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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Projekt.
    »Sie führen etwas im Schilde«, sagte Bren zu mir. »MagDa. Man kann erkennen, dass ihnen eine Idee gekommen ist.«
    Ez erklärte niemals, er würde uns helfen. Doch wir ließen ihm keine Wahl, und seine einzige Gegenwehr bestand darin zu schmollen. Er würde uns gehorchen.
    »Wirst du es machen?«, fragte ich Bren in jener Nacht. Ich sprach leise. Er sah weg. Es war jene Zeit, in der ich spürte, dass wir sprechen konnten, wenn er nackt war, und ich die nächtlichen Lichter der Gastgeberstadt beobachtete, die nun Karneval mit Bio-Feuern machte, deren Schimmer durch Brens Fenster leuchteten und seinen alternden Athletenkörper wie eine Glasur überzog.
    »Nein«, antwortete er. »Ich will nicht. Ich bin zu alt, zu festgefahren. Ich glaube noch nicht einmal, dass ich es könnte. Ich weiß, dass es nicht viele Wahlmöglichkeiten gibt. Ich wäre nicht gut darin: Ich würde die falsche Sache auf die falsche Weise sagen. Wer auch immer das macht, benötigt einen sehr, sehr großen Willen zu leben, und davon habe ich nicht genug. Sei nicht beleidigt. Ich verspüre keinen Wunsch zu sterben, aber ich habe auch nicht den notwendigen … Schwung …
    Ja, ich weiß. Ez ist die Schnittstimme; es muss der Drehungssprecher sein. Nun, wir können immer zu den Botschaftern gehen und welche finden, die verzweifelt genug sind, um sich von ihrem Doppel zu trennen. Das ist jetzt vielleicht nicht so schwer. Ich wette mit dir um Geld …« Er lachte darüber, wie albern Geld geworden war. »Ich wette, es gibt ein paar neue Getrennte für uns zum Aussuchen. Und einige von ihnen werden eine Drehungsstimme sein. Doch du weißt sowieso, wen wir auswählen werden.« Er wandte sich mir zu. »Es muss Cal sein.«
    Keiner von uns sprach daraufhin ein Wort. Ich sah ihn noch nicht einmal an.
    »Was wissen wir über Ez und Ra?«, fuhr er schließlich fort. »Sie waren keine Doppel. Doch das, was sie gemeinsam hatten, war vielleicht wichtig. Hass. Wir bilden keinen neuen Botschafter aus, wir destillieren eine Droge. Wir müssen jedes Ingrediens replizieren, von dem wir wissen. Wir brauchen einen Drehungssprecher, der den Schnittredner hasst. Eine Stimme, die sich selbst auseinanderreißt. So: Ez ist gekommen und hat die Welt ruiniert. Klar also – warum sollten die Botschafter ihn nicht hassen? Warum sollte ich es nicht tun?« Er lächelte mich wunderbar an. »Doch ich bin müde von diesem Ort, und ich hasse Joel Rukowsi nicht genug, Avice. Wir brauchen jemanden, der dies tut. Cal hat nicht nur seine Welt verloren, sondern überdies seinen Doppel. Er hasst Ez genug. Ich … Ich wäre nur schwacher Tee. Meine Frage ist: Glaubst du, Cal weiß es schon, dass er es tun wird?«
    Wahrscheinlich, dachte ich. Er musste wissen, was seine Pflicht sein würde: der Symbiont des Mannes zu werden, der seine Geschichte, seine Zukunft und seinen Bruder zerstört hatte.
    Bevor er zur Operation ging, versammelte sich das Komitee für etwas, das, wie wir alle wussten, ein Abschied war: »Für den Fall, dass …« Cal verhielt sich wie ein übellauniges Geburtstagskind. Er suchte mich aus.
    »Hier«, sagte er, während er direkt vor meinem Gesicht war.
    Ich trat zurück und versuchte, etwas Neutrales zu erwidern, doch er schob mir etwas zu.
    »Du solltest … dies haben«, erklärte er. Manchmal konnte man hören, wie er eine Pause wie diese einlegte und darauf wartete, dass Vin den Satz beendete. Er gab mir den Brief, den Vin hinterlassen hatte. »Du hast ihn gelesen«, fuhr er fort. »Du weißt, was du ihm bedeutet hast. Das ist deiner, nicht meiner.«
    Um ihn für verschiedene Dinge irgendwie zu bestrafen, schauderte ich nicht zurück, sondern nahm den Brief tatsächlich. »Was zur Hölle hast du die ganze Zeit mit Scile gemacht?«, verlangte ich zu wissen.
    »Das fragst du jetzt ?«
    »Nicht damals«, entgegnete ich kühl und verschränkte die Arme. »Nicht beim Fest der Lügen. Ich weiß sehr genau, was du dann gemacht hast, Cal.«
    »Du … hast keine Ahnung …«, erwiderte er sehr langsam, »warum wir getan haben, was wir … mussten.«
    »O Pharotekton, verschone mich«, unterbrach ich ihn eilig. »Denn ich glaube, ich habe tatsächlich eine recht solide, verdammte Ahnung, warum … Wenn du nicht weißt, was mit Sprache passieren wird, wie weißt du dann, was mit den Botschaftern passieren wird, nicht wahr? Doch selbst wenn das in Wirklichkeit nicht deine ganzeGeschichte ist, kümmert es mich nicht. Ich meine nicht damals, ich meine jetzt. Seit all

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