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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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der Wand. Ein heiseres Atmen hallte durch den Keller. Es klang ein wenig wie eine stumpfe Säge, die durch Holz gezogen wurde.
    Ich beugte mich vor und spähte durch den Türspalt.
    Ein zerfleischter, von Kleiderfetzen eingehüllter Körper lag zusammengekrümmt auf dem Boden. Es war ein grotesker Haufen nicht zueinanderpassender Gliedmaßen, missgestaltet oder zerfetzt, ein Mischmasch aus rohem Fleisch, rot und schlammbraun. Ein weiterer heiserer Atemzug. Und von Julie nichts zu sehen.
    Dann wandte der Körper den Kopf herum. Ich sah ein Büschel blonder Haare und ein blaues Auge. Das andere Auge war hinter einem Fleischfetzen verborgen.
    Andrea .
    Ich lief zu ihr. Die Flecken an ihren Gliedmaßen waren kein Dreck, sondern Fell. Kurzes, braunes Fell mit hellen Tüpfeln.
    Ihre Brust war deformiert und viel zu flach. Die Haut ihres Bauchs endete abrupt, nicht aufgeschlitzt, sondern einfach viel zu kurz, als wäre nicht genug davon vorhanden. Und durch diese Lücke schimmerten die Schlingen ihrer Eingeweide. Ihr linkes Bein lief in eine Pranke aus, während das rechte viel zu lang war und sich am Ende nach hinten drehte. Ihre Kiefer standen vor und passten nicht aufeinander, ihre Lippen waren viel zu kurz, und die Spitzen der Reißzähne drangen ihr durch die Wangen.
    Gütiger Gott. Jetzt hatte der Lyc-V sie doch noch erwischt.
    Andreas linkes Auge fokussierte sich auf mich, die Iris leuchtete himmelblau. Ein gedehntes, gurgelndes Geräusch entrang sich ihrer Kehle. »Hiiilfe.«
    Doch damit war ich überfordert. Ich hatte noch nie einen Gestaltwandler gesehen, der zwischen zwei Gestalten gefangen war.
    Ich musste jemanden finden, der ihr helfen konnte. Doolittle. Doch der war in der Festung des Rudels. Ich würde Stunden brauchen, bis ich bei ihm war. Andreas Haut hatte eine blassgraue Färbung angenommen, was darauf hindeutete, dass der Gestaltwandlerkörper seine letzten Reserven leerte. Andrea blieben womöglich kaum noch Stunden.
    Moment mal. Doolittle war Curran treu ergeben. Er würde sie sofort verraten. Das Rudel würde sie testen lassen, um sicherzustellen, dass sie kein Loup war, und dann würde sie Curran gegenübertreten müssen. Und man konnte nicht gleichzeitig Curran und dem Orden treu sein. Sobald herauskam, dass sie Gestaltwandlerin war, würde der Orden sie ausschließen. Andrea aber hing mit Leib und Seele am Orden. Da konnte ich sie genauso gut auch gleich sterben lassen.
    Doch wenn ich nichts unternahm, würde genau das geschehen.
    Doolittle kam nicht infrage. Und Derek war außer Gefecht gesetzt. Wohin konnte ich sie dann bringen?
    Ein Zittern lief durch Andreas Gliedmaßen. Ihr rechter Fuß streckte sich. Die Knochen bewegten sich auf quälend langsame Weise. Sie stöhnte, und in diesem Laut lag ein solcher Schmerz, dass es mir durch und durch ging. Ihr Bauch krampfte sich zusammen, sie spannte die Pobacken an, und dann war der Krampf wieder vorüber, und sie sank auf den Boden zurück.
    Nun breitete sich ein beißender Gestank im Raum aus. Ich kannte diesen Gestank. Hyäne.
    Die Gestaltwandler teilten sich die Festung, aber jeder Clan besaß dort einen eigenen Versammlungsort, so wie auch jeder Clan ein eigenes Alphapaar besaß. Die Hyänen mussten darüber hinaus aber auch noch einen eigenen Stützpunkt haben. Sie waren zwar längst nicht so zahlreich wie die Wölfe oder die Ratten, aber es gab doch so viele von ihnen, dass sie ein eigenes kleines Rudel bildeten. Ich kannte ihre Anführerin – eine ältere Frau namens Tante B. Und ich hätte lieber gegen ein ganzes Wolfsrudel gekämpft, als mich mit ihr anzulegen. Sie trug zwar einen Dutt und hatte stets ein liebreizendes Lächeln auf den Lippen, doch ich zweifelte nicht, dass sie ebenso liebreizend lächeln würde, während sie sich gerade mit ihren Klauen über meine Leber hermachte. Hyänen und Löwen kamen schon von Natur aus nicht gut miteinander klar. Curran anerkannte das. Die Hyänen unterstanden zwar dennoch seinem Befehl, aber er gestattete ihnen so viel Eigenständigkeit, dass sie ihre Probleme selber regeln durften.
    Ich musste Andrea unbedingt zu Tante B bringen. So unheimlich sie mir auch war, besprach ich diese Sache doch viel lieber mit ihr als mit Curran.
    Ich beugte mich über Andrea. »Ich bringe dich jetzt zum Rudel der Hyänen.«
    Sie machte große Augen. Sie schauderte und stöhnte. »Nein. Das geht nicht.«
    »Keine Widerrede. Wir haben keine andere Wahl.«
    Ich schob die Arme unter sie. Gewebsflüssigkeit nässte mir

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