Stadt der Lügen
gezeigt, die in einem Regiestuhl in einer Ecke saß und in einer Zeitschrift blätterte. Sie trug Shorts und eine unter der Brust zusammengeknotete Bluse. Tom hatte geglaubt, sie sei eine der Akteurinnen, aber Zeb erklärte ihm, dass es der Job des Mädchens war, die männlichen Darsteller zwischen den Takes in Stimmung zu halten; nicht allzu sehr, aber gerade genug, um bereit zu sein, wenn die Kameras warteten.
Zu Beginn hatte Tom ein paarmal Gebrauch von diesem Angebot gemacht – weniger weil er es brauchte als vielmehr aus Neugier. Er wurde auf mechanische Weise stimuliert, was zwar durchaus effektiv war, ihn aber völlig kalt ließ; zumindest beim derzeitigen Dreh war ein wenig Hilfe allerdings vonnöten. Ein wenig peinlich berührt sah sich Tom am Dienstag nach dem mit Amanda in Carmel verbrachten Wochenende gezwungen, um Hilfe zu bitten.
Nichts funktionierte. Zu Beginn unterhielt sich das Filmteam noch leise miteinander. Später standen alle mit verschränkten Armen herum und warteten. Der Regisseur – dieses Mal führte nicht Zeb die Regie, sondern ein leicht erregbarer Ungar, der früher einmal für die NBC gearbeitet hatte – begann irgendwann, nervös auf die Uhr zu blicken. Schließlich räumte er den kompletten Set und ließ zwei weitere Mädchen rufen. Tom jedoch zeigte nicht die mindeste Reaktion.
»Hast dich wohl ausgepowert, wie?« Wütend starrte der Regisseur Tom an.
»Ich hatte seit der ersten Szene am Freitag nicht ein einziges Mal Sex – ganz ehrlich.«
»Das lügst du dir doch in die Tasche! Oder nimmst du etwa Drogen?«
»Niemals!«, protestierte Tom. »Und außerdem sage ich die Wahrheit. Ich hatte bisher noch nie Probleme. Keine Ahnung, was da nicht stimmt.«
In Wirklichkeit wusste er sehr wohl, was bei ihm nicht stimmte. Die Szene, die auf dem Programm stand, sollte er mit Amanda spielen. Er hatte sie nicht mehr gesehen, seit er sie Sonntagabend vor ihrer Haustür abgesetzt hatte. Und weil sie beide für den folgenden Dienstag gebucht waren, hatten sie verabredet, nach der Arbeit essen zu gehen.
»Es scheint wirklich nicht zu klappen«, sagte Tom kläglich. »Vielleicht suchst du dir besser jemand anderen.«
Die Tirade des Regisseurs, der sich über Toms Mangel an Professionalität ausließ sowie darüber, dass er schon mit den besten Leuten im Fernsehen gearbeitet hätte und durchaus nicht bereit wäre, für Toms Fiasko geradezustehen, näherte sich soeben einem ausgeprägten Crescendo, als plötzlich Amanda auftauchte.
Sie trug ein fast durchsichtiges, schwarzes Neglige, das kaum eine Frage offen ließ. Wie üblich tönte allenfalls ein winziger Hauch Make-up ihre makellose Haut, und ihr Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgekämmt. Freundlich schob sie den Regisseur beiseite und sah Tom offen und fest ins Gesicht.
»Schon gut«, sagte sie. »Überlass das mir.«
Der Regisseur trollte sich kopfschüttelnd und murmelte etwas auf Ungarisch in seinen Bart.
»Trommle schon mal das Team zusammen«, rief sie hinter ihm her. »In fünf Minuten sind wir so weit.«
Tom verspürte einen Anflug von Panik.
»Keine Chance«, raunte er ihr zu. »Ich kann nicht. Es geht einfach nicht.«
»Papperlapapp«, erwiderte sie ruhig und zuversichtlich. »Das geht schon klar. Vertrau mir einfach.«
Sie schlüpfte aus ihren Pumps, ließ das Neglige von den Schultern gleiten und nahm ihn in die Arme.
Er spürte ihren Körper, atmete den Duft ihrer Haare, kostete ihre Lippen und wusste plötzlich, dass sie Recht hatte.
Tom stocherte lustlos in seinen Spaghetti mit Muschelsoße und erklärte, er hätte keinen Appetit.
»Komm schon«, sagte sie, um ihn aufzumuntern. »Ist doch prima gelaufen. Du warst wirklich großartig.«
»Darum geht es nicht«, brummte er. »Und das weißt du ganz genau.«
»Heute ist wohl nicht dein Tag«, sagte sie mitfühlend und streichelte seine Hand. Er entzog sie ihr. »Hör endlich mit dieser Gönnerhaftigkeit auf!«, gab er scharf zurück.
In ihren Augen lagen sowohl ein gewisser Vorwurf als auch Verständnis. »Ich möchte doch nur, dass du dich besser fühlst«, sagte sie.
»Das stimmt nicht«, erwiderte er. »Du gehst nur den Tatsachen aus dem Weg.«
Sie seufzte und lehnte sich zurück. »Ich dachte, es wäre vielleicht besser, nicht daran zu rühren.«
»Der Ansicht bin ich ganz und gar nicht. Ich glaube, wir sollten darüber reden.«
Sie sah ihn an, bis er den Blick senkte und ein paar Nudeln um seine Gabel wickelte.
»Ich glaube, es wäre am
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