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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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einen Gastgeber anstarrten.Ich hatte nie zuvor das unbereinigte Manuskript gelesen, bis Scile es für mich öffnete.
    Wir kannten eine große Anzahl von Wörtern und Sätzen (las ich). Wir kannten den wichtigsten Gruß: suhaill  |  jarr . Wir hörten ihn jeden Tag, und wir wiederholten ihn jeden Tag – Letzteres, ohne dass dadurch eine Wirkung erzielt wurde.
    Wir programmierten unsere Voxware und ließen sie das Wort immer wieder sprechen. Und immer wieder ignorierten es die Ariekei. Zuletzt schauten wir uns gegenseitig frustriert an und schrien jeweils das halbe Wort – wie eine Verwünschung. Zufällig riefen wir beide zur gleichen Zeit. Urich brüllte suhaill , Becker im selben Moment jarr .
    Der Ariekei drehte sich zu uns um. Das Geschöpf sprach. Wir benötigten nicht unsere ’ware, um zu verstehen, was es sagte.
    Es fragte uns, wer wir waren.
    Es fragte uns, was wir waren und was wir gesagt hatten.
    Es hatte uns nicht verstanden, doch es hatte gewusst, dass es etwas zu verstehen gab. Vorher hatte es stets die synthetisierten Stimmen nur als ein Geräusch gehört: Aber dieses Mal, auch wenn unsere Rufe viel weniger akkurat waren als jede ’ware-Wiedergabe, wusste es, dass wir versucht hatten zu sprechen.
    Viele Male habe ich Versionen von dieser merkwürdigen Geschichte gehört. Nach diesem Augenblick – oder nach dem, was wirklich geschah – verstanden unsere Vorgänger nach einigen Missdeutungen und Irrwegen innerhalb von fünfundsiebzig Kilostunden die seltsame Natur dieser Sprache.
    »Ist sie einzigartig?«, fragte ich einmal Scile, und als er nickte, verspürte ich das erste Mal wirklich Überraschung darüber, als ob auch ich ein Außenstehender wäre.
    »So etwas wie sie gibt es nirgendwo«, antwortete er. » Nier … gehnd … wo. Es geht nicht um die Töne, weißt du. Die Töne sind nicht dort, wo die Bedeutung lebt.«
    Es gibt Außerirdische, die sprechen, ohne zu sprechen. Ich glaube, es gibt keine Telepathen in diesem Universum, aber Empathen mitSprachen, die so leise sind, dass sie ebenso Gedanken teilen könnten. Die Gastgeber sind nicht so. Sie sind Empathen einer anderen Art.
    Wenn Menschen »rot« sagen und dabei ro , oh und th miteinander verknüpfen, dann übermitteln diese Phoneme in ihrem Zusammenhang die genannte Farbe. Das ist der Fall, ob ich es sage oder Scile oder ein Shur’asi oder ein geistloses Programm, welches kein Bewusstsein davon hat, dass es überhaupt spricht. Aber so ist es nicht für die Ariekei.
    Ihre Sprache ist geordnetes Geräusch, so wie alle unsere Sprachen. Doch für sie ist jedes Wort ein Trichter. Wo für uns jedes Wort etwas bedeutet , ist es für die Gastgeber eine Eröffnung, eine Tür, durch die der Gedanke dieses Referenten – der Gedanke selbst, der nach diesem Wort greift – gesehen werden kann.
    »Wenn ich ’ware mit einem Englisch-Ubiq-Wort programmiere und spiele es ab, verstehst du es«, sagte Scile. »Tu ich das Gleiche mit einem Sprache -Wort und spiele es für einen Ariekei ab, dann verstehe ich es, doch für ihn bedeutet es nichts, weil es nur ein Geräusch ist; und das ist nicht, wo die Bedeutung lebt. Er benötigt einen Geist hinter dem Wort.«
    Die Bewusstseine der Gastgeber sind äußerst verwickelt aufgrund ihrer doppelten Zunge. Sie konnten nicht andere Sprachen lernen, nicht deren Existenz begreifen oder auch nur erfassen, dass die Geräusche, die wir füreinander produzierten, überhaupt Wörter waren. Ein Gastgeber konnte nichts verstehen, dass nicht in Sprache mit einer Intention von einem Redner gesprochen wurde, mit einem Geist hinter den Wörtern. Aus diesem Grund waren jene frühen BKL -Pioniere so verwirrt. Als ihre Maschinen sprachen, hörten die Gastgeber nur leeres Bellen.
    »Es gibt keine andere Sprache, die wie diese funktioniert«, wusste Scile zu berichten. »›Die menschliche Stimme lässt sich vernehmen als das Ertönen der Seele selbst.‹«
    »Von wem stammt das?«, wollte ich wissen. Ich konnte erkennen, dass er jemanden zitierte.
    »Daran kann ich mich nicht erinnern. Irgendein Philosoph. Es ist jedenfalls nicht wahr, und er wusste es.«
    »Oder sie.«
    »Oder sie. Es stimmt nicht – nicht für die menschliche Stimme. Doch die Ariekei … wenn sie sprechen, dann hören sie tatsächlich die Seele in jeder Stimme. Auf diese Weise lebt die Bedeutung dort. Die Wörter haben …« Er schüttelte den Kopf und zögerte, dann gebrauchte er genau diesen religiösen Begriff. »… haben die Seele in ihnen. Und sie muss

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