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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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und winkte uns herab. Er hatte eine Fackel in der Hand: Es war Nacht. Eine schmale Straße hinunter zeterten Ariekei außerhalb eines Gebäudeblocks. Eine kleine Gruppe von Terre war innen drin. Sie hatten sich nicht dem Exodus aus diesem Gebiet angeschlossen. »Idioten«, sagte irgendjemand.
    Die Ariekei schleuderten Dinge: Abfall, Gestein, Glas. Der Reihe nach packte jeder von ihnen die Tür, deren Verschlussmechanismus sie frustrierte. Sie schrien in Sprache. EzRas Stimme. Wo ist sie?
    »Diese Gruppe ist die schwächste«, meinte Bren. »Sie sind in ihrem Drogenkonsum schon zu weit gegangen, um mit dem auszukommen, was wir ihnen jetzt geben.« Wir gingen zunehmend sparsamer mit der aufgezeichneten Gott-Droge um. »Sie wissen, dass Terre hier sind, und müssen glauben, sie besäßen EzRas Stimme auf Datchip oder irgendwas. Schau nicht so. Hier geht es nicht um Logik. Sie sind verzweifelt.«
    Vesp-Cams erfassten Datenmaterial. Wir sahen uns ihre Feeds an. Was fühlt man, wenn man das Ende erlebt? In meinem Fall war es nicht Verzweiflung, sondern Unglaube und endlose Erschütterung. Dort war ein Terre-Körper, in den roten Matsch getreten von den Hufen der Ariekei. Ein zermalmter Mensch. Ich war nicht die Einzige, die bei diesem Anblick aufschrie.
    Die Cams huschten näher heran. Eine wurde in der Luft von einem zornigen Präsentflügel aus der Luft geschlagen. Polizisten tasteten nach ihren Waffen – doch würden wir die Ariekei angreifen? Wir konnten nicht Vergeltung üben. Wir wussten nicht, was das hervorrufen würde.
    Beamte erreichten die Rückseite von Gebäuden, machten heimliche Ausgänge und brachten die entsetzten Bewohner fort. Wir verfolgten das Material aus zwei Perspektiven: die Beamten mit den ihnen anvertrauten Menschen; die schreienden Gastgeber, die das Haus angriffen. Es gab weitere Bewegung. Noch mehr Ariekei näherten sich.
    »Dort«, sagte Bren. Er war nicht überrascht von dem, was er sah.
    Vier oder fünf Neuankömmlinge waren da. Ich dachte, sie würden kommen, um sich dem Angriff auf das Haus anzuschließen. Doch zu meinem großen Schreck drängten sie sich in Keilformation in die Menge der anderen Ariekei und schlugen mit ihren Präsentflügeln um sich. Sie bäumten sich auf und wuchteten die Hufe in ihre Landsleute hinein, sodass Schalen zerschmettert wurden. Der Kampf war schnell und brutal.
    Ariekenisches Blut spritzte umher, und es erschollen die Schmerzensschreie von Gastgebern. »Schau.« Ich streckte den Zeigefinger aus. Die Cams flitzten und gaben mir eine andere momentane Sicht auf einige der neuen Angreifer. »Siehst du es?«
    Sie waren ohne Fächerflügel. Sie hatten nur Stümpfe – Fleischfetzen. Bren zischte.
    Die traumatisierten menschlichen Bewohner schafften es zu unserem Flieger, schlossen sich uns an und beobachteten mit uns den neuen Kampf. Die Angreifer töteten einen der anderen Ariekei. Als ich ihn sterben sah, musste ich an Bienenkorb denken. Der Gastgeber lag da, rot mit Hufabdrücken in vertrautem geronnenem Blut: Sein Angreifer war in das hineingerutscht, was vom Terre-Menschen übrig geblieben war.
    »Also … wir haben jetzt ariekenische Beschützer?«, fragte ich.
    »Nein«, erwiderte Bren. »Das ist es nicht, was du gerade gesehen hast.«
    Wir übersiedelten die letzten Leute von den Rändern Botschaftsstadts in Gebäudeblöcke, die wir mit Polizisten und einer rasch eingeführten Bürgerwehr bewachen konnten. Einige, die sich weigerten, mussten wir zum Verlassen zwingen. Ariekei versammelten sich an den Enden der Straßen und sahen zu, wie ihre menschlichen Nachbarn gingen. Wir terminierten eine Übertragung von EzRa so, dass sie mit unserer Evakuierung zusammenfiel: Die Doppelstimme rief, und die Ariekei wirbelten herum, stürmten zu den Lautsprechern und ließen uns in Ruhe.
    Zwischen der verderbenden Gastgeberstadt und dem Zentrum von Botschaftsstadt war eine verödete Zone entstanden: unsere Gebäude, unsere Häuser ohne Männer und Frauen in ihnen, die alle Wertsachen mitgenommen und nur das Minderwertige und Überflüssige hinter sich gelassen hatten. Ich half, den Auszug zu beaufsichtigen. Danach spazierte ich in der dünnen Luft am Rande des Äoli-Hauchs durch halb leere Räume.
    Die Energie war immer noch angeschlossen. An einigen Orten hatte man Bildschirme und Flats eingeschaltet gelassen, und Nachrichtensprecher redeten zu mir. Sie beschrieben genau die Umzüge, durch die diese Geräte alleine zurückgelassen wurden; sie interviewten Mag und Da,

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