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Stadt der blauen Paläste

Stadt der blauen Paläste

Titel: Stadt der blauen Paläste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bayer
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ebenfalls nicht. Wenn mich nach jungem Fleisch gelüstet, bekomme ich es ohne große Anstrengung. Ein Fingerschnippen genügt, und dann kommen sie gelaufen.«
    »Dann bleibt nicht mehr viel«, sagte sie nach einer Weile müde. »Du bist ein Spitzel des Staates. Du stehst in seinen Diensten. Vermutlich empfängst du hier auch die anderen Spitzel … und hältst Hof, wie du sagst.«
    Er nahm seinen Dolch vom Bett, gürtete ihn um und ging an ihr vorbei.
    »Falls du beabsichtigst, in Zukunft hier ›Hof zu halten‹, wirst du mir nicht begegnen. Ich habe andere Orte, die mir zur Verfügung stehen.«
    »Ich hoffe, du findest sie rasch«, gab Crestina zurück. »Auf jeden Fall würde ich dir raten, den Weg über den Kanal zu nehmen, das vordere Tor bewachen vielleicht schon wieder eine Horde von Kindern, die neulich das Schloss unbenutzbar gemacht haben.«
    Bartolomeo fluchte. »Da stecken nur die Mütter dahinter, die einmal, nur ein einziges Mal, eine aufgetakelte Frau ins Haus gehen sahen.«
    »Einmal«, wiederholte sie, »wirklich nur einmal?«
    Aber Bartolomeo war bereits verschwunden, bevor sie es ausgesprochen hatte. Er verschwand noch immer auf die gleiche Art und Weise, die ihr schon als Kind unheimlich gewesen war: Es blieb nichts zurück von ihm außer jenem ganz leichten Schweißgeruch, den sie von damals kannte und der ihn offenbar unter seiner Kutte nie gestört hatte. Jetzt hatte er versucht, ihn mit einer aufdringlichen Essenz, deren Geruch sie nicht benennen konnte, zu vertuschen.
    Sie hätte später nicht mehr genau sagen können, in welcher Reihenfolge sie die weitere Inspektion des Hauses durchgeführt hatte. Sie wusste nicht einmal mehr, ob sie sie überhaupt zu Ende geführt hatte, ob sie nicht irgendwann der Sache überdrüssig geworden und sich, inzwischen schon halb in der Nacht, auf die Altane gesetzt und auf den Kanal hinuntergesehen hatte, da sie weder wusste, wo sie Kerzen finden würde noch die Zunderbüchse. Irgendwann, sehr spät, daran erinnerte sie sich in aller Deutlichkeit, hatte sie dann ihre Bettwäsche aus ihrem Korb genommen und im Kaminzimmer vor dem Kamin, vor dem ein durchgesessener Sessel stand, sich in dessen Polster gekuschelt.
    Und noch etwas wusste sie ebenfalls: Sie würde am folgenden Tag Lea vorschlagen, sich um diese Bibliothek zu kümmern, die man ihr angeboten hatte, und sie würde ihr für die Katalogisierung den salotto zur Verfügung stellen. Sie war ebenso sicher, dass sie Margarete sämtliche Räume des androne jenseits der Prachttreppe, die in das piano nobile führte, anbieten würde, damit sie dort in Ruhe ihre Essenzen mischen konnte. Dort konnte sie ihre Flakons auch auf den Boden fallen lassen, und falls es sich nicht gerade um Zibet handelte, würde es gewiss niemanden stören, da es in einem abgelegenen Teil des Hauses stattfand. Und sie war außerdem sicher, dass sie in Zukunft in einem Raum leben würde, der ihr gemäß war. Ein Raum, in dem sie atmen konnte und bei dem sie nicht wie bisher in ihren diversen Wohnungen jeweils sämtliche Stühle freiräumen musste, nur um überhaupt einen Sitzplatz für Freunde zu haben und abends in ihr Bett steigen zu können.
    Und Moise würde in dieser sala rennen dürfen, bis er müde auf dem Boden einschlief.
    Und wenn sie, die drei Frauen, die Lust überkam, wilde Tänze in dieser sala aufzuführen, so würden sie das tun – zumindest sie und Margarete.

15. Moschus, Ovid und die Kabbala
    Drei Tage später zogen sie ein.
    In großen Körben schleppten sie Mörser, Trichter, Mischflaschen in das Haus. Flakons hatte Margarete bereits einen Tag zuvor durch einen Mann der Glasbläserei in Murano anliefern lassen. Crestina hatte ihr die Räume gegeben, die dem Kanal zulagen, sodass sie lüften konnte, wenn irgendetwas mit ihren Versuchen nicht ganz so lief wie erwartet. Margarete baute eine Apparatur auf, die beide Frauen an eine Alchemistenküche erinnerte.
    »Der Duft, der durch den Palazzo zieht, wird jeden abschrecken, der glaubt, er sei hier in einer Bibliothek, in der es Bücher gebe, die auf den Index gehören«, sagte Lea lachend.
    »Bergamotte, Orangenblüten, Mandelöl, Myrrhe, Eukalyptus lassen das wohl kaum vermuten«, erwiderte Crestina heiter.
    »Wartet nur, bis ich meine Moschuskörner erst einmal im Hause habe«, warnte Margarete. »Meine negativen Erfahrungen mit Zibet will ich ganz gewiss nicht wiederholen.« Dann vergrub sie sich in ihre Arbeit, schloss die Tür und war für niemanden mehr zu

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