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Stadt der blauen Paläste

Stadt der blauen Paläste

Titel: Stadt der blauen Paläste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bayer
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eingeschlagen hatten. Vor allem deswegen, da sie ganz sicher war, dass über die Mitreise Biancas noch nicht das letzte Wort gesprochen war.
    Es war der Sturm, der Crestina nach Afrika führte. Nachdem die acqua alta die ganzen Tage bereits jegliches Gondelfahren erschwert hatte, machte es der Sturm nun vollends unmöglich. Und als an diesem Morgen die Fensterläden zu klappern begannen und ein Sturm sich ankündigte, waren alle im Haus unterwegs, um die Läden zu schließen und die Türen zu sichern. Crestina rannte ins Kaminzimmer, weil sie wusste, dass Ludovico, den sie ins Erdgeschoss geschickt hatte, dort vor seinem Arbeitsplatz meistens die Fenster geöffnet hatte. Als sie den Raum betrat, flogen ihr bereits die Karten entgegen, mit denen ihr Sohn gearbeitet hatte. Sie nahm sie rasch auf, legte sie an seinen Platz, dabei blieben ihre Augen an einer Karte hängen, die sie bisher noch nicht hier gesehen hatte. Sie wusste nur von einem Kapitän, der eine andere Route nach Konstantinopel ausprobieren und zuvor Zypern besuchen wollte, weil er dort Geschäfte zu machen hatte. Von Afrika, das hier nun in voller Größe zu sehen war, war nie die Rede gewesen. Sie beugte sich über die Karte, die Ludovico wohl soeben kopiert und vergrößert hatte, ein Ausschnitt, der ein Stück der westafrikanischen Küste aufzeigte. Eine zweite Karte, die daran befestigt war, zeigte den Weg zu den Westindischen Inseln und den Weg nach England. An einigen Stellen der Karten waren rote Kreise um ganz bestimmte Punkte gezogen. Zum Beispiel um einen Ort in Afrika, der Bonny hieß. Von dort aus führte ganz offensichtlich eine Route nach Barbados und Jamaika und dann weiter nach England.
    Bevor sie in ihrem Kopf die Alarmglocke läuten hörte, stürzte Ludovico zur Tür herein und blieb wie erstarrt stehen, als er sah, womit seine Mutter beschäftigt war.
    »Du bringst mir alles durcheinander«, sagte er dann bemüht ruhig. »Jetzt muss ich vermutlich wieder von neuem anfangen.«
    Crestina richtete sich mühsam auf, blickte ihren Sohn prüfend an.
    »Du hattest mir von Barbados und Jamaika erzählt«, sagte sie dann stockend, »aber nichts von Bonny in Afrika.«
    »Ich hatte nicht angenommen, dass dich das interessiert«, gab Ludovico freundlich zurück.
    »Und dann die Weiterreise von dort nach Barbados und Jamaika und nach Liverpool. Ich wüsste gern, was es damit auf sich hat.«
    »Das ist das so genannte Handelsdreieck«, erklärte Ludovico bereitwillig. »So habe ich das gelernt bei meinem Lehrer. Meinem Privatlehrer«, fügte er dann süffisant lächelnd hinzu. »Ich hoffe, er hat mir nichts Falsches beigebracht. Ich meine, weil du eben so dastandest, als drehe sich die Sonne plötzlich um die Erde und nicht umgekehrt.«
    Crestina ließ sich auf einen der Stühle fallen.
    »Ich würde gerne mit dir reden«, sagte sie dann.
    »Aber gerne«, erwiderte Ludovico, »ich wollte ohnehin gerade eine Pause machen, als der Sturm kam.«
    »Erzähl mir doch bitte von diesem Kapitän, in dessen Dienste du eintreten willst.«
    Ludovico lachte.
    »Da ist nichts Neues dazugekommen. Es ist so, wie ich es dir bereits erzählt habe. Zypern, dann Konstantinopel. Wie es weitergeht weiß ich nicht.«
    »Afrika kommt in dieser Reise nicht vor?«, wollte Crestina wissen.
    Ludovico schüttelte den Kopf.
    »Er ist der Kapitän, nicht ich. Wo er überallhin möchte, weiß ich nicht.«
    »Dieses so genannte Handelsdreieck«, sagte Crestina und fuhr mit dem Finger die Linien auf den Karten nach, »das ist doch die Sklavenhandelstrecke, oder? In Bonny werden sie zusammengejagt, zusammengetrieben. Dann kommen sie auf die Schiffe nach Barbados, werden dort an die Zuckerplantagen verkauft, und der Kapitän kehrt mit Zucker, Melasse und Rum nach England zurück. Und einem gewaltigen Profit. Ist das so?«
    »Falls nichts dazwischenkommt«, bestätigte Ludovico ernst.
    »Was dazwischenkommt?«
    »Nun, Meuterei, Sturm, Feuer. Das sind die Hauptgefahren. Abgesehen von Seuchen und ähnlichen Dingen.«
    »Aber ansonsten ist der Kapitän dann ein reicher Mann, wenn diese Hauptgefahren ausbleiben, stimmt das?«
    »Ja, das ist er wohl.«
    »Willst du in die Fußstapfen eines solchen Kapitäns treten?«
    Ludovico sprang auf.
    »Was soll diese ganze Fragerei?«, sagte er dann heftig. »Was traust du mir zu? Und weshalb denn überhaupt nicht? Du hast deinen Palazzo, Clemens hat seinen Salzhandel, Bianca wird vermutlich einmal heiraten. Ich muss für mich selber sorgen. In

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