Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Schwefelhauch vom Entfachen einer Flamme kündete. Da peitschte das Haar panisch, umschlang mich und drückte fest zu. Ich warf dem Wesen das brennende Streichholz in die Tiefen der Frisur.
Das Haar fing sofort Feuer. Die Flammen loderten hell empor. Ich riss mich los.
Das Wesen kreischte und fuchtelte. Dann barst etwas, und es zischte, wie wenn Fett in ein Feuer tropft. Das Wesen strauchelte rückwärts, knallte gegen die Badezimmertür, die dabei zu Bruch ging, und warf sich dann auf der anderen Seite des Flurs in einen großen Spiegel. Es rammte ihn immer wieder, zerbrach das Spiegelglas in immer kleinere Scherben, die schließlich aus dem Rahmen prasselten.
Ich ergriff Slayer. Bleib nur mal einen Moment lang ruhig stehen, dann erlöse ich dich von deinen Qualen.
Die Flammenglut rülpste eine Rauchwolke, und der Gestank von verbranntem Fett erfüllte den Raum. Ich musste würgen. Der ganze Haarschopf war zu Asche verbrannt, die in grauen Flocken auf den Teppichboden rieselte und, von der Zugluft von der Wohnungstür her erfasst, um mich herumwirbelte. Das Wesen schüttelte sich unter Krämpfen, eine Wunderkerze des Wahnsinns, dem Verlöschen nah.
Julie kam mir einem Messer in der Hand aus der Küche gerannt. Sie stürzte sich in die Flammen und rammte die Klinge in den Bauch des Wesens. Das Wesen bekam davon offenbar gar nichts mit und wurde weiter von Krämpfen geschüttelt. Julie stieß immer wieder zu, hackte ganze Stücke aus dem immer noch brennenden Leib heraus.
Ich packte sie und zog sie an mich, von dem Feuer fort. »Das reicht!«
Julie bebte und atmete schwer.
Das Wesen prallte ein letztes Mal an die Wand. Diesmal brach das Rückgrat wie ein trockener Zweig. Graue Flüssigkeit platzte unter der verkohlten Hülle hervor. Die Pfütze am Boden breitete sich aus und schrumpfte wieder zusammen. Ich riss eine Schublade auf, nahm ein Reagenzglas heraus und schöpfte damit etwas von der widerlichen Flüssigkeit auf. Dann verschloss ich das Glas mit einem Korken. Es war zu gut einem Drittel gefüllt, und Ascheflocken trieben darin. Wahrscheinlich war meine Probe schwerer verunreinigt als das städtische Abwasser. Das war wirklich nicht mein Tag.
Ich legte mein Beweismittel neben mein Schwert auf den Küchentisch und wandte mich Julie zu. »Zeig mal deine Hände. Was hast du dir bloß dabei gedacht?«
Ich wusste ganz genau, was sie sich dabei gedacht hatte: Entweder du oder ich. Dieses Wesen hatte sie in Angst und Schrecken versetzt. Und sie war nicht davor geflohen, sondern hatte die Entscheidung getroffen, sich dagegen zu wehren. Das war gut. Bloß dass es, wenn Julie gegen ein so mächtiges Monster antrat, so ähnlich war, als würde man einem zum Kampfhund abgerichteten Dobermann mit einer Fliegenklatsche entgegentreten.
Julies Finger waren von den Flammen gerötet. Wahrscheinlich leichte Verbrennungen. Es hätte schlimmer kommen können. »Im Kühlschrank steht ein Töpfchen Wundsalbe. Schmier dir davon was auf die Händ e … «
Die Magie blinzelte. Eine Sekunde lang war sie fort, in der nächsten war sie wieder da. Ich blickte kurz zur Wohnungstür, um zu sehen, ob irgendetwas durchgedrungen war. Eine große Gestalt stand hinter meinem Wehr. Sie hielt sich leicht gebeugt und trug ein weißes Gewand. Die tiefe Kapuze, die ihr Gesicht verbarg, hing ihr fast bis vor die Brust. Sie wirkte fast wie ein in weißes Leinen gehüllter und zur Bestattung bereiter Leichnam.
Eine Männerstimme drang unter der Kapuze hervor, kalt und trocken. Wie unter schweren Stiefeln zermalmte Muschelschalen. »Gib mir das Kind.«
Nachdem ich seine Marionetten abserviert hatte, hatte sich nun der Puppenspieler höchstpersönlich zu einem Auftritt entschlossen. Wie schmeichelhaft. Ich schob Julie hinter die Ecke in der Wand, außer Sicht.
»Was bietest du mir denn für das Kind?«
»Dein Leben.«
»Mein Leben? Das ist aber kein sehr gutes Angebot. Solltest du nicht mindestens noch ein paar Reichtümer drauflegen und einen Stapel gut aussehender Männer?«
»Gib mir das Mädchen«, befahl die Reibeisenstimme. »Du bist nichts. Du bist keine Gefahr. Meine Kampfschnepfen werden nur allzu bald das Fleisch von deinen Knochen nagen.«
So nannte man also die üppig behaarten Damen. Ich bleckte die Zähne. »Dann sollten wir keine Zeit mit Geschwätz vergeuden. Nimm die blöde Kapuze ab, und los geht’s.«
Er richtete sich auf und hob die Arme. Wülste schwollen unter seinem Gewand rings um die Brust und die Arme hinauf.
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