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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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in Raserei und verwandelte sich in das da.«
    »Und wieso leuchtet sein Kopf?«
    »Der Legende nach hat er sich sehr erhitzt, und nach so einer Schlacht mussten ihn die Leute mit Wasser übergießen, um ihn wieder abzukühlen. In einer Geschichte sprang er in einen mit Wasser gefüllten Kessel. Was dieser Kessel nicht überstanden ha t … «
    Ich starrte den Kessel an, der in der Mitte des Raums stand.
    Julie zupfte an meinem Ärmel. »Was ist?«
    »Warte mal.« Ich ging zu dem Kessel und packte die eisernen Griffe.
    »Der ist zu schwer«, sagte Julie.
    Ich hob ihn ächzend empor und stellte ihn beiseite. Dabei bewegte sich der Deckel, und etwas von der ranzigen Brühe schwappte heraus. Zum Glück bekam ich nichts davon ab.
    Unter dem Kessel befand sich ein Loch. Es war nicht groß, hätte allenfalls einem Hund von Beagle-Format Platz zum Durchschlüpfen geboten. Der Rand war kreisrund und glatt, wie mit einem Messer geschnitten. Ich spähte hinab und sah nur Dunkelheit. Und aus dieser Dunkelheit stank es nach feuchter Erde und Verwesung.
    Déjà-vu.
    Julie machte Anstalten, einen kleinen Erdklumpen in das Loch zu werfen. Ich hielt sie zurück.
    »Ich will doch bloß wissen, wie tief es ist.«
    »Nein, das willst du nicht.«
    Sie grinste mich höhnisch an und ließ den Klumpen zu Boden fallen. Offenbar war ich auf ihrer Coolness-Skala gerade ein ganzes Stück abgesackt.
    Am Rande des Lochs waren drei kleine Mulden zu erkennen, die ein gleichseitiges Dreieck bildeten: Die Spuren des Dreibeins, das den Kessel einmal gehalten hatte. Sie sahen genauso aus wie die Abdrücke am Treffpunkt des Hexenzirkels. Über dem Loch in der Schlucht fehlte ein Kessel. Und zwar ein ziemlich großer.

Kapitel 8
    B ryce und Co. hatten sich anscheinend entschlossen, den Rückkampf lieber ausfallen zu lassen, und so verließen wir die Siedlung unbehelligt und nahmen Esmeraldas Bücher mit. Auch Custer machte sich klugerweise rar. Von Wagen dreiundzwanzig bis hinter den Ausgang im Maschendrahtzaun erblickten wir keine Menschenseele.
    Wir brauchten fast eine Stunde für den Weg, einmal um Honeycomb herum und quer durch Warren, zu der Stelle, an der Ninny, ein Apfelhäufchen hinter sich, immer noch geduldig meiner harrte. Ich setzte Julie auf den Rücken der Maultierstute. Zur White Street war es zwar nicht allzu weit, aber Julie sah jetzt schon völlig erledigt aus.
    »Und wohin jetzt?«, fragte sie.
    »Jetzt bringe ich dich nach Hause. Wie ist die Adresse?«
    Sie biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick.
    »Julie?«
    »Da ist doch keiner«, sagte sie. »Mom ist weg. Und sonst hab ich niemanden.«
    Oje. Konnte ich ein mutterloses, hungriges, müdes, verdrecktes Kind einfach so auf der Straße stehen lassen? Wenn es außerdem schon bald dunkel wurde? Mal scharf nachdenke n … »Wir schauen jetzt mal bei dir zu Hause vorbei. Vielleicht ist deine Mom ja doch noch wiedergekommen. Und wenn nicht, kannst du heute Nacht bei mir pennen.«
    Mom war nicht wiedergekommen. Die beiden wohnten in einem winzigen Haus in einer Seitenstraße der White Street. Das Haus war alt, aber sehr sauber, bis auf die Küchenspüle, in der sich schmutziges Geschirr stapelte. Ursprünglich hatte das Haus nur zwei Zimmer gehabt, aber dann hatte jemand, vermutlich Julies Mutter, in eins davon eine hölzerne Trennwand eingezogen und so einen dritten kleinen Raum geschaffen. In diesem Zimmer standen eine alte Nähmaschine, ein paar Aktenschränke und ein kleiner Tisch. Auf dem Tisch lag ein halb fertiggestelltes hellblaues Kleid in Julies Größe. Ich strich mit den Fingerspitzen über den Stoff. Welche Fehler Julies Mutter auch sonst haben mochte – sie liebte ihre Tochter.
    Julie brachte mir aus ihrem Zimmer ein Bild von ihr. Auf dem Foto sah mir eine blonde Frau entgegen, aus müde blickenden braunen Augen, die genau so aussahen wie die ihrer Tochter. Sie war blass, wirklich kränklich und erschöpft und sah zehn Jahre älter aus als fünfunddreißig.
    Dann brachte ich Julie dazu, mir beim Abwasch zu helfen. Unter dem Geschirr stieß ich auf eine Flasche Wild Irish Rose, White Label. Es stank nach Fusel. Dieses Gesöff war dafür berüchtigt, Tobsuchtsanfälle auszulösen.
    »Schreit dich deine Mom an oder schlägt sie dich, wenn sie trinkt?«
    Julie guckte empört. »Meine Mom ist lieb!«
    Ich warf die Flasche in den Müll.
    Zwei Stunden später gaben wir Ninny in den Stallungen des Ordens ab. Nachdem sich die Magie ein paar Stunden lang zurückgehalten hatte,

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