Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
Vom Netzwerk:
hing ein kurzer, geflochtener Bart herab. Seine Beine endeten in Hufen. An den Armen hingegen hatte er kräftige Hände, mit jeweils nur zwei Fingern und einem Daumen. Der Speer, den er in der rechten Hand hielt, wirkte bei ihm wie ein Stöckchen.
    »Ist das etwa ein Werstier?«
    »Nein. Er ist etwas weit Exotischeres«, antwortete Saiman. »Er wurde so geboren und kann sich nicht in einen Menschen verwandeln. Er ist ein Minotaurus.«
    Arsen scharrte mit dem linken Huf im Sand und schüttelte den Kopf. In seinem linken Ohr leuchteten goldene Ohrringe. Er war die fleischgewordene Kraft und Wut, die nur darauf wartete, entfesselt zu werden.
    Mart stand reglos da. Die beiden Schwerter in seinen Händen wiesen, leicht auswärts gerichtet, zu Boden.
    »Arsen ist mein persönlicher Kämpfer.« Saimans Stimme bebte vor Stolz.
    »Wo hast du ihn her?«
    »Aus Griechenland. Woher sonst?«
    »Du hast ihn aus Griechenland herschaffen lassen?« Per Schiff. Und das bei all den Stürmen und Seeschlangen. Das musste ein Vermögen gekostet haben.
    Saiman nickte. »Er war es wert. Ich werfe mein Geld nicht für billigen Tand zum Fenster hinaus. Und ich würde eine beträchtliche Summe hinblättern, wenn es helfen würde, die Reaper zu demütigen. Das hier, das waren nur Peanuts.«
    Arsen brüllte. Sein Blick fixierte Mart. Er senkte die Stirn.
    Mart stand einfach nur schweigend und reglos da.
    Der Minotaurus schnaubte noch einmal mit seinen großen Nüstern, zog dann die Schultern hoch und griff an.
    Er kam brüllend angerannt, unaufhaltsam, wie ein Rammbock.
    Mart blieb einfach stehen.
    Noch sechs Meter. Fünf. Vier.
    Mart sprang in die Luft, unnatürlich hoch, wie ein schwarzer Seidenfetzen, der plötzlich in die Luft geweht wurde. Er flog über den Minotaurus hinweg und landete auf seinen Schultern. Einen Moment lang ritt er tatsächlich auf Arsens Rücken, hielt mit lachhafter Leichtigkeit das Gleichgewicht. Dann hüpfte er, leicht wie eine Feder, wieder hinab auf den Sand.
    Arsen wirbelte herum und stieß in einer klassisch griechischen Geste mit dem Speer nach ihm. Mart duckte sich unter dem Stoß hindurch und wehrte den Arm des Minotaurus mit seinem Kurzschwert ab. Dann strich sein Langschwert innen über Arsens rechten Oberschenkel. Im Bruchteil einer Sekunde kehrte Mart den Hieb um, schlitzte Arsen auch den linken Oberschenkel auf und entwand sich der Reichweite des Monsters.
    Das alles war unglaublich schnell gegangen. »Er ist so gut wie tot«, sagte ich.
    »Wie bitte?« Saiman starrte mich an.
    »Arsen ist so gut wie tot. Beide Oberschenkelschlagadern sind durchtrennt.«
    Die Beine des Minotaurus waren blutüberströmt. Mart wandte sich auf den Zehenspitzen um, blickte zu unserer Loge empor und verbeugte sich mit großer Geste, wobei er die besudelten Schwerter präsentierte.
    Saimans Gesicht war vor Zorn verzerrt.
    Mart ging zum Goldenen Tor.
    Arsen stöhnte noch einmal schwächlich auf. Mit jedem Herzschlag kam er dem Verbluten näher. Er sank auf die Knie. Schaudernd stürzte er schließlich mit dem Gesicht voran in den Sand.
    Ein Beifallssturm lief durch die Arena. Saiman sprang von seinem Sessel auf und stürmte aus der Loge. Ich wartete eine halbe Minute lang ab, um für etwas Abstand zwischen uns zu sorgen, und lief dann ebenfalls hinaus, als stünden meine Haare in Flammen. Was mich anging, war der Abend gelaufen. Ich musste nun dringend zum Red Roof Inn.

Kapitel 11
    S elbst die besten Pläne haben einen Schwachpunkt. Mein Plan hatte sogar zwei Schwachpunkte: Erstens hatte ich keine Ahnung, wo sich dieses Red Roof Inn befand, und zweitens verfügte ich über keinerlei Beförderungsmittel. Das erste Problem löste ich mit relativer Leichtigkeit: Ich schnappte mir den ersten Wachmann der Red Guard, der mir in die Quere kam, und fragte ihn. Das einzige Red Roof Inn in dieser Gegend befand sich westlich von hier und war hoch zu Ross in zwanzig Minuten oder in einer Stunde zu Fuß zu erreichen. In einer Dreiviertelstunde, wenn ich joggte. Es war schon kurz vor zwei, und da die Magie herrschte, standen meine Chancen, ein Reittier aufzutreiben, nahe null. Wer so klug war, ein Pferd zu besitzen, war um diese Uhrzeit nicht mehr unterwegs, und Reiter, die es dennoch waren, wussten sich zu verteidigen und würden ihr Ross nicht herausrücken. Ich hätte Laufschuhe mitbringen sollen.
    Ich trat in die Nacht hinaus. Die Magie hatte den Eingang der Arena seiner elektrischen Beleuchtung beraubt. Stattdessen glühten Runen und

Weitere Kostenlose Bücher