Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
die es nicht so mit dem Fensterputzen hatte. »Sie hat immer einen Hundsfott bei sich.«
Ich runzelte die Stirn. »Einen Hund?«
»Nein. Einen Mann. Einen Schurken. Einen Dieb und Banditen.«
Fast hätte ich mit den Fingern geschnippt. »Groß, dunkler Typ, trägt eine Armbrust, löst sich bei Bedarf in Luft auf, kann die Finger nicht von den Frauen lassen?«
Die Mutterhexe nickte mir mit einem Lächeln zu. »Ja.«
»Den habe ich gesehen.«
Ihr Lächeln wurde breiter. »Das dachte ich mir.«
Wenn man jemanden mit seiner Klugheit blenden will, sollte man etwas ganz und gar Offenkundiges konstatieren. Brillant. Ich war schlichtweg brillant.
Die Junghexe sagte ganz leise und vertraulich, als flüsterte sie mir ins Ohr, statt meterweit entfernt auf ihrem Sofa zu sitzen: »Für das Wissen, das du verlangst, müsstest du uns eine Gefälligkeit erweise n … «
Die Alte lehnte sich zurück. Sie hob die Hände und spreizte sie. Magie umschloss sie wie dunkle Schwingen.
Der Boden bebte. Ein langer Spalt entstand zwischen Derek und mir, und ein moschusartiger Geruch stieg daraus hervor. Eine ölige rote Flüssigkeit drang aus der Spalte und floss von mir fort, auf Derek und den Vampir zu.
Derek riss sich die Kleider vom Leib. Er bog den Rücken zu einem Buckel, und seine Brust brach auf. Einen kurzen Moment lang sah ich, wie sich die Knochen neu arrangierten, dann schoben sich wieder Muskeln darüber und Fell brach hervor, und mit einem Mal stand dort ein Werwolf in dem Zirkel. Zwei Meter hoch aufragend, mit Pranken, die so groß waren, dass er damit meinen Kopf hätte umfassen können, und Kiefern, die meinen Schädel wie eine Eierschale zermalmt hätten. Halb Mensch, halb Tier – ganz Albtraum. Der Gestaltwandler in seiner Bestienform.
Ich konnte mich nicht erinnern, Slayer gezogen zu haben, aber ich hielt das Schwert in der Hand.
»Ihnen wird nichts geschehen«, versicherte mir die matte Stimme der Junghexe.
Die rote Woge brandete an Dereks Bann. Er riss die deformierten Kiefer auf. Seine Reißzähne schnappten in die Luft. Er stieß ein unheimliches Geheul aus, einen Klagegesang, ein Lied, das von der Jagd handelte und von dem Blutgeschmack auf seiner Zunge. Ich bekam Herzklopfen davon, und ich packte das Schwert fester.
»Wenn ihr ihm etwas antut, werdet ihr sterben.« Von dieser verdammten Alten ließ ich mich nicht aufhalten.
»Ihm geschieht nichts«, versprach die Junge.
Die rote Flüssigkeit floss um den Bann herum und dann daran zur Decke empor, sodass sie Derek in einer flüssigen Säule einschloss. Heilige Scheiße!
Nur Augenblicke später umfing eine zweite Säule den Vampir.
»Nun können sie uns weder hören noch sehen«, sagte die junge Hexe.
»Worin bestünde denn diese Gefälligkeit?«
»Der Hundsfot t … « Die Junghexe regte sich ein wenig in ihrem Gewand.
»Bring uns sein Blut«, sagte die Alte.
»… und alle deine Frage n … «, fügte die Mutter hinzu.
»… werden dir beantwortet«, schloss die Junge.
Ein Hexenchor. Wie hübsch.
»Wozu braucht ihr sein Blut?«
Die Alte verzog höhnisch das Gesicht. »Das spielt keine Rolle.«
»Für mich schon.«
»Dann kriegst du nichts!«
Mist, verdammter. Ich verbeugte mich. »Danke, dass ihr mich empfangen habt. Lasst bitte meine Gefährten frei, dann bin ich wieder weg.«
»Was kümmert dich das?«, fragte die Mutter.
»Ich werde nicht das Blut von jemandem besorgen, der so viel magische Macht hat, wenn ich nicht weiß, was damit geschehen soll.« Es war doch durchaus denkbar, dass sie das Blut dazu verwenden wollten, ihn zu verhexen, oder vielleicht wollten sie daraus eine Seuche brauen, der anschließend die ganze Stadt erlag. Ich wusste, dass sie mich nicht anlügen würden. In dieser neuen Welt der Magie waren alle sehr auf ihre Reputation bedacht.
»Ist das dein letztes Wort?«, fragte die Mutterhexe.
Es wäre falsch gewesen. Nicht einmal um Julies und ihrer Mutter willen hätte ich das tun sollen. Manche Dinge tat man einfach nicht, ganz egal, welche Ziele man verfolgte. »Ja.«
»Dann fort mit dir!«, bellte die Alte.
Ich wandte mich ab.
»Warte.« Die Stimme der Junghexe zupfte magisch an mir. Ich sah zu ihr hinüber.
Die alte Hexe funkelte sie an. »Nein!«
»Doch«, flüsterte die Junge. »Es geht nicht anders.«
Sie erhob sich vom Sofa und nahm ihr Haar ab. Ihr Kopf war kahl. Dann glitt ihr Gewand herab. Jetzt stand sie bis auf die Unterhose nackt vor mir.
Die Bewegungen strengten sie sichtlich an, und kurz
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