Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
öffnete endlich die Beifahrertür. Ich schnappte mir Slayer. Jetzt ging es mir doch gleich schon viel besser.
Saiman fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Du musst noch mal mit mir zurück in die Arena.«
»Nein, ich bin schon anderweitig verabredet.«
»Du bist meine Zeugin!«
Ich gab mir Mühe, langsam und deutlich zu sprechen. »Ich muss jetzt woandershin.«
»Wir sind hier irgendwo in der Pampa. Und du hast kein Auto.«
»Ich habe zwei Beine.«
»Wenn du mitkommst und bezeugst, was geschehen ist, fahre ich dich, wohin du willst.«
Ich schüttelte den Kopf. Das alles würde viel zu lange dauern.
»Ich besorge dir ein Pferd!«
Da hielt ich inne. Mit einem Pferd würde ich nur ein Drittel der Zeit benötigen. Ich wandte mich um. »Na gut, ich werde aber nur eine sehr kurze Aussage machen, Saiman. Wir bringen das schnell hinter uns, und dann besorgst du mir ein Pferd, und ich haue ab.«
»Abgemacht!«
Wir gingen zurück zur Arena, er sagte: »Du hast doch gesagt, die Dinger in deinem Haar wären keine Klingen.«
»Sind sie ja auch nicht. Es sind Spieße. Tief durchatmen, Saiman. Dir zittern ja immer noch die Hände.«
Renes Augen waren klar und kalt wie das Wasser eines Gebirgsbachs. Saimans Wutausbrüche prallten an ihrer eisigen Gefasstheit ab.
»Wie lange dauert es denn, einen einzigen Toten herzuschaffen?«
»Die Leiche wird jeden Moment hier sein.«
Ich lehnte mich an einen Schreibtisch. Wir befanden uns in einem Raum der Sicherheitsabteilung. Wertvolle Sekunden verstrichen. Ich konnte nichts tun, um die Angelegenheit zu beschleunigen. Rene machte nur ihre Arbeit, und ich musste sie machen lassen.
Sie sah mich an. »Haben Sie das Herz herausgeschnitten?«
Ich schüttelte den Kopf. »Das hielt ich nicht für nötig. Ich habe ihm das Hirn zerstochen und den Kopf abgeschnitten. Und ich hab noch nie erlebt, dass sich einer von so was wieder erholt hätte.«
»Das stimmt.« Rene nickte.
Saiman nahm einen Kaffeebecher, starrte ihn an und schleuderte ihn an die Wand, wo er in Dutzende Scherben zersprang. Wir sahen ihn an.
»Ihr Begleiter macht einen leicht hysterischen Eindruck«, bemerkte Rene zu mir.
»Soll ich mal ein bisschen Männlichkeit in ihn hineinprügeln?«
Saiman starrte mich sprachlos an. Rene hätte offenkundig sehr gern gelacht, tat es aber nicht.
Ein Trupp der Red Guard kam herein. Sie trugen den toten Schlangenmann auf einer Bahre. Ihnen folgten zwei weitere Wachen und ein älterer Mann. Der Mann gab Rene ein in Leder gebundenes, großes Buch und sagte leise etwas zu ihr. Sie nickte zackig.
»Die Sicherheit unserer Gäste, zumal der Mitglieder des Hauses, liegt uns sehr am Herzen. Jedoch … « Sie hob eine Hand und zählte die einzelnen Punkte an den Fingern ab. »Erstens fand dieser Zwischenfall außerhalb unseres Zuständigkeitsbereiches statt. Unsere Verantwortung endet an der weißen Linie. Zweitens ist dieses Wesen nicht als Mitglied der Reaper-Mannschaft oder ihres Betreuerstabs gemeldet. Niemand konnte ihn bisher identifizieren. Dass ein Mitglied des Reaper-Teams den Zwischenfall mit ansah, legt keineswegs den Schluss nah, dass das Team in diesen Überfall verwickelt ist. Er ist in keiner Weise verpflichtet, Hilfe zu leisten, und war vielleicht einfach nur ein ganz normaler Schaulustiger. Drittens hat das gesamte Reaper-Team samt Betreuerstab, ausgenommen Mart und zwei Betreuer, das Gelände verlassen, sobald der erste Kampf begann, also vor nunmehr beinahe schon drei Stunden … «
Mir lief es eiskalt über den Rücken. »Ist das üblich?«
Rene starrte mich an, ungehalten, dass ich sie unterbrochen hatte.
Ich fragte noch einmal: »Ist das üblich?«
»Nein«, sagte sie schließlich. »Normalerweise bleiben sie da und sehen sich die Kämpfe an.«
Derek unternahm nie etwas ohne Vorbereitung. Er würde einige Stunden zu früh am Treffpunkt sein. Die Reaper hatten nun theoretisch schon drei Stunden Zeit gehabt, sich mit ihm auseinanderzusetzen, während ich damit beschäftigt gewesen war, zu Saimans Belustigung beizutragen. Ich wirbelte zu ihm herum. »Ich brauche das Pferd sofort .«
Saiman zögerte.
»Ein Pferd, Saiman! Oder ich schwöre dir, ich bringe zu Ende, was er begonnen hat!«
Das Red Roof Inn befand sich am Rand eines verwüsteten Platzes, beiderseits flankiert von Schutthaufen, die in einem früheren Leben Häuser gewesen waren. Es war ein zweigeschossiges Gebäude, und das Obergeschoss neigte sich unter einem windschiefen, knallrot lackierten Dach
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