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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Susan-B.-Anthony-Dollar! Auf den bist du doch bestimmt scharf, oder?
    Ich steckte das Halsband wieder ein. Ich konnte es nun den ganzen Abend lang anstarren und herauszufinden versuchen, was daran als Magnet für Kampfschnepfen fungierte, oder ich konnte einfach Julie fragen, den menschlichen M-Scanner, welche dieser Münzen ihr seltsam vorkam. Wenn ich denn mit meiner Theorie überhaupt richtig lag.
    Ich nahm an dem Halsband aber keinen Schutzzauber wahr. Vielleicht hatte Red etwas gefunden, das eigentlich dem Hirten gehörte, irgendein Amulett. Doch wahrscheinlich hatte er es eher gestohlen und es an dem Halsband angebracht, um es zu verbergen. Doch leider hatte dieser Gegenstand eine magische Ausstrahlung, und wer auch immer das Halsband bei sich trug, verwandelte sich in ein Kampfschnepfenlockmittel. Wenn ich recht hatte, war Red klar geworden, dass er verfolgt wurde, und er hatte das Ding an Julie weitergegeben, in dem Wissen, dass die Schnepfen kommen würden, um es sich wiederzuholen. Er hatte es ihr nicht gegeben, um sie zu beschützen, sondern um sich selbst aus der Schusslinie zu bringen und die Schnepfen auf ein neues Ziel anzusetzen. Und ob er nun noch ein Kind war oder nicht – das war wirklich oberfies von ihm.
    Als ich schließlich vor meinem Wohnhaus angelangt war, war ich mittlerweile so stinksauer auf Red, dass ich ihn am liebsten windelweich geprügelt hätte. Red war ein Problem. Julie liebte ihn, wider alle Vernunft, und er nutzte sie nur aus, wie es ihm gerade in den Kram passte. Red hatte wirklich ernsthaft einen an der Klatsche. Und ich verstand auch, was dahintersteckte: Er lebte auf der Straße, war ganz allein, musste oft hungern und sich permanent schikanieren lassen. Ich hatte aber auch schon Straßenkinder gekannt, die zu anständigen Menschen herangewachsen waren. Bei Red hingegen hatte ich so das Gefühl, dass sein Moralkodex aus einem einzigen Satz bestand: Alles, was Red nutzt, ist richtig.
    Ich machte das Kutschpferd vor dem Hauseingang fest. Dann lief ich die Treppe zu meiner Wohnung im zweiten Stock hinauf, nur um festzustellen, dass eine neue Tür eingesetzt worden war, für die ich keinen Schlüssel besaß.
    Ich lief wieder runter ins Erdgeschoss und klopfte beim Hausmeister. »Mr. Patel?«
    Mr. Patel war der netteste Hausmeister, mit dem ich je zu tun gehabt hatt e … aber auch der lahmste. Von walnussbrauner Hautfarbe und mit stets schläfrig blickenden, schwerlidrigen Augen, pflegte er sich mit einer genüsslichen Gelassenheit zu bewegen, und es wäre schlicht unter seiner Würde gewesen, sich zu beeilen. Wenn man versucht hätte, ihn zu etwas mehr Eile anzutreiben, hätte ihn das auf das Tempo von gut gekühltem Sirup abgebremst. Er brauchte geschlagene fünf Minuten, bis er seinen Schlüsselbund fand, und anschließend stieg er mit bewundernswert würdevollem Schritt die Treppe hinauf. Als er endlich die Tür aufgeschlossen und mir den richtigen Schlüssel in die Hand gedrückt hatte, tänzelte ich bereits vor Ungeduld auf der Stelle.
    Ich lief in meine Wohnung, schnappte mir Esmeraldas Bücher, lief wieder hinaus, warf die Tür hinter mir zu, rannte die Treppe hinab und rauschte dabei an dem völlig verblüfften Mr. Patel vorüber.
    Die Tür zum Keller stand einen Spaltbreit offen. Eine einzelne Glühbirne beleuchtete ihre runden Konturen, und die Tür schimmerte am Fuß der schmalen Treppe wie eine riesige Münze.
    Sie hätte fest verschlossen sein müssen.
    Ich stieg die schummrig beleuchtete Treppe hinab, eine Stufe nach der anderen, mein Schwert in der Hand. Draußen hatte es schon nach Wolfswurz gerochen. Wolfswurz (auch Eisenhut genannt) wurde dazu verwandt, Gestaltwandler von einer Spur abzulenken. Irgendjemand wusste, dass ich Derek bei mir hatte. Wenn diese Maßnahme denn überhaupt mir galt.
    Derek schlief oben auf dem Treppenabsatz. Ich hatte ihn in mein Büro tragen wollen, aber ich war zu erschöpft, und er hatte immer brav seine Frühstücksflocken aufgegessen. In Wolfsgestalt wog er vermutlich so um die siebzig Kilo. Auf halber Strecke hatte ich es aufgegeben.
    Auf der Treppenstufe direkt vor mir waren zwei Blutstropfen zu sehen. Zwei Stufen tiefer sah ich einen weiteren. Pulvergeruch lag in der Luft. Andrea hatte gefeuert. Ihr Gegner hatte offenbar nur einen Streifschuss abbekommen, denn sonst hätte ich hier auf der Treppe statt ein paar Blutstropfen einen veritablen Leichnam vorgefunden.
    Ich schlich die Treppe hinunter und verharrte mit dem Rücken an

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