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Stadt aus Sand (German Edition)

Stadt aus Sand (German Edition)

Titel: Stadt aus Sand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario , Enzo d'Alò , Gaston Kaboré
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Entsetzt von dieser Vorstellung legte sich Rokia die Hand auf den Mund. »Aber das ist ja furchtbar!«
    »Ganz meine Meinung! Pah!« Ayad spuckte aus. »Nur noch Süppchen schlürfen und für immer schweigen. O nein. Das wäre nichts für mich. Und trotzdem … wenn du wüsstest, wie viele Leute Wachen für den … also, in der Stadt werden wollen.«
    »Was weißt du denn über den Fürsten der Stadt aus Sand?«
    »Oooh! Das reicht jetzt, Mädchen! Kein Wort mehr!«, schrie Ayad entsetzt. Er fing an, auf sein Dromedar einzuschlagen, weil er absteigen wollte. »Du auch, verfluchtes Vieh! Willst du endlich stehen bleiben, Manet? Brr! Sofort Halt!«
    »Das ist Monet, Ayad. Und verrätst du mir mal, was ich so Furchtbares gesagt habe?«
    Ayad schlug noch einige Meter lang auf das Dromedar ein, dann verzog er angewidert das Gesicht, resignierte und ließ es einfach weiterlaufen. »Was du so Furchtbares gesagt hast? Du darfst niemals den Namen des Fürsten der Stadt aus Sand aussprechen.«
    »Du hast es doch auch gerade getan.«
    Ayad warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Was … wie bitte?«
    »Du hast gesagt, man darf seinen Namen nicht aussprechen, und dann hast du es gerade getan. Und du bist nicht gestorben.«
    »Bei allen Dämonen! Willst du wirklich das schlimmste aller schlimmen Schicksale für uns heraufbeschwören?« Ayad packte seine zahllosen Ketten und ließ bemalte Steine, Halbmonde, Sterne, Kreuze und andere religiöse Symbole durch seine Finger gleiten, hob und senkte sie, während er sich in halbherzigen Gebeten erging.
    »Großvater sagt, es ist sinnlos, wenn man zu hundert verschiedenen Göttern betet.«
    »Mag schon sein, aber es beruhigt mich.«
    Rokia ließ ihm die Zeit, sich abzureagieren, dann fragte sie ihn: »Wie ist er denn so?«
    Ayad ließ eine letzte Halskette los: »Wer?«
    »Der, über den man nicht reden darf.«
    »Du bist vielleicht starrköpfig!«, antwortete der Tablier und umklammerte schnell wieder einige seiner Amulette.
    »Ich möchte nur wissen, wie er ist, falls ich wirklich Gelegenheit bekomme, mit ihm zu reden.«
    »Und wie willst du das anfangen?«
    »Das weiß ich nicht. Deswegen habe ich dich ja gefragt.«
    »Niemand hat ihn jemals gesehen. Das liegt auch daran, dass er seinen Palast aus Sand nie verlässt. Wenn man all den Gerüchten Glauben schenkt, die ich gehört habe, könnte er ebenso gut ein Riese sein. Oder ein Pygmäe.«
    »Wenn er den Palast nie verlässt, wird doch jemand zu ihm hineinkommen.«
    »Pah!«, fluchte Ayad. »Niemand kommt in den Palast.« Dann schien er seine Worte noch einmal zu überdenken. »Außer den Wachen vielleicht. Den Wachen und den Tieren. Den Wachen, den Tieren und denen, die Tiere verkaufen.«
    Raogo, der sich in der Hängematte unter dem Bauch des Dromedars ausgestreckt hatte, jaulte, drehte sich herum und sprang auf den Boden, um ihnen dann in gebührendem Abstand zu folgen.
    »Was hat er denn auf einmal?«, fragte Rokia.
    »Er meint, wir sollten besser das Thema wechseln.« Ayad biss sich einen Hautfetzen an einem Fingernagel ab. »Jedenfalls begreifst du es immer noch nicht, Mädchen. Wenn jemand diesen Palast betritt, dann nur, weil er es so will. Und wenn dieser Jemand wieder herauskommt, dann auch nur, weil er es ihm erlaubt.«
    »Und die Tiere?«
    »Ich will dir mal was erzählen. Ab und zu taucht einer meiner Kollegen, einer, der neu in der Stadt ist und nicht Bescheid weiß, im Gasthaus Zum Rosafarbenen Stein auf und sagt, er habe irgendein seltenes exotisches Tier, das er im Palast verkaufen wolle. Der arme Kerl glaubt, damit könnte er reich werden. Und dann passiert regelmäßig dasselbe …« Ayad schnalzte bedauernd mit den Lippen.
    »Was passiert denn mit ihm?«
    »Wer weiß das schon? Niemand ist je zurückgekehrt, um es uns zu erzählen. Im Gasthaus haben wir schon einen Namen dafür, wir nennen das ›Lokalrunde des Todes‹. Wenn wir jemanden sehen, der mit einem kleinen Papagei auf der Schulter in die Stadt kommt und sagt, er wolle ihn im Palast verkaufen, dann folgen wir ihm alle Zum Rosafarbenen Stein . Der Kollege ist so glücklich über seine Idee, dass er allen anderen einen ausgibt. Am folgenden Morgen geht er zum Palast, und wir teilen alles, was er in seinem Zimmer gelassen hat, unter uns auf, weil wir wissen, dass er von dort nie wieder zurückkehren wird. Weder er noch der kleine Papagei.«
    Rokia drehte sich um und sah Raogo besorgt an, der ihnen in hundert Schritt Entfernung auf der Karawanenstraße

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