Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville

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begegnen. Doch es gab auch Personalangehörige und Botschafter, deren Faszination für die Neuankömmlinge ihre eigenen Erstbegegnungen offensichtlich überdauert hatte. LeNa, RanDolph und HenRy lachten mit Ez, dem kleineren Mann, während Ra verlegen blickte, als AnDrew ihm Fragen stellte. MagDa blieb nahe genug bei ihm stehen, um seine Hände zu berühren, wie ich bemerkte.
    Die Festgesellschaft tummelte sich um mich herum. Ich erblickte schließlich Ehrsuls Augen in dem Gesicht, das sie sich gab, und blinzelte, als sich Ra mir näherte.
    Wyatt gab ein »Aaah«-Geräusch von sich, streckte die Hände aus und küsste meine Wangen. »Avice! Ra, das ist Avice Benner Cho, eine von Botschaftsstadts … Nun, Avice ist unzählige Dinge.« Er zeigte ein Nicken, als würde er mir etwas zugestehen. »Sie ist eine unserer Immer-Eintaucherinnen. Sie hat einen großen Teil der Zeit im Außen verbracht, und jetzt bietet sie kosmopolitischen Sachverstand und das unschätzbare Auge einer Reisenden.«
    Ich mochte Wyatt und seine kleinen Machtspiele. Man könnte sagen, wir pflegten uns gegenseitig zuzuzwinkern.
    »Ra«, sagte ich. Ein Zögern, das zu kurz für ihn war, um es zubemerken, wie ich glaube. Und dann streckte ich ihm die Hand entgegen. Ich sollte ihn nicht »Mr.« oder »werter Herr« nennen. Von Rechts wegen war er kein Mann, sondern die Hälfte von etwas. Wäre er mit Ez zusammen gewesen, hätte ich sie mit »Botschafter« angesprochen. Ich nickte erst AnDrew, dann Mag und Da zu, die uns beobachteten.
    »Helmser Cho«, antwortete Ra leise. Er zögerte kurz und drückte meine ausgestreckte Hand.
    Ich lachte. »Sie haben mich befördert. Nennen Sie mich doch einfach nur Avice. Avice ist in Ordnung.«
    »Avice.«
    Einen Augenblick lang standen wir schweigend da. Er war groß und schlank, hatte ein bleiches Gesicht und dunkles, geflochtenes Haar. Er wirkte ein wenig eingeschüchtert, doch er nahm sich etwas zusammen, während wir miteinander redeten.
    »Ich bewundere Sie um die Fähigkeit, ins Immer einzutauchen«, sagte er. »Ich habe mich nie daran gewöhnt. Nicht, dass ich häufig gereist wäre, aber das ist teilweise der Grund dafür.«
    Ich weiß nicht mehr, was ich ihm darauf erwiderte, doch was auch immer es war, es herrschte ein Schweigen danach. Nach einer Minute riet ich ihm: »Sie müssen besser darin werden, wissen Sie. Small Talk. Genau das ist von nun an Ihr Job.«
    Er lächelte. »Ich bin mir nicht sicher, ob das ganz angemessen ist.«
    »Nein«, pflichtete ich ihm bei. »Es gibt auch noch Wein zu trinken und Papiere, die unterzeichnet werden müssen.« Er schien entzückt zu sein über meine Worte. »Und dafür sind Sie den ganzen Weg nach Arieka gekommen«, fügte ich hinzu. »Für immer und ewig .«
    »Nicht für immer«, entgegnete er. »Wir werden siebzig, achtzig Kilostunden hier sein. Bis zur übernächsten Ablösung, glaube ich. Dann zurück nach Bremen.«
    Ich war höchst erstaunt. Mein Gequassel hörte abrupt auf. Natürlich hätte ich nicht verblüfft sein sollen. Ein Botschafter, der Botschaftsstadt verließ. Nichts an dieser Situation ergab einen Sinn. Ein Botschafter, der anderswohin zurückkehren würde, war nach meinen Begriffen ein Widerspruch.
    Wyatt murmelte Ra etwas zu. MagDa, die hinter ihnen standen, lächelten mich an. Ich mochte MagDa: Sie waren einer der Botschafter, die mich nach meinem Zerwürfnis mit CalVin nicht anders behandelten als zuvor.
    »Ich bin von Bremen«, teilte Ra mir mit. »Ich möchte reisen, so wie Sie es getan haben.«
    »Sind Sie die Schnitt- oder die Drehungsstimme?«, erkundigte ich mich.
    Es war offensichtlich, dass ihm die Frage nicht gefiel. »Drehungsstimme«, antwortete er. Er war älter als ich, doch nicht allzu viel.
    »Wie ist das alles passiert?«, fragte ich. »Sie und Ez? Es braucht Jahre … Wie lange haben Sie gelernt?«
    »Avice, also wirklich«, warf Wyatt ein, der sich hinter Ra aufhielt. »Sie werden über all das hören …« Er hob tadelnd die Augenbrauen, doch ich zog meine ebenfalls hoch. Da war ein Moment zwischen ihm und Ra, bevor Letzterer zu sprechen begann.
    »Wir waren vorher schon eine lange Zeit miteinander befreundet«, erwiderte er. »Vor Jahren wurden wir getestet. Kilostunden, meine ich. Es geschah zufällig im Rahmen einer Ausstellung über die Stadt-Methode.« Er hielt inne, als die Geräuschkulisse im Raum lauter wurde. Mag oder Da sagte etwas, dann lachten beide und traten zwischen mich und Ra. Sie nahmen seine Aufmerksamkeit