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Stadt der Lügen

Stadt der Lügen

Titel: Stadt der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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tiefen Respekt vor deiner Haltung.« Sie sah ihn an. Er rückte ein Stück von ihr ab und seine Worte wurden nachdenklich. »Ich glaube, es gibt nicht viele Menschen in deiner Lage – die über Privilegien und Beziehungen und so etwas verfügen und es tatsächlich fertig bringen, sich allein durchzuwursteln. Du hast es getan. Ich finde dich toll, Kay Taylor. Du hast ein Riesentalent, und jeder weiß das.«
    Nun wäre sie wirklich beinahe in Tränen ausgebrochen. Er bemerkte es und versuchte, sie durch eine Neckerei abzulenken. »He, Miss Taylor – genau genommen ist das übrigens auch ein ganz schön berühmter Name –, dürfte ich Sie etwas fragen?«
    Sie nickte. Noch traute sie ihrer Stimme nicht ganz.
    »Hättest du Lust, mit mir zu schlafen?«
    Sie schlang die Arme um seinen Hals und hielt ihn fester als je zuvor jemanden in ihrem Leben.
    Blöde Kuh, dachte er, sie hat es mir tatsächlich abgekauft. Sie hat es wirklich geglaubt. Als ob ich nicht wüsste, wer sie wirklich ist.
     
     
    Nachdem sie sich geliebt hatten, blieben sie noch lange im Bett. Sie schlief tief und fest. Er wollte sie nicht wecken, blieb bewegungslos liegen und lauschte dem Verkehrslärm.
    Der Sex war gut gewesen. Für sie sogar ausgezeichnet, dachte er; gut für ihn. Immer wieder faszinierte ihn, wie Menschen sich beim Sex vergaßen; nicht nur beim Höhepunkt, sondern auch während des blinden, stoßenden, alles andere ausschließenden Strebens dahin.
    Er war da eine Ausnahme. Er war in vieler Beziehung eine Ausnahme. Kay Conrad stellte nur jemand anders dar, er aber war tatsächlich jemand anders, und zwar immer. Für ihn spielte es keine Rolle, wie er sich nannte oder welche Haltung er annahm. Er konnte so viele Versionen von sich selbst abrufen, wie ihm nötig erschienen; eine so überzeugend wie die andere. Aber keine enthüllte auch nur ansatzweise, wer er wirklich war. Das blieb sein Geheimnis. Ein wirkliches Geheimnis.
    Plötzlich kam ihm ein Gedanke, über den er lächeln musste. Der Grund, warum sein Geheimnis so gut war, lag darin, dass es auch für ihn selbst ein Geheimnis blieb. Bis zu einen bestimmten Punkt. Seit seinen frühesten Kindertagen verfolgte ihn die Fantasie, dass ihm sein Leben nicht gehörte. Wenn er genauer darüber nachdachte, kam es ihm vor, als ob jemand anders sein Leben lebte – nicht er selbst. Allerdings verstand er nicht ganz, wie das funktionierte.
    Wenn er zurückdachte, wurde ihm klar, woher dieses Gefühl stammte. Es kam von diesen Träumen. Von den merkwürdigen, beängstigenden Träumen, vor denen er sich so gefürchtet hatte, bis seine Mutter ihm erklärte, dass er sich keine Sorgen darüber zu machen brauche – solche Träume wären normal, und jeder hätte sie.
    Wenn allerdings tatsächlich jedermann solche Träume hatte, warum waren dann nicht alle Menschen wie er? Er wusste, dass es nicht so war, und daraus zog er seine Stärke.
    »Hör mir genau zu«, hatte seine Mutter zu ihm in diesen Träumen gesagt. »Es ist die Wahrheit und es ist wichtig. Ich habe dich sehr lieb. Wirklich sehr. Du bist das einzige männliche Wesen, das ich je geliebt und dem ich je vertraut habe – und du wirst es für immer bleiben. Das musst du mir glauben. Es ist sehr wichtig für mich.« Und dann hatte sie ihm immer und immer wieder gezeigt, wie sehr sie ihn liebte.
    Aber das spielte sich nur im Traum ab. Immer, wenn der Traum fast vorüber war, nahm sie seinen Kopf in ihre Hände und erklärte ihm, dass er sich zwar nach dem Aufwachen erinnern würde, aber genau wüsste, dass es nicht wirklich passiert war. Nur ein Traum.
    Wenn sie am hellen Tag miteinander frühstückten, zum Strand gingen oder sie ihn zur Schule brachte und er ihr eine Frage zu den Träumen stellte – ihr gar erzählte, was sich in den Träumen abspielte –, sah sie ihn nur verständnislos an und erklärte, sie wisse nicht, wovon er redete.
    Als er immer weiterfragte (er musste damals so etwa vierzehn gewesen sein), setzte sie sich mit ihm zusammen und sagte, dass sie damit fertig werden müssten. Sie gab ihm das Buch eines Psychologen, den er schon im Fernsehen gesehen hatte. Es handelte von Träumen, wie er sie hatte. Das Buch nannte sie Fantasien, sagte, sie entstünden in etwas, das Unterbewusstsein hieß, und dass jeder sie hätte – genau wie seine Mom behauptete. Sie wären ein Stück menschlicher Natur und Teil des Erwachsenwerdens. In dem Buch stand nichts darüber, dass andere Leute ebenso lebhaft träumten wie er, aber er

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