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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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waren gebrochene Halbpersonen.
    Es gab eine riesige Vielfalt von Gescheiterten. Viel mehr, als es Botschafter gab. Ich war entsetzt über diese Zahlen. Das habe ich niemals gewusst, sagte ich zu mir selbst. Wir waren zu kultiviert, um ihnen ein Ende zu bereiten, daher dieses artige Gefängnis, wo wir darauf warteten, dass sie starben. Ich las jedes Namensschild,an dem wir vorbeikamen, und ich bemerkte, dass ich nach solchen Ausschau hielt, die ich kannte, wie etwa DalTon – nach den Namen von Abtrünnigen, über die nur schlechte Bürger wie ich sprachen. Sie waren nicht hier.
    Wir kamen an einer extremen Abteilung vorbei. Männer und Frauen, die älter als meine Schichteltern waren, bellten wie Tiere. Dann gab es noch diejenigen, die mit ausgesuchter Höflichkeit via Kommunikas zu ihren Pflegern sprachen oder zu niemandem.
    »O Gott!«, entfuhr es mir. »Christus Pharotekton.«
    Der Drogenentzug führte dazu, dass shoah  |  to-tuan gedankenlos seinen Darm entleerte. Dann begriff er, was er getan hatte, und sagte etwas voller Scham: Eine solche Handlung war für die Gastgeber ebenso tabu wie für uns.
    Ich glaube, die Ärzte führten uns absichtlich auf einem so langen Weg zu unserem Bestimmungsort, einem Raum, wo wir unsere Hörproben abhalten konnten. So wurden wir zu Voyeuren, Kammer nach Kammer. Wir passierten in helleren Farben bemalt Wände, wo Spiele auf den Bildschirmen liefen; und – Gott helfe mir – die Ästhetik war so unpassend, dass ich einige Sekunden brauchte, um es zu verstehen. Dies war der Bereich, wohin sie die jungen Botschafter brachten. Einige waren nur fünfzig Kilostunden alt. Ich schaute nicht durch die Fenster dieser Türen, und ich bin froh, dass ich nicht die Kinder gesehen habe, die nicht zu reparieren waren.
    In einem großen Raum baten wir shoah  |  to-tuan um Aufmerksamkeit. Nacheinander brachten die Ärzte diejenigen herein, die sie am ehesten für Kandidaten hielten, und jeder von ihnen stand unter Bewachung.
    Wer niemals Sprache beherrscht hatte, war nicht gut genug für uns; Gleiches galt für die zu Labilen. Doch einige Paare, die man fast ihr ganzes Leben lang festgehalten hatte, waren für nichts weiter eingesperrt worden, als dass etwas fehlte, wenn sie in Sprache redeten – ein Bestandteil, den wir nicht entdecken konnten. Viele von ihnen bewahrten sich einen erstaunlichen Grad von geistiger Gesundheit. Das waren die Leute, mit denen wir es versuchten.
    Ein alterndes Duo stand vor uns: Männer ohne irgendeine lässigeBotschafter-Arroganz. Stattdessen schienen sie der Förmlichkeit, die wir ihnen schenkten, kaum gewachsen zu sein. Sie nannten sich XerXes. Der Ariekei bannte sie: Seit Jahren hatten sie keine Gastgeber gesehen. »Einst konnten sie Sprache sprechen«, teilte uns ein Arzt mit. »Dann hörten sie plötzlich auf, dazu imstande zu sein. Wir wissen nicht, warum.«
    XerXes hatten ein zurückhaltendes, nicht wissbegieriges Gemüt.
    »Erinnern Sie sich an Sprache , Botschafter XerXes?«, wollte Da wissen.
    »Was für eine Frage!« »Was für eine Frage!«, erwiderten XerXes. »Wir sind ein Botschafter.« »Wir sind ein Botschafter.«
    »Würden Sie bitte unseren Gast für uns begrüßen?«
    Sie blickten aus dem Fenster. Bereiche der Gastgeberstadt waren ohne Bewegung, verfärbt vom Entzug und überzogen von Talgzysten.
    »Sie grüßen?«, fragten XerXes. »Sie grüßen?«
    Sie murmelten miteinander. Sie bereiteten sich ausführlich vor, wisperten und nickten. Wir wurden ungeduldig. Dann sprachen sie. Klassische Worte, die sogar ich gut kannte.
    » suhail kai shu  |  shura suhail «, sagten sie. Es ist sehr schön, Sie zu begrüßen und hierzuhaben .
    Die Augen-Koralle des Ariekei fuhr hoch. Ich dachte – weil ich es wollte –, dass es wie die Bewegung sei, die Ariekei machten, wenn sie EzRa sprechen hörten. shoash  |  to-tuan spähte langsam im Raum umher.
    Er schaute nur, weil es ein neues Geräusch im Zimmer gegeben hatte. Vielleicht hätte er auf dieselbe Weise reagiert, wenn mir ein Glas hinuntergefallen wäre. Er verlor das Interesse. XerXes sprachen erneut, so etwas wie: Würden Sie jetzt zu mir sprechen? Der Ariekei beachtete sie nicht, und XerXes redeten wieder, und ihre Stimme fiel auseinander und zersetzte sich. Die Schnitt- und die Drehungsstimme, die sie jeweils sagten, waren nur noch die Hälften eines unterschiedlichen Flehens. Es war nicht angenehm.
    Ich glaube nicht ganz, dass keine Sprache darin war. Ich denke, dass da etwas war, ein

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