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Stadt Aus Blut

Stadt Aus Blut

Titel: Stadt Aus Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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überstanden. Ich brauche nicht lange, um eins zu finden, dessen Halterung irgendwann aus dem Backstein rausgerissen wurde.
    Ich kann zwar die untere Ecke des Gitters aufbiegen, aber nicht durchschlüpfen. Ich gehe in die Hocke, packe das Gitter mit beiden Händen und stemme es mit Armen und Beinen so fest ich kann nach oben. Es besteht aus massivem Stahl in Form eines Maschendrahtzaunes und ist an den Rändern ziemlich scharf. Die spitzen Enden bohren sich in meine Hände und durch das Foto, das ich, wie ich gerade bemerke, immer noch in der Hand halte. Immerhin gibt das Gitter ein kleines Stück nach. Da höre ich ein Stück die Straße hinunter das Brummen eines Müllautos; und nur einige Meter neben mir türmt sich ein riesiger Abfallberg auf dem Gehsteig. Ein weiterer Krampf, und ich habe das Gefühl, es reißt mir die Beine unterm Hintern weg. Meine Knie geben nach, und das Gitter droht an seine alte Position zurückzuschnappen. Mit quietschenden Bremsen hält das Müllauto vor dem Schulgebäude. Ich schließe die Augen und drücke mit aller Kraft gegen das Gitter, wobei sich seine scharfen Spitzen durch meine Hände bohren. Aber immerhin lässt es sich so weit nach oben biegen, dass es vielleicht zum Hindurchschlüpfen reichen könnte. Gerade, als ich meine Hände aus den spitzen Enden der Gitterstäbe befreit habe, kommt der Müllwagen quietschend zum Stehen. Mit der Faust zertrümmere ich die Fensterscheibe, umklammere den scharfkantigen Fensterrahmen und ziehe mich hoch. Glassplitter bohren sich in meinen Bauch, was mal eine Abwechslung zu den dauernden Krämpfen darstellt. Meine Hose bleibt am Gitter hängen. Ich zerre sie los und robbe in das leere Klassenzimmer. Dann knie ich mich hin und spähe durchs Fenster nach dem Lastwagen, aus dem gerade die Müllmänner steigen. Vorsichtig versuche ich das Gitter wieder herunterzuziehen, damit man es von der Straße aus nicht sofort bemerkt. Geht zumindest leichter als es hochzudrücken. Danach kann ich gerade noch das blutverschmierte Foto von den Enden der Gitterstäbe pflücken, bevor ich endgültig zu Boden gehe.
     
    Die Krämpfe sind wie eine große Hand, die ihre Finger in meine Eingeweide gerammt hat und sich zur Faust ballt. Auf allen vieren krieche ich zur Kellertür und ziehe dabei eine Blutspur hinter mir her. Die Treppe bewältige ich allein mithilfe der Schwerkraft, die mich nach unten taumeln lässt. Am Fuß der Treppe will ich einfach nur noch liegen bleiben, ein erbärmliches Häufchen aus Blut, Glassplittern und gebrochenen Knochen. Stattdessen entspannt sich die Faust für einen Moment, den ich nutze, um auf die Beine zu kommen. Sollte irgendjemand die Schule betreten, wird er sicher die blutigen Handabdrücke bemerken, die in den Keller führen, und ihnen folgen. Ich brauche ein Loch, in das ich mich verkriechen kann. Damit nicht noch mehr Blut auf den Boden tropft, stecke ich die Hände unter die Achseln. Mich an meinen letzten Besuch erinnernd, finde ich den Weg durch das muffige Dunkel. Mit der Schulter stoße ich die Tür zum Lagerraum auf und klappe hinter einem Stapel kaputter, mit Graffiti beschmierter Pulte zusammen. Die Faust schließt sich.
    Scheißescheißescheißescheiße. Bitte! Lass das aufhören!
    – Hey?
    Stopstopstopstop!
    – Hey.
    Bittebittebittebitte!
    – Hau ab.
    Neinneinneinnein!
    – Das ist mein Platz. Raus hier.
    – Nein. Ich will nur. Lass mich in Ruuuuauuuu!
    – Vergiss es, du Wichser. Ich... Scheiße, du bist ja völlig im Arsch.
    Der Griff der Faust um meine Eingeweide entspannt sich etwas. Ich öffne die Augen.
    Ein paar Meter neben mir hockt das Mädchen, dessen Bild meine blutige Hand umklammert hält. Sie leuchtet mir mit der Taschenlampe ins Gesicht.
     
    Sie deutet auf mein Gesicht.
    – Waren das die Bullen?
    – Nein.
    – Nein?
    – Nein.
    Sie deutet auf meinen Kopf.
    – Und was ist das?
    Ich lange dorthin, wo ihr Finger hinzeigt. Die Handschelle an meiner linken Hand schlägt an mein Kinn.
    Sie schüttelt den Kopf.
    – Also nicht die Cops, was?
    – Genau.
    – Uh-huh. Wie auch immer. Trotzdem wirst du jetzt verschwinden.
    – Hast du das Loch hier gemietet oder was?
    – Nein, habe ich nicht. Aber es ist mein Versteck. Such dir selbst eins.
    Ich berühre mein Gesicht.
    – Ich glaube nicht, dass ich noch weit komme.
    – Warum? Die Bullen sind ja angeblich nicht hinter dir her.
    – Ich muss hierbleiben.
    Sie steht auf.
    – Führ dich nicht auf wie ein Arschloch. Du kannst nicht bleiben,

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