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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Schild ist ganz schön dick. Wir müssten durch den Hals wieder raus. Und wenn sie den Kopf einzieht, müssten wir uns da durch eine ganze Menge Fleisch kämpfen.«
    »Mit anderen Worten: Wenn sie uns frisst, sind wir im Arsch.«
    »Recht derb gesagt, aber zutreffend.«
    Ich wandte mich an die Führerin. »Kommen Sie mit?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Nette Idee. Man nehme die leichtgläubigen Eindringlinge, führe sie ein bisschen herum und verfüttere sie anschließend an die Riesenschildkröte. Die Schildkröte ist satt, die Eindringlinge fallen keinem mehr auf den Wecker, und alle sind zufrieden.
    »Derek, was witterst du?«
    Er trat einen Schritt vor, sog tief Luft ein und krümmte sich dann mit einem Nieskrampf zusammen. Mein Werwolf hatte eine Schildkrötenallergie. Warum immer ich?
    »Riecht es irgendwie säuerlich? Nach Tieratem?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, es riecht nach Wasser. Und nach Blumen.«
    Ich richtete meine Schwertspitze auf die Führerin. »Wenn das Vieh uns frisst, bring ich es um, und anschließend erledige ich dich.«
    Die Führerin nickte erneut. Sie wich aber nicht zurück und floh auch nicht entsetzt. Vielleicht war ich einfach nicht unheimlich genug. Vielleicht sollte ich mir mal ein paar Hörner oder Reißzähne zulegen.
    »Ich geh da jetzt rein. Ihr beide solltet vielleicht besser draußen bleiben.« Ich duckte mich und machte einen Schritt ins Maul der Schildkröte.

Kapitel 16
    D ie Zunge gab unter meinen Füßen ein wenig nach. Es war, als ginge man auf einem vollgesogenen Schwamm. Vor mir die Dunkelheit des Schlunds. Ich bückte mich tiefer, um nicht an den Gaumen zu stoßen, und schritt weiter tapfer voran.
    Hinter mir nieste Derek.
    »Willst du doch mitkommen?«
    Hatschi . »Das lasse ich mir nicht entgehen.«
    Im Hals ging es ein wenig bergab, und der Untergrund war hier mit einer trüben Flüssigkeit bedeckt. Lange Fasern von etwas, das wie Algen aussah, hingen von der Decke dieses Halstunnels, und daraus tropfte weitere Flüssigkeit herab. Hoffentlich war das keine Säure. Es roch nach ganz normalem Teichwasser und nur ein klein wenig nach Fisch. Ich zog ein Wurfmesser und tauchte die Messerspitze in die Flüssigkeit. Sie verfärbte sich nicht. Dann berührte ich die feuchte Klinge, und mein Finger wurde nicht weggeätzt. Ausgezeichnet.
    Ich ging weiter, schritt in das Wasser hinein, rutschte aus und landete auf dem Allerwertesten. Wieso immer ich?
    Der Vampir huschte an mir vorbei und sah sich noch einmal kurz nach mir um. »Wie stets ein Bild vollkommener Anmut.«
    »Schnauze.«
    Jetzt hatte ich die Stiefel voller Schildkrötensabber.
    Der Vampir lief noch einen Schritt weiter und verschwand dann urplötzlich unter Wasser.
    Ich rappelte mich hoch.
    Der Kopf des Vampirs kam wieder zum Vorschein. »Hier ist es ein bisschen tiefer«, warnte Ghastek.
    Ha! Das geschah ihm recht.
    Das Wasser ging mir nun bis zur Taille. Ich watete durch den dunklen Tunnel, und das Planschen des Vampirs vor mir war der einzige Anhaltspunkt, wohin es ging. Derek hatte endlich aufgehört zu niesen.
    Der Tunnel machte eine Kehre. Ich kämpfte mich hindurch und blieb stehen.
    Hier stand ich in einem flachen Becken voller Seerosenblätter und cremefarbener Seerosen.
    Vor mir begann eine große Kuppel. Hoch oben, an ihrem Scheitelpunkt, war der Rückenschild durchscheinend, und von dort drang fahles Licht herein. Nach unten wurden die Wände zusehends dunkler, ließen noch das Grün der Gräser erkennen, die den Panzer außen umschlossen, und gingen schließlich in schwarz-grünen Marmor über. In die Kuppelwände waren kleine, rechteckige Nischen eingelassen, und in jeder davon befand sich eine in Blattgold gefasste und mit einem Namen versehene Glyphe. Dieses ganze Arrangement war mir irgendwie sehr vertraut, doch hier kam es so unerwartet, dass ich einen Moment brauchte, bis ich erkannte, was es war.
    Ich stand in einer Gruft.
    Ein leiser Laut ließ mich herumfahren. Das Becken endete zwei Meter vor meinen Füßen, und dahinter, am anderen Ende des Schildkrötenpanzerbodens und knapp außerhalb des Lichts, befand sich ein rechteckiges Podium. Und auf diesem Podium saßen drei Frauen.
    Die rechte Frau hätte gut den Mittelpunkt eines fünf Generationen umfassenden Familienporträts abgeben können: hutzelig und zerbrechlich, hatte sie die Siebzig längst hinter sich gelassen. Ihr feines weißes Haar ähnelte einer Wattegloriole. Die schwarze Seide ihres Kleids betonte ihr Alter noch zusätzlich.

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