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Stadt aus Glas

Titel: Stadt aus Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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erinnern kann. Huhu. Wohl oder übel. Einfaltspinsel. Verzeihen Sie. Sie sagen, sie sagen. Aber was sagt der arme kleine Peter? Nichts. Nichts. Nichts mehr.
    Da war dies. Dunkel. Sehr dunkel. So dunkel wie sehr dunkel. Sie sagen: Das war das Zimmer. Als ob ich darüber reden könnte. Die Dunkelheit, meine ich. Danke.
    Dunkel, dunkel. Sie sagen, neun Jahre lang. Nicht einmal ein Fenster. Armer Peter Stillman. Und das Klatsch, Klatsch, Klatsch. Die Kackehaufen. Die Pipiseen. Die Ohnmachten. Verzeihen Sie. Starr und nackt. Verzeihen Sie. Nicht mehr. Da ist also die Dunkelheit. Das können Sie mir glauben. Es gab Essen in der Dunkelheit, ja, viel Essen in dem stillen, dunklen Zimmer. Er aß mit den bloßen Händen. Verzeihen Sie. Ich meine Peter. Und wenn ich Peter bin, um so besser. Das heißt, um so schlechter. Verzeihen Sie. Ich bin Peter Stillman. Das ist nicht mein richtiger Name. Danke.
    Armer Peter Stillman. Ein kleiner Junge war er. Kaum ein paar eigene Wörter. Und dann keine Wörter, und dann niemand, und dann nie, nie, nie. Nicht mehr.
    Vergeben Sie mir, Mr. Auster. Ich sehe, daß ich Sie traurig mache. Keine Fragen, bitte. Mein Name ist Peter Stillman. Das ist nicht mein richtiger Name. Mein richtiger Name ist Mr. Traurig. Wie heißen Sie, Mr. Auster? Vielleicht sind Sie der richtige Mr. Traurig, und ich bin niemand. Huhu! Verzeihen Sie. So ist mein Weinen und Klagen. Huhu, schluchz, schluchz. Was tat Peter in diesem Zimmer? Niemand kann es sagen. Manche sagen, nichts. Ich für mein Teil denke, daß Peter nicht denken konnte. Konnte er blinken? Konnte er trinken? Konnte er stinken? Hahaha. Verzeihen Sie. Manchmal bin ich so witzig.
    Wimbelklick krümelknatsch unner. Klappklapp beschlapp. Tauber Ton, flackelviel, Kaumanna. Jajaja. Verzeihen Sie. Ich bin der einzige, der diese Wörter versteht.
    Später und später und später. So sagen sie. Es dauerte zu lange für Peter, als daß er noch richtig im Kopf hätte sein können. Nie wieder. Nein, nein, nein. Sie sagen, daß mich jemand fand. Ich erinnere mich nicht. Nein, ich erinnere mich nicht, was geschah, als sie die Tür öffneten und das Licht hereinkam. Nein, nein, nein. Ich kann über all das nichts sagen. Nicht mehr.
    Lange trug ich eine dunkle Brille. Ich war zwölf. Das sagen sie jedenfalls. Ich lebte in einem Krankenhaus. Nach und nach lehrten sie mich, Peter Stillman zu sein. Sie sagten: Du bist Peter Stillman. Danke, sagte ich. Jajaja. Danke und danke. Sagte ich.
    Peter war ein Baby. Sie mußten ihm alles beibringen. Wie man geht, wissen Sie. Wie man ißt. Wie man auf der Toilette Aa und Pipi macht. Das war nicht übel. Auch wenn ich sie biß, gab es kein Klatsch, Klatsch, Klatsch. Später hörte ich sogar auf, mir die Kleider herunterzureißen. Peter war ein braver Junge. Aber es war schwer, ihm Wörter beizubringen. Sein Mund arbeitete nicht richtig. Und natürlich war er in seinem Kopf nicht ganz richtig. Bababa, sagte er. Und dadada. Und wawawa. Verzeihen Sie. Es dauerte noch Jahre und Jahre. Jetzt sagen sie zu Peter: Du kannst nun gehen, wir können nichts mehr für dich tun. Peter Stillman, du bist ein Mensch, sagten sie. Es ist gut zu glauben, was Ärzte sagen. Ich danke ihnen sehr.
    Ich bin Peter Stillman. Das ist nicht mein richtiger Name. Mein richtiger Name ist Peter Karnickel. Im Winter bin ich Mr. Weiß, im Sommer bin ich Mr. Grün. Halten Sie davon, was Sie wollen. Ich sage es aus meinem eigenen freien Willen. Wimbelklick krümelknatsch unner. Das ist schön, nicht wahr?
    Ich erfinde immerzu solche Wörter. Dagegen ist nichts zu machen. Sie kommen ganz von selbst aus meinem Mund. Übersetzen kann man sie nicht. Fragen und fragen. Das führt zu nichts. Aber ich will es Ihnen erzählen. Ich will nicht, daß Sie traurig sind, Mr. Auster. Sie haben ein so freundliches Gesicht. Sie erinnern mich an ein Sowas oder ein Stöhnen, ich weiß nicht, welches von beiden. Und Ihre Augen sehen mich an. Ja, ja. Ich kann sie sehen. Das ist sehr gut. Danke.
    Deshalb will ich es Ihnen erzählen. Keine Fragen, bitte. Sie wollen wissen, wie alles andere war. Das heißt, der Vater. Der schreckliche Vater, der dem kleinen Peter all das angetan hat. Seien Sie unbesorgt. Sie haben ihn an einen dunklen Ort gebracht. Sie haben ihn eingesperrt und behalten. Hahaha. Verzeihen Sie. Manchmal bin ich so witzig. Dreizehn Jahre, sagten sie. Das ist vielleicht eine lange Zeit. Aber ich weiß nichts von der Zeit. Ich bin jeden Tag neu. Ich werde geboren, wenn ich morgens

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