Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Fomoraig.« Damit waberte Nebel empor, und er verschwand.
Meine Beine versagten mir den Dienst, und ich landete auf dem Bett. Fomoraig? Die Formorier. Morrigans alte Widersacher. So erklärte sich auch der Fischgestank: Ein Meeresdämon stank natürlich nach Fisch. Ich runzelte die Stirn. Bran diente Morrigan, und Morrigan und die Formorier konnten einander nicht ausstehen. So weit ergab das alles einen Sinn. Doch was wollte dieser Hirte von Julie?
Die Tür flog auf, und Derek stürmte herein, gefolgt von zwei weiblichen Gestaltwandlern.
Ich hielt ihm die Landkarten hin. »Hier. Zweimal an einem Tag. Du schuldest mir was.«
Derek nahm die Karten entgegen und schnupperte daran, und die beiden Frauen sahen derweil am Fenster nach.
»Er ist weg«, sagte die jüngere Frau.
Derek bebte vor Zorn. »Ich werde ihn finden. Das macht keiner zweimal mit uns.«
»Was ist hier los?« Curran betrat den Raum.
Derek erbleichte. Na, viel Glück dabei, wenn du ihm diese katastrophale Sicherheitspanne erklären musst.
Bran wirbelte in einem spiralförmigen Nebel ins Zimmer, riss mir den Bademantel auf und von den Schultern herunter, packte mich dort und küsste mich auf den Mund. Seine Zähne klackten an meine. Ich stieß mit dem Knie nach ihm, aber er hatte das geahnt und wehrte den Hieb mit einem Bein ab. Als ihm klar wurde, dass er seine Zunge nicht in meinen Mund bekommen würde, ließ er mich los. »Dich krieg ich schon noch«, verkündete er.
Curran schlug nach ihm, traf aber nur Nebelschwaden.
Ich wischte mir mit dem Handrücken den Mund ab.
»Hat er dir wehgetan?«, fragte Curran.
Wenn meine Augen Blitze hätten verschießen können, hätte ich ihn an Ort und Stelle mit Starkstrom gegrillt. »Das kommt drauf an, wie man ›wehtun‹ definiert. Was ist das überhaupt für ein Saftladen, den du hier leitest?«
Curran knurrte.
»Sehr beeindruckend«, sagte ich. »Er kann dich nicht mehr hören.«
Ich richtete ein weiteres Mal meinen Bademantel, legte mich wieder ins Bett und deckte mich zu. Das waren für eine Nacht wirklich genug peinliche Momente gewesen.
Kapitel 11
I ch erwachte davon, dass jemand mich anschaute. Ich schlug die Augen auf und erblickte Julies Gesicht ganz nah vor meinem. Wir sahen einander eine ganze Weile in die Augen.
»Du stirbst nicht, oder?«, fragte sie ganz sanft.
»Jedenfalls nicht sofort.« So etwas zu sagen rächt sich ja oft augenblicklich. Also machte ich mich bereit, auf der Stelle von einem durchs Dach krachenden Meteoriten erschlagen zu werden.
»Das ist gut«, sagte sie und legte sich zu mir, auf den Rand der Matratze, die Hände um die Knie geschlungen.
»Ich hatte nämlich große Angst. Ich kriege immer Angst, wenn Mom zur Arbeit geht.« Nun schob sie sich die Hände unter den Kopf. »Und auch wenn Red fortgeht.«
»Das ist aber nicht schön, so zu leben.«
»Ich kann nichts dagegen tun.«
Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Kinder begreifen den Tod normalerweise nicht. Sie fühlen sich unsterblich und sicher. Julie aber wusste, was der Tod war, ebenso gut wie ein Erwachsener, konnte aber nicht damit umgehen. Und ich wusste nicht, wie ich ihr da helfen sollte.
»Du hast etwas zu Red gesagt, wonach ich dich fragen wollte.« Wenn mir denn die richtigen Worte dafür einfielen. »Du hast gesagt, du würdest ihm das geben, was du hast. Was hast du damit gemeint?«
Sie zuckte die Achseln. »Sex. Red kennt ein Ritual, das meine Macht auf ihn überträgt, wenn ich Sex mit ihm mache.«
Ich starrte sie sprachlos an. Das war so dermaßen verquer, dass mein Hirn einen Moment lang damit überfordert war.
»Ich brauche das nicht. Und es ist ja auch nichts Besonderes. Ich kann halt die Farben der Magie sehen – na und? Wenn ich es an ihn weitergebe, wird er davon stärker und kann uns beide beschützen. Ich würde es auch gerne jetzt schon tun, aber er will noch warten. Er sagt, wenn wir damit warten, bis ich richtig erwachsen bin, wird seine Macht noch stärker.«
»Julie, vertraust du mir?«
Die Frage überraschte sie. »Ja.«
Ich atmete tief durch. »Es gibt keinen Zauber, der magische Macht von einer Person auf eine andere übertragen könnte.«
»Aber –«
»Lass mich ausreden.« Ich setzte mich auf und gab mir große Mühe, in einem ruhigen, gleichmäßigen Ton zu sprechen. »Es gibt einen Hexenzauber, der es ermöglicht, die Macht eines anderen für kurze Zeit zum Schein anzunehmen. Und der hat durchaus etwas mit Sex zu tun, und man kann ihn so
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