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Stadt der blauen Paläste

Stadt der blauen Paläste

Titel: Stadt der blauen Paläste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bayer
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war zugleich auch eine Arbeit, bei der du an Riccardo denken konntest, ungestört. – War's nicht so?«
    Sie seufzte, löste die Bänder ihres Hutes und legte ihn auf den Tisch.
    »Ich hab mir das nie so überlegt«, sagte sie dann zögernd, »aber vermutlich hast du Recht. Nur weiß ich noch nicht, was jetzt anders sein soll.«
    Leonardo lachte.
    »Ich habe von mindestens drei Leuten gehört, dass du das verrückteste carnevale gefeiert hast, das nur möglich ist. Eines unter den Palisaden eines alten halb zerfallenen Palazzos, wohin dich dieser Salzhändler völlig verantwortungslos hat tauchen lassen, weshalb weiß niemand. Ich weiß auch nicht, ob es stimmt, ob es so stimmt. Vielleicht war auch alles ganz anders. Aber am nächsten Tag habt ihr auf jeden Fall irgendwo in den Salinen getanzt. Auch an carnevale. Und wieder mit diesem Salzhändler.«
    »Und dass wir am dritten Tage auf seiner Kogge waren und er mich in die Wanten schickte, weißt du dann natürlich auch«, sagte sie amüsiert.
    »Nein, das weiß ich noch nicht, aber ich denke, diese beiden verrückten Geschichten genügten mir eigentlich, um daraufhin meinen Schnappsack zu packen und gen Basel reiten zu wollen.«
    Sie sah ihn bestürzt an, aber sie zögerte.
    »Ich versteh das trotzdem nicht. Wir hatten doch all die Jahre hinweg eine sehr schöne …«
    »Nein, nein!«, er füllte seinen Becher erneut und prostete ihr zu. »Wenn du der Meinung bist, dass wir eine Freundschaft hatten, eine sehr schöne, dann irrst du dich. Genau das hatten wir eben nicht. Du hattest diese Freundschaft, ich nicht. Du bildetest dir ein, du hättest für mich all die Gefühle, diese brüderlichen Gefühle, die du für Riccardo hättest haben sollen und nun mal nicht hattest. Aber ich war unmäßig, immer. Genau genommen habe ich dich ein Leben lang betrogen. Du warst nun mal keine Schwester für mich. Nie. Du warst eine Frau, die ich begehrte. Immer. Wenn wir hier in diesem Raum dort hinten in der Ecke an deiner Steuerabrechnung saßen oder an sonstigen Arbeiten, die ich für dich erledigte, dann konnte ich bisweilen kaum mehr atmen, weil ich mit dir nicht über Zahlen diskutieren wollte, sondern dich am liebsten in den Arm genommen und eine Tür weiter in meine Schlafkammer getragen hätte.«
    »Das hast du mir nie gesagt«, sagte sie nach einer Weile stockend.
    »So etwas sagt kein Mann zu einer Frau, wenn er genau weiß, dass seine Gefühle nicht willkommen sind.«
    Crestina starrte auf ihre Hände, die sie gefaltet vor sich auf den Tisch gelegt hatte. So, als seien sie Gegenstände, die zu besichtigen waren und ihr nicht gehörten.
    »Du musst dich nicht schuldig fühlen«, sagte Leonardo rasch und strich flüchtig über ihren Arm. »Niemand ist schuld daran, wenn er die Gefühle, die der andere von ihm erwartet, nun mal nicht aufbringen kann.«
    »Das Schlimme ist nur, wenn der andere nicht einmal etwas über diese Gefühle weiß«, sagte sie ratlos.
    Leonardo schaute sie aufmerksam an.
    »Hätte das etwas geändert? Ich denke, doch wohl kaum. Und ich kann nur hoffen, dass du es beim nächsten Mal besser spürst.«
    Eine Weile war Stille.
    »Du meinst bei diesem Salzhändler, mit dem ich dieses verrückte carnevale gefeiert habe?«, fragte Crestina dann leise.
    »Genau da. Ich weiß ja nicht, was dich an ihm stört. Etwa, dass er nur Salzhändler ist? Vielleicht nicht allzu viel von Horaz kennt? Was ich natürlich nicht weiß.«
    »Nur?«, empörte sie sich. »Das ganz gewiss nicht. Und Horaz kennt er ganz sicher, er war mit Riccardo zusammen in Padua an der Universität. Aber ich bin mir einfach nicht sicher, wie ich zu ihm stehe.«
    »Es heißt, da fährt in einigen Tagen ein ganze Flotte aus, die er befehligt. Nach Zypern, nach Alexandria, auf die Balearen. Man munkelt auch, dass er dich gefragt hat, ob du mitfahren willst. Und er ist ja wohl kaum nur ein Salzhändler. Er ist Reeder und außerdem Baumeister. Und er hat einen Namen hier in der Stadt, ist bekannt dafür, dass er Palazzi rettet, die andere schon aufgegeben haben.«
    »Er hat mich nicht gefragt«, sagte sie heftig, »er hat ganz gewiss nicht gefragt.« Sie zögerte. »Und falls er gefragt hätte, hätte ich nicht gewusst, was ich antworten soll.«
    »Dann hat er vielleicht aus dem gleichen Grund wie ich nicht gefragt. Obwohl ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass man ein solch meschuggenes carnevale, das überhaupt keines ist, mit einem Mann begeht, für den man nicht das Geringste

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