Stadt Aus Blut
Beine waren völlig im Arsch. Konnte nicht mal mehr kriechen. Aber das war schnell wieder verheilt, kennst du ja. Meine Gedärme waren ein einziger Brei und der Rest Knochensplitter. So eine Scheiße dauert länger.
– Klar.
– Also lieg ich da so rum. Eine Woche. Hatte viel Blut verloren, und es hat ziemlich lang gedauert, bis ich wieder komplett war. Da hat mich das Vyrus gepackt. Ich war da nur rumgelegen und hab gebetet, dass die Sonne nicht bis ins Rohr reinscheint oder so.
– Klingt übel.
– Ich schwör’s dir. Dachte, es wär vorbei, wurde aber immer schlimmer. Mein Bauch. Mein Kopf. Meine Haut. Zum Schluss hatte ich sogar Schmerzen in meinen scheiß Haaren.
Da habe ich ja was, auf das ich mich freuen kann.
– In der zweiten Woche hat’s einfach aufgehört.
– Die Schmerzen?
– Alles. Ich hab nichts mehr gefühlt. Ich dachte, jetzt is Feierabend. Den ganzen verdammten Tag hab ich nichts gefühlt. War komisch. Aber dann wurd’s erst richtig abgefahren.
– Warum?
– Weil, auf einmal fühlte ich alles.
Nager-Attacke.
– Tut mir leid. Hab das Letzte nicht mitgekriegt.
– Klar. Hab dich schon gehört. Also, ich denke dran, was man sich so erzählt. Was passiert, wenn das Vyrus kurz vorm Abnippeln ist. Ich war plötzlich topfit. Mehr als topfit. Und ich hatte einen Hunger, Mannomann. Bin einfach aufgesprungen und die Straße runtergerannt. Gleich das erste Auto hat angehalten. Hab wohl so ausgesehen, als hätte ich einen Unfall gehabt. Stimmt ja auch. Die Familie in dem Auto kam gar nicht dazu, mir irgendwelche Fragen zu stellen. Mann, hab ich gefressen. Das war ein Festmahl, Joe. Träum ich heut noch von.
– Die Enklave erzählt auch so was. Daniel sagt, so wären sie die ganze Zeit drauf.
– Das Gleiche hat Terry auch gesagt, als ich zurückkam und ihm alles erzählt hab.
– Terry war damals auch dabei?
– Klar, wir sind alte Kumpels.
– Aber so alt? Ich dachte...
– Jetzt ist Schluss mit Märchenstunde. Halt einfach das Maul. Ich hab Wichtigeres im Kopf als das Zeug von früher.
Er schweigt endgültig, aber das ist in Ordnung. Ich muss erst mal was anderes verdauen. Ich dachte immer, Terry stammt aus den Sechzigern, aus der Zeit der Society. Bis jetzt hat jedenfalls noch nie jemand was anderes behauptet.
Dann ist der fiese Nager wieder da, und ich denke an gar nichts mehr.
– Hey, Pitt.
Zeit ist vergangen. Wenn auch nicht sonderlich angenehm.
Ich erwache aus meiner letzten Ohnmacht. Helles Licht scheint mir in die Augen. Ich öffne sie, und sehe, dass es viel mehr als nur Licht ist.
– Lydia ist auf einem ihrer Schwuchteltreffen.
Ich will den Kopf heben und sofort donnert er ihn zurück auf den Boden.
– Und Hurley hört sich mal um, ob es was Neues von Terry gibt.
Ich bewege meinen Kopf nicht mehr, also tritt er dagegen.
– Rate mal, wer dich jetzt bewachen darf?
Jetzt lässt er erst mal eine Salve von Schlägen und Tritten auf mich los. Er weiß, dass das in meinem Zustand auch nicht mehr viel ausmacht. Trotzdem scheint er es zu genießen.
– Du siehst scheiße aus, Pitt. Aber weißt du, was noch schlimmer aussieht? Deine Zukunft.
Er tritt mich noch einmal. Ich stöhne auf. Er nickt zufrieden.
– Ganz genau. Ziemlich düster. Noch düsterer als vor ein paar Stunden. Weißt du, wieso?
Einer meiner Backenzähne hängt nur noch an einem Hautfetzen. Ich greife mit den gefesselten Händen in den Mund, pule den Zahn heraus und werfe ihn auf den Boden.
– Ach, du machst das Knochenorakel?
Er lacht.
– Mann, ich kann’s kaum erwarten, dass du endlich aufgibst. Dann bist du nicht mehr der harte Mann, sondern die verschissenste Heulsuse, die die Welt je gesehen hat.
– Jetzt machst du aber einen auf Wahrsager.
– Wir haben den Teenie gefunden, den du suchst.
O Scheiße.
– Ja. War ziemlich eklig, Joe. Sehr eklig sogar.
Gottverdammte Scheiße. Die Kleine.
– Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Hast du im Ernst geglaubt, dort würde ihn keiner finden?
Ihn?
– Wir haben ihn gefunden. Ein paar von meinen Jungs waren auf der Suche nach einem neuen Versteck und haben die Keller unter der B durchgekämmt. Dann haben sie ihn gerochen. Er war an einen Pfosten gefesselt, das Genick gebrochen. Mitsamt seinem Hund. Warum hast du ihn so zerschnitten, Joe? Wolltest du die Einstichlöcher vertuschen?
Leprosy.
– Du wirst immer gieriger und schlampiger. Wahrscheinlich, weil du so oft in Uptown bist. Scheiße, jeder weiß doch, dass
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