Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Menge Übung. Aus mir kriegt ihr keinen Cent mehr raus.«
»Das hie r … « Mory stampfte mit dem Fuß auf, damit ich auf jeden Fall verstand, was er damit meinte. »… ist unser Revier. Und wenn du dein Maul noch weiter aufreißt, werden wir’s dir stopfen.«
Die Kette lockerte sich wieder, und die Kettenglieder raschelten über den Boden, und etwas Großes kam auf uns zu. Eine Pranke, größer als mein Kopf, tauchte hinter dem Wohnwagen auf, gefolgt von einer auf groteske Weise muskulösen Schulter. Eine weitere Pranke, dann kam ein Hund in Sicht. Er hatte eine Schulterhöhe von gut und gern einem Meter. In seinem Vorderviertel und seiner breiten Brust ballten sich Muskeln so sehr, dass seine Hüfte dagegen unverhältnismäßig schmal erschien. Sein breiter, kantiger Kopf saß direkt auf den Schultern, so als hätte er gar keinen Hals.
Der Hund kam angelaufen, wobei ein leises metallisches Scheppern erklang wie von Münzen in einer Hosentasche. Lange, blaugraue Spikes ragten unter seinem Kinn hervor. Eine weitere Reihe von Spikes zog sich kammförmig an seinem Rückgrat entlang, bis zu seinem langen Schwanz.
Der Hund blieb stehen und starrte mich aus leuchtend blauen Augen an. Seine flache Schnauze bebte vor Wut. Dann öffnete er das Maul und zeigte mir seine Zähne – lang, gezackt, blendend weiß. Er spannte sich an und reckte die Brust vor. Mit einem metallischen Klicken schnappten seine Spikes empor. An seinem ganzen Körper richteten sich Metallnadeln auf, als wären es Nackenhaare.
Ein riesiges Metallstachelschwein. Der Stimmungskiller schlechthin.
Bryce und Mory schlurften beiseite, um Jeremiah und seinem Hündchen Platz zu machen. Mory war außerhalb meiner Reichweite, Bryce aber blieb nur drei Meter von mir entfernt stehen. Sie machten so was nicht zum ersten Mal. Doch eine Kleinigkeit hatten sie nicht bedacht: Zwischen dem Hund und mir waren zehn Meter Abstand, und die Kette würde ihn bremsen.
Der Hund drehte den Kopf hin und her und bellte.
»Rück das Geld raus, du Drecksschlampe«, sagte Jeremiah.
»Nein.«
Jeremiah schüttelte sich die Kettenschlaufe vom Arm, und die Kette landete mit dumpfem Schlag auf dem Boden.
Der Hund stürmte los.
Ich zog Slayer aus der Scheide. Bryce rammte ich den Schwertknauf an den Hals und stellte ihm gleichzeitig ein Bein. Er fiel. Und noch ehe er auf dem Boden ankam, wirbelte ich herum, griff mit zwei Fingern nach der Metallfeder und riss sie aus meiner Messerscheide. Es kostete mich den Bruchteil einer Sekunde – ich konnte es mir nicht leisten, mich versehentlich zu schneiden, nicht während die Magie von Honeycomb uns umwirbelte –, dann traf ich den Hund mitten im Sprung. Ich rammte ihm den Federkiel ins fiese, aquamarinfarbene Auge, wirbelte an ihm vorbei und verpasste Jeremiah mit voller Wucht einen Tritt in den Bauch. Er versuchte noch, sich auf mich zu stürzen, doch da war ich schon hinter ihm und hielt ihm Slayers Klinge an die Kehle.
Alles erstarrte.
Der Hund stieß noch ein verblüfftes Winseln aus und ging dann zu Boden, und es klang, als würden Münzen hingeworfen. Bryce krümmte sich am Boden und schnappte nach Luft. Mory glotzte mich mit offenem Mund an. Jeremiah schluckte, und Slayers Klinge glitt über seinen Adamsapfel. Julie stand wie versteinert auf der Wohnwagenveranda.
»Was war das denn?«, fragte Mory entgeistert.
»Ihr drei habt mich gezwungen, vollkommen grundlos einen Hund zu töten.«
Ein Schweißtropfen perlte aus Jeremiahs dunklem Haar und glitt seinen unrasierten Hals hinunter. Nur zwei Millimeter näher, und das Zauberschwert würde ihm die Kehle aufschlitzen. Ich war stinksauer, und es fiel mir nicht leicht, die Hand ruhig zu halten.
»Ich habe bereits bezahlt, und ihr geldgierigen Dreckskerle wolltet noch ein zweites Mal abkassieren. Und weil ihr schon mal so toll in Fahrt wart, habt ihr auch gleich noch das kleine Mädchen bedroht. Seid ihr nicht ganz frisch in der Birne? Seid ihr überhaupt menschliche Wesen, oder hat euch dieser Ort auch noch das letzte bisschen Anstand geraubt?«, knurrte ich, obwohl ich wusste, dass es Vergeudung von Atemluft war.
Bryce kriegte schließlich wieder Luft und stöhnte.
»Du hast meinen Hund getötet«, sagte Jeremiah ungläubig. »Du hast meinen kleinen Schatz gekillt. Himmelherrgott, du hast meinen Hund getötet.«
Sie waren hinüber. Ich nahm die Klinge von Jeremiahs Kehle fort. Er sank zu Boden und hielt sich die Hände vors Gesicht. Dann ging ich zu dem toten Hund. Er
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