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Stadt aus Sand (German Edition)

Stadt aus Sand (German Edition)

Titel: Stadt aus Sand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario , Enzo d'Alò , Gaston Kaboré
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gesagt.
    Deshalb konnte er sich nicht freuen. Weil er gerade im Begriff stand, den einzigen Menschen zu verkaufen, der sich je um ihn gekümmert hatte.
    »Gilt der Handel?«, fragte Ubalebe dröhnend und erhob sich, während die verrosteten Federn des Sofas unter ihm knarzten.
    »Nein«, sagte der Händler leise. Und dann wiederholte er lauter: »O nein.«
    Und dann war es, als sei in ihm ein Damm gebrochen: Er spürte, wie in seine Schultern, dann in Herz, Bauch und Beine eine frische, lebensspendende, elektrisierende Flüssigkeit rann. Das Öl des Blutes, hätte Matuké dazu gesagt. Es war ein so unerwartetes und intensives Gefühl, dass Ayad beinahe laut auflachen musste. »Nein … Nein! Wirklich nein!«, wiederholte er und konnte es nicht oft genug wiederholen. »Wir haben uns absolut missverstanden!«
    Ubalebe ließ sich wieder auf sein altes Sofa fallen, während Kabir sich unverzüglich erhob und Ayad ein Zeichen gab, dass sie gehen sollten.
    »In dem Fall könnten wir vielleicht ins Geschäft kommen«, sagte er. »Kennst du mein Lokal?«
    In den Augen des Tablier blitzte ein neuer Gedanke auf. »Das kommt darauf an. Um welches Lokal geht es denn?«
    Die beiden redeten miteinander, bis sie bei den Dromedaren angekommen waren. Kabir hatte Ayad eine Hand auf die Schulter gelegt, der seinerseits ein wenig unsicher lächelte.
    Und als ihm Kabir sein Angebot machte, riss er die Augen weit auf und blieb stehen.

    »Also, wenn ich richtig gerechnet habe …«, wiederholte er, während sie weiter auf die junge Frau mit dem safrangelben Schleier zugingen. »Also, wenn Rokia jeden Abend in Eurem Lokal auftritt … für fünfzig pro Abend …«
    »Dann hättest du in nicht ganz einem Jahr dasselbe verdient … Aber das Mädchen würde frei bleiben.«
    »Und könnte nach seinem Großvater suchen.«
    »Wenn sie den gefunden hat, würdest du das Doppelte erhalten … Natürlich nur, wenn der Großvater damit einverstanden wäre, bei mir zu singen.«
    Ayad klatschte in die Hände. »Ja, das ist großartig!«, sagte er. »Ich bin dabei!«
    Kabir besiegelte das Geschäft mit einem starken und entschiedenen Händedruck.
    »Rokia!«, rief Ayad und klemmte sich das blaue Kästchen unter den Arm. Sich anständig zu benehmen war eine wunderbare Erfahrung gewesen. Und die Vorstellung, Rokias Agent zu werden, war schlichtweg genial. »Rokia!«
    Wo steckte sie bloß? Er konnte sie nirgendwo entdecken.
    »Ich glaube, sie ist fort«, meinte Kabirs Frau.
    Die Augen des Tablier verengten sich zu zwei schmalen Schlitzen. »Was soll das heißen … fort?«
    Ayad suchte Raogo mit dem Blick, und als er ihn neben den Dromedaren entdeckte, funkelte er ihn böse an. »Du! Du bist das gewesen, nicht wahr?«
    Der Wüstenfuchs ließ die Ohren hängen und klemmte den Schwanz zwischen die Beine.
    »Ich hatte dich doch gebeten, sie im Auge zu behalten!«, explodierte Ayad und schmiss das blaue Kästchen auf den Boden. »Du solltest sie bewachen! Ich habe mich auf dich verlassen!«
    Das blaue Kästchen rollte klappernd zu den Dromedaren, die nicht einmal mit der Wimper zuckten.
    »Ein sehr gutes Schloss«, bemerkte Kabir gleichmütig.
    Dann legte er den Arm um seine junge Gemahlin und verschwand in den geheimnisvollen Gassen der Stadt aus Sand, wobei man seinen Stock gleichmäßig auf den Boden klopfen hörte.

DER TRÖDLER
    Rokia rannte lange und versuchte, so viel Raum wie möglich zwischen sich und den Sklavenhändler zu bringen. Die Straßen, durch die sie gelaufen war, waren dreckig und voller finsterer Gestalten. Sie spürte, wie deren Blicke sie verfolgten, und mehr als einmal dachte sie, dass sie gleich jemand packen und zu Ubalebe zurückbringen würde.
    Doch das geschah nicht.
    In einer ruhigen Straße, von der eine Allee mit hohen schlanken Bäumen abging, hielt Rokia an, um wieder zu Atem zu kommen. Die Luft schwirrte vor Insekten. Sie blickte sich um, bevor sie das Gris-gris an ihrem Hals öffnete, und nachdem sie noch einmal kontrolliert hatte, dass sie auch niemand beobachtete, zog sie die beiden Bernsteinstücke heraus und streichelte sie sanft.
    »Entschuldige, dass ich so viel Zeit verloren habe, Großvater«, sagte sie und verstaute die Steine wieder in dem kleinen Beutel. »Aber könntest du mir jetzt bitte helfen, damit ich weiß, was ich tun soll?«
    Da löste sich ein großer Vogel aus den Zweigen und flog auf den Palast des Fürsten zu. Rokia deutete das als ein Zeichen. Sie wandte sich in diese Richtung und kam dabei in

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