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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Untoten. Es war so viel davon gegenwärtig, dass es auch einen Laien zum Kotzen gebracht hätte. Ich wandte mich wieder dem Ring zu. Nun klaffte ein dunkles Loch in seiner Mitte. Ich beugte mich über den Rand, sah hinab in die Schwärze und verzog angesichts des Gestanks, der daraus emporstieg, das Gesicht.
    Das Loch war tief.
    So tief, dass ich keinen Grund sah.
    Die Wände des Lochs waren glatt und eben, durchbrochen von säuberlich gekappten Wurzeln. Aus dem Loch stank es nach feuchtem Erdboden und verwesenden Leichen. Ich nahm einen der Steine und fuhr mit dem Daumen über seine glatte Oberfläche. Er war hell und rund geschliffen, wie ein Kieselstein aus einem Bachbett.
    Keine Markierungen, keine Anzeichen für einen Bann. Nur ein Ring aus weißen Steinen, der ein unergründlich tiefes Loch im Boden nun nicht mehr verbarg. Die Schwestern mussten irgendetwas in diese Welt hineingelassen haben, etwas Dunkles, Böses, das sich anschließend ihrer bemächtigt hatte.
    Julie ächzte erschrocken. Rings um das Loch bildete sich ein Kranz von kleinen, dunklen Pfützen. Leise schwirrend landete eine Fliege auf dem mir nächsten Fleck, schnell gefolgt von einer zweiten. Blut. Man konnte nicht sagen, wie viel es war – das meiste war schon wieder im Boden versickert. Und als ich diesen Ring aus Blut betrachtete, bemerkte ich drei Mulden im Boden, kleine, fast quadratische Vertiefungen. Ich verband sie in Gedanken und erhielt ein gleichseitiges Dreieck mit dem Loch genau in der Mitte. Drei Stäbe, in Dreiecksform angeordnet, um etwas heraufzubeschwören? Und wohin waren sie verschwunden, wenn dem so war?
    Der Kistenhaufen mit Julie oben drauf erbebte. Als sich das Beben wieder legte, erschien direkt unterhalb des Mädchens ein Skelett, das mit vier Armbrustbolzen an Kistenbretter geheftet war.
    »Voll unheimlich«, meinte Julie.
    Allerdings. Zum einen hatte dieses Skelett zu viele Rippen, wobei allerdings nur fünf Rippenpaare am Brustbein ansetzten. Zum anderen war an den vergilbten Gebeinen kein einziger Gewebefetzen mehr zu sehen. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich vermutet, dass es ein oder zwei Jahre lang irgendwo im Freien verwittert war. Ich beugte mich hinüber und betrachtete die Arme. Sehr flache Gelenkpfannen. Ich war zwar nicht vom Fach, schätzte aber, dass dieses Wesen seine Ellenbogen nach hinten durchbiegen konnte. Und wahrscheinlich hätte ich ihm mit einem einzigen Tritt das Hüftgelenk ausrenken können.
    »Hat deine Mom mal so was erwähnt?«
    »Nein.«
    Die Bolzen, die das Skelett hielten, waren rot und mit schwarzen Federn versehen. Einer hatte die linke Augenhöhle durchschlagen, zwei steckten links im Brustkorb, wo sich, wenn es ein Mensch gewesen wäre, das Herz befunden hätte, und einer klemmte noch zwischen den Beinen. Absolute Präzisionsschüsse. Damit diese humanoide Anomalie auf keinen Fall davonkam, verpasste man ihr am besten auch noch einen Schuss in die Eier.
    Ich nahm mir eine Kiste von dem Stapel, stellte sie vor das Skelett und stieg hinauf, um besser sehen zu können. Die Halswirbel waren in geringerem Maße miteinander verbunden als normal, was den Hals beweglicher, aber auch fragiler machte. Das Wesen hatte auch weder Schneide- noch Eckzähne. Vielmehr entdeckte ich drei Reihen langer Reißzähne, die dazu geeignet waren, etwas, das sich wehrte, zu durchbohren und festzuhalten.
    Dann krachte die Kiste unter meinen Füßen zusammen. Anmutig wie ein Sack Kartoffeln kippte ich um und griff im Fallen nach dem Skelett. Meine Finger fuhren durch die Knochen hindurch wie durch Luft, und ich packte einen der Bolzen. Ich landete auf dem Allerwertesten, den Schaft des Armbrustbolzens in der Hand, die Finger mit hellem Staub bedeckt.
    Nun klaffte ein Loch in der linken Seite des Skeletts, zwischen der dritten und der vierten Rippe. Es blieb ein paar Sekunden lang bestehen, wurde größer und wieder kleiner, dann zerfiel das ganze Gerippe zu Staub. Dieser Staub hing noch einen Moment lang in alter Gestalt in der Luft, wie um mich zu verhöhnen, dann trug ihn der Wind davon. »Mist!« Da verschwanden meine Beweismittel. Saubere Arbeit, Kate.
    »Sollte das passieren?«, fragte Julie.
    »Nein«, knurrte ich.
    Hinter mir erklang Applaus. Ich sprang auf die Beine. Ein Mann lehnte an der Wand. Er trug eine Lederjacke, die sehr gern ein Lederpanzer gewesen wäre. Und über seiner linken Schulter ragte ein Armbrustschaft empor.
    Hallo, Mister Armbrustschütze.
    »Ein schöner Fall!«,

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