Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
Vom Netzwerk:
verwahren, und setzten Technologien ein, die nicht süchtig werden konnten, damit sie so gut wie möglich vor Kreuz-Kontaminationen geschützt waren. Trotz aller Anstrengungen wussten wir jedoch, dass wir möglicherweise nicht imstande sein würden, Suchtkrankheit oder Übelkeit von unseren Atemmaschinen fernzuhalten; und kein Gelehrter der Gastgeber würde uns jetzt helfen.
    Geriete der Äoli ins Keuchen, würden wir genauso schnaufen: Dann würden die Ariekei unsere Verteidigungsanlagen durchbrechen und hineinspazieren. Wenn sie mit uns Schluss gemacht hätten, würden wir mit der üblichen Trägheit von Toten daliegen. Die Ariekei würden uns anstupsen und sinnlos bitten, wie EzRa zu sprechen. Dann würden entweder alle sterben oder neue Generationen geboren werden, die ihre Kultur neu anfingen. Vielleicht würden sie ja rund um unsere Knochen und die ihrer Eltern Rituale entwickeln.
    Das waren die Albträume, die uns verfolgten. In diesem Umfeld traf die Gott-Droge EzCal ein.
    Ich hatte Bren, MagDa und anderen die Aufgabe überlassen, unsere letzte Hoffnung zu drangsalieren und zu erziehen. Ich hatte es vorgezogen, andere Aufgaben zu überwachen: die Beförderung von Vorräten und von Waffen. Obwohl ich wusste, dass Cal aufwachte, dass er Ez erneut vorgestellt wurde, dass sie ihre ersten Versuche unternahmen, dass sie den Stadt-Test ablegten, dass die Ergebnisse ausgerechnet wurden, fragte ich zu keinem Zeitpunkt, was sich gerade ereignete. Ich mied sogar Bren.
    Gerüchte verbreiteten sich, dass irgendetwas gemacht wurde.Dass man einen Autom perfektioniert hatte, der nun Sprache beherrschte. Dass die Botschafter und ihre Freunde eine Flapo vorbereiteten, um das Wagnis einzugehen, durch das Immer zu entfliehen. Die Wahrheit ließen wir nicht durchsickern, weil sie zu unverbindlich erschien. Als EzCal in unserer jüngst von Albträumen heimgesuchten Stadt schließlich auftauchten, erkannte ich einen weiteren Grund, weshalb wir nichts gesagt hatten: wegen ihres Auftritts. Die Erfüllung eines Versprechens mag ein klassisches Moment sein, doch Prophezeiungen bedeuten eine Antiklimax. Wie viel fantastischer war eine unerwartete Erlösung?
    Ich konnte nicht vermeiden, dass ich Informationen aufschnappte: als Cal erwachte, als er geheilt war. Obwohl ich den Einzelheiten aus dem Weg ging, soweit ich dies nur konnte, wusste ich, bevor er und Ez im Geviert der Botschaft auftauchten, dass sie es tun würden. Und so stand ich dort bereit. Tatsächlich schien jeder in Botschaftsstadt dort zu sein. Sogar Kedis und Shur’asi waren da. Ich sah Wyatt, der von Sicherheitsmitarbeitern flankiert war, die ihn sowohl bewachten als auch beschützten. Automa waren auch dort; ihre Turingware mühte sich ab, und daher brachten einige von ihnen eine unangebrachte Gutmütigkeit zum Ausdruck. Ehrsul konnte ich nicht entdecken. Nur durch meine Enttäuschung wurde mir überhaupt erst bewusst, dass ich nach ihr suchte.
    Wir waren nahe genug an den Grenzen unserer geschrumpften Stadt, um die ariekenischen Attacken auf die Barrieren sowie die Geräusche von Geschossen und deren Abwehr zu hören. Polizisten hielten Botschaftsstädter vom Eingang zur Botschaft fern. Es fiel mir auf, dass ich es vorgezogen haben musste, mich selbst von den Geschehnissen zu trennen, die in der Krankenstation passiert waren, damit ich dies hier, so gut es ging, beinahe wie ein Teil der Menschenmenge erleben konnte. Ich schaute zu den anderen Komiteemitgliedern hoch, die nun auseinandergingen. Cal trat nach vorn, hinter ihm war Ez.
    »EzCal!«, rief einer der offiziellen Begleiter. Und – Gott möge mir helfen! – irgendjemand in der Menge griff den Namen auf, und er wurde in Kürze ein Sprechgesang.
    Cal sah irgendwie erschreckend aus, was durch die sich bewegenden blendenden Lichter verstärkt wurde. Sein Kopf war rasiert und seine Kopfhaut der bleichste Teil seiner blassen Haut. Das Verbindungselement in seinem Nacken glänzte. Ich glaube, er wurde durch irgendein Gebräu aus Drogen munter gehalten: Er bewegte sich wie ein Insekt in kleinen Schüben. Über seinen Schädel zogen sich dunkle Nähte: große sichtbare Stiche, die von einer groben Technik zeugten; vermutlich waren sie erforderlich aufgrund des schwindenden Zubehörs von nanzymatischen Heilmitteln. Aber dadurch wurde das Schauspiel dermaßen auf die Spitze getrieben, dass ich mich fragte, wie medizinisch notwendig es tatsächlich gewesen war. Er blickte in die Menge. Er starrte mich direkt an, obwohl

Weitere Kostenlose Bücher