Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Reißzähne einer Schlange.
Um mich ging es hier also gar nicht. Na prima.
Saiman packte mit der linken Hand den Schaft seines Spazierstocks und zog den Griff mit der Rechten ein Stück weit hinaus. Zwischen dem dunklen Holzschaft und dem Griff sah ich Metall aufleuchten. In dem Spazierstock war ein Dolch verborgen, und Saiman wollte ihn auf heldenhafte Weise einsetzen.
Der Schlangenmann stieß einen Schrei aus, bei dem sich mir die Nackenhaare sträubten. Dann spannte er sich an und sprang.
Er sprang übernatürlich hoch, wollte die sechs, sieben Meter zwischen uns mit einem einzigen Satz überbrücken. Saiman zückte seinen Dolch und machte sich abwehrbereit.
Die erste Grundregel bei einem Leibwächtereinsatz lautete: Schaff den »Leib«, den du bewachen sollst, aus der Gefahrenzone.
Ich riss Saiman den rechten Fuß weg und schlug ihm meine Linke vor die Brust. Er war so auf den Angreifer fixiert, dass er sofort das Gleichgewicht verlor und wie ein Holzklotz auf den Hintern fiel. Im Fallen riss ich ihm den Stockschaft aus der Hand und stieß damit nach dem Schlangenmann.
Der wurde davon knapp unterhalb des Brustbeins getroffen. Er keuchte verblüfft auf. Ich wirbelte herum und knallte ihm den Stock an die Schläfe. Das hohle Holzstück zerbrach, und ich hatte nur noch einen Stumpf in der Hand. Einen normalen Menschen hätte dieser Schlag zu Boden gestreckt. Eigentlich hätte der Schlangenmann also erledigt sein müssen.
Er geriet aber nur leicht ins Straucheln, schüttelte den Kopf und stürzte sich dann mit seinen beiden Dolchen auf mich. Ich wich zurück und lockte ihn dabei von Saiman fort und zu dessen Wagen hin.
Da erfasste uns der Lichtkegel eines Suchscheinwerfers, verharrte eine Sekunde lang und bewegte sich dann weiter. Die Wachen mussten uns nun entdeckt haben.
Der Schlangenmann durchschnitt mit seinen Dolchen weiterhin die Luft, mit viel Energie, aber nicht sehr zielgenau. Es hatte ihm immer noch den Atem verschlagen. Wenn er sich jetzt wieder berappelte, steckten wir knietief in der Scheiße. Ich war nun schon fast beim Wagen angelangt. Einen Schritt noch. Und noch einen.
Saiman richtete sich schwankend auf.
»Bleib weg!«, schrie ich.
Der Schlangenmann sah sich kurz um und holte mit der Rechten nach mir aus. Ich packte mit meiner Linken sein Handgelenk, zog ihn nach vorn und rammte ihm den Spazierstockstumpf unterhalb des Brustkastens, in der Nierengegend, in den Leib. Er schrie auf. Ich schleuderte ihn an mir vorbei und direkt an Saimans Wagen.
Der Mann prallte bäuchlings gegen die Beifahrertür. Das Wehr leuchtete grellgelb auf und hielt ihn fest. Orangefarbene Funken flogen. Der Schlangenmann schlug wie wild auf das Wehr ein, wobei er wie festgeklebt an dem Wagen haftete, sein ganzer Körper zuckte in einem spastisch anmutenden Tanz. Von seiner Brust stieg der Gestank von verbranntem Fleisch auf. Seine Arme spannten sich an. Mit den Händen, die immer noch die Dolche hielten, versuchte er sich von dem Wagen abzustoßen. Er versuchte sich zu befreien. Auch das Wehr wurde einfach nicht mit ihm fertig. Der Scheißkerl wollte und wollte nicht sterben.
Ich zog die Holzstäbchen aus meinem Haar und nahm sie in die Faust.
Mit einem Laut wie von zerreißendem Papier gab das Wehr schließlich erschöpft nach. Der Schlangenmann riss sich los und stürzte sich erneut auf mich. Ich verpasste ihm einen Tritt vors Knie, der nicht von schlechten Eltern war. Der Mann ging zu Boden, und ich packte seinen Kopf bei den Haaren und rammte ihm die Holzstäbchen tief ins linke Auge, einmal, zweimal, dreimal, viermal. Er schrie. Ich wechselte den Griff und stieß ihm die Stäbchen so tief es nur ging in die Augenhöhle.
Da fielen ihm die Dolche aus den Händen. Ich griff mir einen und schlitzte ihm damit die Kehle auf. Die Schneide war so scharf, dass sie ihm fast den Kopf abtrennte. Blut spritzte – und ich kriegte es ab. Ich sah mich schnell nach Cesare um, doch der Reaper war verschwunden.
Der Schlangenmann lag mausetot in seinem Blut. Ich sah zu Saiman hinüber und hob einen blutbeschmierten Finger. »Auf keinen Fall menschlich.«
Saiman bebte vor Zorn. »Es ist nicht zu fassen. Mir gehört ein Siebtel des Hauses.«
Das Wehr an Saimans Wagen war nun durchbrochen. »Könntest du bitte mal aufschließen?«
Er zog mit zitternder Hand die Fernbedienung hervor und drückte auf einen Knopf. Nichts geschah.
»Die Magie herrscht«, erinnerte ich ihn.
Er fluchte, kramte seine Schlüssel hervor und
Weitere Kostenlose Bücher