stuhl, der ächzend protestiert.
– Siehste, geht doch. Alle vertragen sich wieder.
– Er behauptet zwar, Anarchist zu sein, aber eigentlich ist er ein Faschist. Wusstest du, dass er mal Uniformen haben wollte? Echt. T-Shirts oder Armbänder für jedes Mitglied der Society. Und es kommt noch besser. Er wollte, dass jeder irgendwie gekennzeichnet ist, je nachdem, in welches Lager er gehört. Anarchisten, die schwul-lesbische Gemeinde, Kommunisten. Alle, die irgendwie mit der Society zu tun haben. Er hat behauptet, es würde die Gemeinschaft stärken, weil wir uns alle auf der Straße sofort erkennen können. Aber was er wirklich will, ist eine Art Klassifizierung. Damit er seine Feinde sofort erkennen und sie ausschalten kann, wenn er an der Macht ist. Er behauptet zwar, er unterstützt die Ziele der BLSAO, aber in Wahrheit gehen wir ihm tierisch auf die Nerven. Als ich infiziert wurde, waren die schwulen Vampyre noch nicht mal richtig organisiert und schon gar nicht in der Generalversammlung vertreten. Und jetzt muss er sich bei jeder Sitzung mit uns rumschlagen. Der kleine Faschistenarsch. Er bewirbt sich als Sicherheitschef. Der ist jetzt schon ein halber Stalin. Wenn er damit durchkommt, wird aus ihm ein ausgewachsener Hitler.
Sie sitzt drüben im anderen Raum am Tisch und isst eine Portion von Toms seltsamem Gemüseeintopf.
– Und wenn er erst mal für die Sicherheit zuständig ist, bist du der Nächste, Hurley. Jetzt verlässt er sich noch auf deine Muskeln. Aber wenn er seine Chance kriegt, wird er seine Anarchisten mit Springerstiefeln und Schlagstöcken ausstaffieren. Dann braucht er dich nicht mehr. Verstehst du jetzt, warum wir aufeinander aufpassen müssen?
– Ich pass auf jeden auf, Lydia. So wie’s Terry gesagt hat.
– Ja, klar. Aber sind Terrys Interessen auch deine? Willst du dein ganzes Leben lang nur seine Befehle befolgen?
– Bis jetzt war’s okay.
– Ja, verstehe, aber...
Ich werde von Krämpfen geschüttelt und muss mir zusätzlich diese Scheiße anhören. Das ist zu viel.
– Hey, Lydia.
Schweigen.
– Lydia.
– Was?
– Ich unterbreche dich ungern dabei, wenn du Hurley die Prinzipien der freien Persönlichkeitsentfaltung erklärst, aber mir geht’s nicht so besonders hier drin.
– Ja, hast vorhin schon ein bisschen blass ausgesehen.
– Vielleicht kannst du mir mein abgezapftes Blut geben?
– Tut mir leid, Joe, aber das ist Toms Beweisstück A gegen dich. Ich kann das kleine Arschloch auch nicht leiden, aber trotzdem bleibt es ein Beweismittel.
– Hättest du ein bisschen was
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