Stadt der Blumen strava3
Palazzo di Chimici in der Via Larga auf seinen Herrn. Ein neuer Wächter, der ihn nicht kannte, hatte heute Dienst und hatte ihn nicht eingelassen. Den Herzog kannte der neue Wächter allerdings schon und er entschuldigte sich, als Niccolò ankam und den unbedeutend wirkenden kleinen Kerl gleich hinter sich hereinwinkte.
»Ich wollte mit dir über deine Kontakte nach Bellezza reden«, sagte Niccolò.
»Das ist ja ein Zufall, Euer Gnaden«, erwiderte Enrico. »Deswegen bin ich nämlich gekommen. Ich habe Nachricht von meinem Mann in Beppe, dass die Duchessa bald in der Stadt eintreffen wird.«
»Herzlichen Glückwunsch«, sagte Niccolò verärgert. »Das habe ich heute auch schon gehört. Das Entscheidende ist, dass ich eher davon gehört haben sollte.«
»Und sie lässt eine Statue von sich machen«, fuhr Enrico unbeeindruckt fort.
»Von Giuditta Miele, ja, ja. Erzähle mir etwas, das ich noch nicht weiß.«
»Dass sie von ihrem jungen Liebhaber begleitet wird?«, versuchte es Enrico.
»Liebhaber? Meinst du den Lehrling des alten Zauberers?«
»Ja, den Günstling ihres Vaters – und ebenso ihren Günstling, falls das Gerücht stimmt.« Enrico versuchte anbiedernd zu grinsen.
Wohin sich Herzog Niccolò auch wandte oder was er plante, immer schien Rodolfo oder sein geheimnisvoller Schüler aufzutauchen. Er wusste, dass sie irgendetwas mit dem Tod seines jüngsten Sohnes zu tun hatten, an dessen Ableben er nicht immer völlig glauben konnte, obwohl er seinen leblosen Körper in den Armen gehalten hatte. Deshalb musste er den Stravaganti auf den Fersen bleiben.
Bei der Vorstellung, dass der eine junge Mann am Leben war, während der andere in einer Marmorgruft lag, die von Giuditta Mieles Statue bewacht wurde, stieg eine Welle von rasendem Zorn in Herzog Niccolò auf.
Enrico erkannte die Zeichen; er hätte den bellezzanischen Jungen gar nicht erwähnt, wenn der Herzog nicht schon all seine Informationen gekannt hätte. Jetzt sah er, dass er versuchen musste die Gedanken seines Herrn in glücklichere Bahnen zu lenken.
»Wenn ich mir die Frage erlauben darf, Euer Gnaden«, sagte er, »wie steht es mit den Vorbereitungen für die Hochzeiten?«
Der Herzog schwieg zunächst eine ganze Weile, dann sagte er: »Nun. Sie kommen gut voran. Ich habe den Vormittag damit verbracht, Möbel und Schmuck für die jungen Paare in Auftrag zu geben.«
Enrico beschloss ein großes Risiko einzugehen. »Ich frage mich, warum Eure Gnaden sich nicht überlegen, selbst wieder zu heiraten. Warum sollten nur die jungen Leute Spaß haben? Auch Prinzessin Beatrice wird eines Tages einen Mann nehmen müssen und ein edler Herr wie Eure Gnaden braucht doch die Gesellschaft einer guten Frau, gerade am Ende seiner Tage.«
Der Blick, den ihm der Herzog zuwarf, war Furcht einflößend.
»Nicht dass Eure Gnaden schon annähernd am Ende Eurer Tage wären«, brachte Enrico rasch hervor, als er merkte, dass er sich vergaloppiert hatte.
Der Herzog griff sich kurz an den Hals, als ob er in plötzlicher Atemnot sei. Dann gewann er wieder die Kontrolle über sich und sah seinen Spitzel mit bohrendem Blick an. »Du kannst gehen«, sagte er.
Doch nachdem sich der Aal entfernt hatte, murmelte er mit geisterhafter Stimme vor sich hin: »Er hat ganz Recht. Ich werde mir eine Frau nehmen. Und ich weiß auch schon, welche.«
Kapitel 6
Hochzeitskleider
»Jetzt müssen wir aus der Stadt herausfahren«, sagte Sulien, als er mit Sky das Labyrinth verlassen hatte. Er führte den Jungen durch die beiden Kreuzgänge auf den gepflasterten Hof, wo zwei geduldige Pferde vor einen Wagen gespannt waren und warteten.
»Wohin fahren wir?«, fragte Sky, der erstaunt war, als ihn Sulien aufforderte aufzusteigen. Sulien selbst machte sich bereit den Wagen zu fahren.
»Wir besuchen ein paar weitere Brüder auf dem Hügel bei Colle Vernale«, erwiderte Sulien und ließ die Zügel auf die Pferde klatschen. »Wir müssen Pflanzen holen.«
Die Fahrt dauerte eine Stunde. Zunächst ging es durch die Ebene, dann wurde es mühseliger, als sie einen gewundenen Weg auf einen steilen Hügel nordöstlich von Giglia hinauffuhren. Von der Seite des Hügels, die der Stadt zugewandt war, bot sich ein herrlicher Blick über ganz Giglia, das von der großartigen Kathedrale mit ihrer riesigen Kuppel beherrscht wurde. Die Luft war hier oben viel frischer als im Tal und Sky atmete tief den Duft der Blumen auf den umliegenden Feldern ein. Er war noch nie mit einer Pferdekutsche
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