Stadt der Blumen strava3
ihre Töchter fanden sie dort, nachdem sie Filippo im Pfleghof besucht hatten. Sulien hatte an Filippos Bett gesessen, als die Frauen eingetreten waren, und hatte ihm die letzten Tropfen des argentum potabile eingeflößt. Und Prinzessin Beatrice hatte bei seiner Pflege geholfen, als wäre es einer ihrer Brüder.
Graziella hatte Tränen der Freude vergossen, als sie gesehen hatte, wie ihr letzter Sohn zum Leben zurückkehrte. Ganz andere Tränen flossen jedoch, als sie vor den Leichnamen standen.
»Wir werden sie alle waschen und salben lassen«, sagte Sulien. »Der Papst hat es erlaubt. Sie erhalten ein angemessenes Begräbnis, wo immer Ihr wünscht.«
Graziella beugte sich über Camillo. »Er soll mit Davide im selben Grab beigesetzt werden«, sagte sie. »Und die anderen in derselben Kapelle. Wer weiß, wie viele von uns noch dazukommen?«
Sie und ihre Töchter blieben da, um bei der Vorbereitung der Leichen zu helfen; es war der letzte Dienst, den sie ihren Leuten erweisen konnten.
Der Großherzog befand sich in einem quälenden Zustand brodelnder Wut. Er herrschte seine Diener an und wollte nicht auf seine Vorkoster warten, sondern stürzte einen Weinkelch nach dem anderen herunter. Dann schickte er nach Enrico. Er hatte wieder einen Sohn verloren, war von seinem Bruder und seiner Tochter übergangen worden und wurde jetzt auch noch von einem albernen Mädchen abgewiesen, zu Gunsten eines jungen Kerls, der höchstens ein Drittel so alt war wie er. Niccolò bezweifelte nicht, wer gemeint war, als die Duchessa »einen anderen« angeführt hatte. Wer anders konnte es sein als der schwarzhaarige Junge aus Bellezza, der Gehilfe des Regenten, der ihn auf Schritt und Tritt zu verfolgen schien?
Und die Duchessa zog diesen unausgegorenen Jungen einem reifen Mann mit all seinem Reichtum vor, mit dem Ruhm seines Hauses! Niccolò kochte vor Zorn, wenn er an das silberne Kleid, die afrikanischen Wildkatzen und die kostspielige Brosche dachte. Nicht dass er seine Geschenke zurückhaben wollte; er würde sich weigern sie zurückzunehmen. Kleinlich war er schließlich nicht. Aber er war stolz und die Kränkung seiner Ehre und seiner Person war mehr als er ertragen konnte.
Doch während er immer mehr trank, verwandelte sich seine erboste Leidenschaft in eine ebenso gefährliche Ruhe. Er hatte ja so etwas geahnt. Er hatte immer damit gerechnet, dass ihn Arianna aus ebendiesem Grund ablehnen würde, und er hatte einen Plan, wie er die Sache zu seinem Vorteil wandeln könnte.
»Ihr habt nach mir schicken lassen, Euer Gnaden?«, sagte Enrico.
»Ja«, erwiderte der Großherzog. »Ich will, dass du meinen Handschuh zu dem bellezzanischen Jungen in der Gesandtschaft bringst und ihn zu einem Duell herausforderst.«
Arianna verließ heimlich die Gesandtschaft, begleitet von Guido Parola und ihren Leibwächtern, um Giuditta zu besuchen. Die Lehrlinge der Bildhauerin reinigten immer noch ihre Statue.
»Sie sieht so aus, wie ich mich fühle«, sagte Arianna. »Befleckt.«
»Von dem Marmor können die Flecken entfernt werden«, sagte Giuditta. »Was
hat das Original befleckt?«
»Ich schäme mich so für das, was Barbara passiert ist«, sagte Arianna. »Sie ist geschwächt und hat Schmerzen von einer Wunde, die ich haben sollte. Aber da ist noch etwas: Der Großherzog hat mir vor einigen Tagen seinen Antrag gemacht und ich habe ihn heute endlich abgelehnt. Er hat mich sehr deutlich wissen lassen, dass sein Angebot nicht von Liebe motiviert war, aber trotzdem fürchte ich, dass er tief getroffen ist.«
»Habt Ihr ihm einen Grund angegeben?«, fragte die Bildhauerin.
»Ich habe ihm einen gegeben, von dem ich glaubte, er würde ihn verstehen –
dass ich einen anderen liebe. Aber das ist nicht alles. Er will mir meine Stadt nehmen, für die meine Familie so hart gekämpft hat, damit sie frei und von den Chimici unabhängig bleibt.«
»Habt Ihr ihm gesagt, wer der andere Mann ist?«, wollte Giuditta wissen.
»Nein, aber ich fürchte, er errät es. Nun habe ich auch noch Angst, dass ich Luciano in Gefahr gebracht habe. Es kommt wieder genau wie bei Barbara – vielleicht noch schlimmer. Immer scheinen andere für die Folgen meiner Handlungen leiden zu müssen.«
»Warum erzählt Ihr mir das alles?«, fragte Giuditta. »Warum redet Ihr nicht mit Rodolfo oder Eurer Mutter?«
»Meine Mutter denkt ausschließlich an Staatsräson und beide sind immer nur um meine Sicherheit besorgt. Ich dachte, dass Ihr mir vielleicht raten
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