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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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hatten es viele Male gespielt, und es hatte keine Wirkung mehr: Zum Schluss hörten sie es wegen seines Inhalts, doch sie interessierten sich nicht für Ez’ Vater.
    Wir boten andere Stücke aus seiner Lebensgeschichte an: Klischees der Diplomatie, nutzlose Gedanken, Wetterberichte. Wirgaben ihnen umsonst Wir sind sehr glücklich über die verbesserten Möglichkeiten für technische Zusammenarbeit und versuchten sie mit den ersten paar Phonemen von Ich brach mir das Bein, als ich aus dem Baum fiel zu verführen.
    »Sie fragen, ob wir das über inakzeptable Verschleißgrade in der Veredelungsindustrie haben«, sagte Ben oder Tham. »Sie haben von ihren Nachbarn darüber gehört.«
    Wir haushalteten sorgfältig und gaben ihnen so viel, dass wir die benötigten Bio-Fabrikate erhielten sowie ein paar Fachkenntnisse und Erklärungen. Indem wir dies taten, verbreiteten wir auch die Abhängigkeit, das wussten wir. Wir brachten das reine Produkt – EzRa-Rede – auf den Markt, und diese bisher nur halb betroffenen Provinzler würden nun der Sucht erliegen.
    Nach diesem ersten Mal machte ich zwei weitere ähnliche Reisen. Kurz danach kehrte ein weiteres unserer Luftschiff-Tiere nicht zurück.
    Als unsere Cams es schließlich fanden, spulten sie uns Bildmaterial und Trids von ihm zurück: Es war tot, und ausgebrannte Fleischstücke und ein Schlick von Gedärmen waren über die Landschaft verstreut. Darin erstickt und zerschmettert waren alle unsere Leute. Botschafter, Steuermann, Techniker, Botschaftspersonal.
    Ich hatte Botschafterin LeNa nur wenig gekannt, eines der Besatzungsmitglieder jedoch gut. Als wir die Bilder sahen, hielt ich meine Hände gegen den Mund gepresst. Wir waren alle betroffen. Die Leichen holten wir zurück und ehrten sie mit neuen Zeremonien, so gut wir es vermochten. Unsere Mannschaften durchsuchten das vermodernde Wrack.
    »Das Schiff war nicht krank, ich denke nicht«, berichtete unser Ermittler in unserem Ausschuss. »Ich weiß nicht, was passiert ist.«
    In Botschaftsstadt taten wir unser Bestes, um dem Recht der Straße entgegenzustehen. Doch wir – eine kleine Gruppe von Ersatzorganisatoren – konnten eine Entartung in diese Richtung nur verlangsamen. Weitere Botschafter schlossen sich uns an: Das Entsetzen trieb sie zu einer Organisation, und MagDa inspirierten sie. Andereblieben nutzlos. Zwei weitere Botschafter töteten sich selbst. Einige deaktivierten ihre Verbindungselemente.
    Ez wirkte … vielleicht nicht ruhiger, jedoch gebrochener, wie ich glaubte, als ich ihn wieder einmal beaufsichtigte. Als ich ihn allerdings zu guter Letzt bei Ra ablieferte, stritten sie sogar noch bösartiger denn zuvor.
    »Ich kann dich immer noch in Schwierigkeiten bringen!«, schrie Ez weiter. »Es gibt Dinge, die ich sagen könnte.«
    Wenn wir in die Gastgeberstadt gingen, mussten wir an den Leichen von Häusern und Ariekei vorbeigehen. Der tödliche Zerfall von Bio-Fabrikaten, die so entworfen und gezüchtet worden waren, dass sie nicht sterben sollten, vergiftete die Luft mit unerwarteten Dünsten. Wir hörten, dass noch mehr Ariekei rund um die Lautsprecher kämpften. Einige ihrer Toten starben durch die Gewalt der Verzweifelten. Einige – jene, die nicht genug von der neuen »Nahrung« hatten, die sie benötigten – starben einfach. Und an einigen Orten gab es organisierte Grausamkeiten, verübt von Kadern, die neue Formen der Kontrolle erprobten. Die Lebenden griffen zu, egal, welche Datchips wir ihnen gaben: Das waren unsere Belohnungen für jene zähen lokalen Organisatoren, mit denen gemeinsam wir gerade eben ein zerbrechliches System am Laufen halten konnten.
    Eines Abends, als wir nach Botschaftsstadt zurückkehrten, blieb ich hinter meinen Kollegen zurück und schüttelte mir den Mulch von verrottenden Brücken von den Stiefeln. Ich blickte in die ariekenische Stadt zurück und sah, dass zwei Menschenfrauen mich anschauten.
    Sie waren nur eine Sekunde da. Sie standen jeweils auf einer Seite einer Gassenmündung, meterweit voneinander entfernt, und sahen mich ernst an. Dann waren sie fort. Ich konnte sie nicht gut beschreiben, und wahrscheinlich würde ich sie nicht wiedererkennen; doch ich wusste, dass sie das gleiche Gesicht gehabt hatten.
    Erst später, als die Dinge von Neuem in die falsche Richtung liefen und diese neuen Routinen in die Brüche gingen, wurde mir einesklar: Ich hatte schon daran geglaubt, dass wir uns durchwursteln könnten, bis das Schiff kommen und uns alle ausfliegen

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